Volkstrauertag auf KZ-Friedhof bei Schömberg: Antisemitismus entschlossen entgegentreten
19.11.2023

© Dennis Breisinger
Kirchliche und weltliche Vertreter richteten auf dem KZ-Ehrenfriedhof bei Schömberg eindringliche Worte an die Besucher der Gedenkfeier zum Volkstrauertag.
Die Beflaggung auf Halbmast, weltliche und christliche Gedenkfeierlichkeiten auf Friedhöfen und an Ehrenmalen: Am Sonntag gedachten die Zollernälbler beim Volkstrauertag der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft. So auch bei der Gedenkfeier auf dem KZ-Friedhof bei Schömberg. Es wurde ein ganz deutliches Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt, ein Thema, das nicht zuletzt durch den Überfall der Hamas in Israel wieder in den öffentlichen Fokus gerückt war.
Anlässlich des Volkstrauertages wurde auf dem KZ-Ehrenfriedhof zwischen Schömberg und Dautmergen eine ökumenische Gedenkfeier unter musikalischer Mitwirkung des Liederkranzes Schömberg gefeiert.
Antisemitismus ist dieses Jahr wieder so präsent wie schon lange nicht mehr: „Über vier Wochen ist der verbrecherische Überfall der Hamas in Israel auf über 1300 Menschen her, blanker Horror und unvorstellbare Grausamkeit mit dem Ziel, Israel zu vernichten“, begann Irmund Opfermann von der Initiative Gedenkstätte Eckerwald seinen Beitrag. „Wir wissen, dass israelische Freunde wie Mordechai Ciechanower leben, nicht verschleppt oder getötet wurden: Ciechanower hatte bei seinem Besuch am Ort des Lagers Dautmergen gesagt ‚Vergesst uns nicht‘, was wir in dieser ‚Vernichtungslandschaft‘ des Unternehmens Wüste als unseren Auftrag betrachten und was auch auf dem hiesigen Mahnmal für die Juden, dass ‚niemand und nichts vergessen ist‘“, betonte Opfermann.
Bericht eines Zeitzeugen
Er erzählte aus dem Zeugenbericht von Chaim Golany, der als Zeuge im Hechinger Prozess am 30. August 1965 aussagte und von einer theatermäßig inszenierten „Erschießung im Scheinwerferlicht von 22 Russen aufgrund von vermeintlicher Sabotage und Flucht“ berichtete, bei der in einer „Entfernung von 20 bis 50 Zentimetern in den Hinterkopf geschossen wurde und alle niederfielen“. Golany selbst musste an dieser Erschießung teilnehmen und wurde „ganz mit Blut bespritzt“.

© Dennis Breisinger
Zahlreiche Menschen waren am Sonntagnachmittag zur ökumenischen Gedenkfeier gekommen, die vom Liederkranz musikalisch gestaltet wurde.
Opfermann las zudem die Namen der Toten vor, die zu den 214 KZ-Häftlingen gehörten, die im November 1944 aufgrund der Gräuel im „Unternehmen Wüste“ starben.
Kein Christentum ohne Israel
„Die Sicherheit von Israel ist unsere historische Verantwortung“, betonte der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Erzingen-Schömberg, Stefan Kröger. Die Geschichte des Volkes Gottes sei seiner Meinung nach auch unsere Geschichte, denn das Christentum sei ohne Israel nicht möglich gewesen. Schweigen sei stille Zustimmung, Solidarität sei erforderlich und es gelte jedem, alles entgegenzusetzen, der Israel das Existenzrecht nicht zugestehen und den Antisemitismus befeuern würde, so Kröger. Der Zusammenhalt untereinander sei notwendiger und zukunftsweisender denn je.
Christen haben seiner Meinung nach in der Demokratie eine „wichtige Aufgabe“, es gelte von Jesus zu lernen, wie mit Menschen umzugehen sei und an der Liebe festzuhalten. „In diesen Zeiten sind wir ohnmächtig und hilflos und können nur hier stehen, gedenken und beten“, bedauerte Kröger, der den Terror als „giftiges Geschwür“ bezeichnete und neben der Gewalt im Nahen Osten auch die selbige in der Ukraine und Syrien erwähnte.
Diakon Stephan Drobny setzte sich in den Fürbitten für „mehr gemeinsames Handeln, eine gerechtere Weltwirtschaft und mehr Friedensverhandlungen“ ein. Die Kollekte ging an die jüdische Synagoge in Rottweil – laut Kröger aus „Verbundenheit mit den jüdischen Mitbürgern“.
Viele Gedenkfeierlichkeiten
In ganz Deutschland wurde am Sonntag der Volkstrauertag begangen – auf ganz unterschiedliche Weise, aber immer mit demselben Hintergrund: Am Volkstrauertag wird in Deutschland der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht. Er wurde in Deutschland 1919 eingeführt und wird seit 1952 zwei Wochen vor dem ersten Advent begangen, fasst es ein Beitrag des Bundespräsidialamtes zusammen. An diesem Tag wird in Deutschland halbmast geflaggt.
Stellvertretend für alle Gedenkfeierlichkeiten im Zollernalbkreis berichten wir dieses Jahr über die Veranstaltung auf dem KZ-Ehrenfriedhof bei Schömberg.