Fussball

Ungleiches Pokalduell: Balingen vor Schwerstarbeit gegen Stuttgarter Standards

10.08.2023

Von Marcus Arndt

Ungleiches Pokalduell: Balingen vor Schwerstarbeit gegen Stuttgarter Standards

© Moschkon

Zuletzt 2011 war der VfB Stuttgart (im Bild Christian Gentner gegen Lukas Foelsch) zum Freundschaftsspiel in Balingen zu Gast, gewann damals mit 4:0.

Es ist nicht das wichtigste Spiel in der Vereinsgeschichte des Balinger Fußball-Regionalligisten – bislang aber das spektakulärste. Im DFB-Pokal erwartet die TSG an der Kreuzeiche am Samstag den VfB Stuttgart (Beginn: 13 Uhr).

Während die Cannstatter erst am kommenden Wochenende gegen den VfL Bochum in die neue Bundesliga-Saison starten, haben die viertklassigen Amateure aus der Kreisstadt zum Auftakt in der Südwest-Staffel einen Zähler gegen den Fast-Namensvetter aus dem Breisgau geholt (Endstand: 0:0).

„Das Spiel gegen den BSC war okay“, bilanziert Martin Braun, „nach der Pause haben wir uns deutlich gesteigert. In den Einheiten vor dem Pokalspiel gegen den VfB ging es in erster Linie darum, diese Dinge weiter zu verbessern und zu stabilisieren.“

Im ausverkauften Reutlinger Stadion (13 300 Zuschauer) erwartet der Balinger Coach „ein deutlich höheres Tempo als wir es gewohnt sind“. Wichtig für den 54-Jährigen, „dass wir defensiv sehr gut organisiert sind. Wenn wir da Schwächen haben, wird Stuttgart diese ausnutzen.“

„Auch ein wenig Glück“

Natürlich weiß der ehemalige Bundesliga-Spieler um die Qualitäten des schwäbischen Schwergewichts. „Viele richtig gute Fußballer“, betont Braun, „vorne sehr gefährlich und unglaublich schnell.“ Eine weitere Stärke des VfB: die Standards. „Die müssen wir wegverteidigen“, fordert der Balinger Kommandogeber, „ihre Flanken verhindern und gleichzeitig die Mitte schließen.“

Eine Mammutaufgabe für das Team um Kapitän Matthias Schmitz, welches einen ganz klaren Matchplan hat.


„Unser Ziel ist es, das Spiel so lange wie möglich offenzuhalten“, verrät der TSG-Übungsleiter, „aber dafür brauchen wir schon auch ein wenig Glück.“ Gelinge das, erläutert Braun, „wird es auch für den VfB anspruchsvoll.“ Von einer Pokalsensation spricht der erfahrene Übungsleiter nicht, welcher um die Rollenverteilung weiß: „Stuttgart bringt so viel Qualität mit – egal, wer spielt.“

Mehr Konstanz

Nach dem Beinahe-Abstieg drehen die Cannstatter mal wieder alles auf links – um eine erneute Zittersaison zu vermeiden. Viel Arbeit für Coach Sebastian Hoeneß und den neuen Sportdirektor Fabian Wohlgemuth, die der Wasen-Elf neues Leben einhauchen sollen. Branchenüblich tut sich der VfB mit der Kaderplanung schwer, legte mit dem Leihgeschäft von Alexander Nübel personell noch einmal nach. Nur zu gerne hätten die Stuttgarter mehr Stabilität und Sicherheit auf der Torhüterposition.

Nicht die einzige Baustelle des fünffachen deutschen Meisters. „Wir müssen unsere Defizite in puncto Leistungskonstanz, Effektivität und Widerstandsfähigkeit abbauen“, erklärt Wohlgemuth im kicker. Der gebürtige Berliner fügt hinzu: „Es ist besonders wichtig, dass wir jetzt mit der richtigen Strategie an jeder Stellschraube ansetzen: in der taktischen Arbeit und natürlich in der Kaderentwicklung in den kommenden Transferperioden.“

Vor der Saison 2023/2024 sind noch keine großen Sprünge für den Traditionsklub aus der Landeshauptstadt möglich – trotz des angekündigten Einstiegs von Porsche-Tochter MHP als weiterem Investor und prognostizierten 100 Millionen Euro. Weiterhin haben die Konsolidierung und Stabilisierung des VfB absolute Priorität am Neckar.

Der Etat für den großen Kader wurde um 15 Millionen auf 45 Millionen Euro gekürzt. Gut möglich, dass die Stuttgarter noch den einen oder anderen Leistungsträger ziehen lassen, wenn der Preis stimmt. Neben Top-Stürmer Serhou Guirassy werden Borna Sosa und Konstantinos Mavropanos als mögliche Abgänge gehandelt. Verkaufsdruck herrscht allerdings nicht.

Ungewohnte Rekordkulisse

Im finalen Test vor dem ersten Pflichtspiel setzte sich VfB am vergangenen Samstag mit 3:0 gegen Sheffield United durch. Alle Stuttgarter Tore erzielte Guirassy. Kein Wunder, dass es da auch vom Coach ein Extralob gab. „Das war eine Ansage. Nicht nur wegen der drei Tore, er war sehr agil und voll da. Ich glaube, er hat richtig Bock auf die Saison“, analysiert Hoeneß.

Insgesamt zeigte sich der 41-Jährige einverstanden mit dem Auftritt seines Teams. „Wir sind zufrieden. Wir haben ein gutes Spiel gezeigt. Wir waren griffig, haben fast nichts zugelassen und vorne unsere Möglichkeiten gesucht. Wir waren fleißig, gerade bei Ballverlust und auch im Gegenpressing. Es war ein gelungener Auftritt. Wir haben einen wichtigen Schritt gemacht, um für den Pflichtspielstart bereit zu sein.“

Mögliche Personalrochaden blenden die Cannstatter aus. „Es ist bei einem Bundesligisten völlig normal, dass an den ersten zwei, drei Spieltagen noch Spieler kommen und gehen können“, sagt Braun, „damit können sie umgehen. Egal wer gegen uns aufläuft, es wird eine sehr gute Mannschaft auf dem Platz stehen.“ Diese muss an der Kreuzeiche liefern, während die TSG ohne Druck aufspielen kann. Dass die Rekordkulisse seine Mannschaft hemmt, glaubt der ehemalige Bundesliga-Profi nicht: „Die meisten von uns haben dies zwar noch nie erlebt. Aber wir können damit umgehen und sind darauf vorbereitet.“

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