Balingen

Signal auf Rot: Fachbüros raten von Parkdecks über den Balinger Bahngleisen ab

08.02.2024

Von Nicole Leukhardt

Signal auf Rot: Fachbüros raten von Parkdecks über den Balinger Bahngleisen ab

© Jasmin Alber

Hinter dem City-Center ist einer der möglichen Standorte für Parken über den Gleisen, der analysiert wurde.

Die Idee kam vor Jahren aus der Bürgerschaft, der Auftrag an die Stadt vom Gemeinderat: Die Verwaltung möge untersuchen lassen, ob ein Parkhaus über den Bahngleisen in Balingen machbar wäre. Das Fazit der Fachleute: Machbar schon, aber zu welchem Preis?

Die Idee klingt charmant: Wer in Balingen in der Innenstadt einen Parkplatz sucht, sollte bequem über den Gleisen in luftiger Höhe sein Auto abstellen können. Der Flächenverbrauch: quasi Null, denn die Gleisanlagen sind ja schon da. Die Machbarkeitsstudie wurde der Verwaltung von der FDP, den Freien Wählern und den Grünen im Balinger Gemeinderat ins Aufgabenheft geschrieben. Am Mittwochabend wurde die Idee im Technischen Ausschuss debattiert.

Zwei Standorte wurden zunächst untersucht

Vor etwa einem Jahr hat sich das Büro Mayr, Ludescher, Partner aus Stuttgart gemeinsam mit dem Architekturbüro asp Architekten, ebenfalls aus Stuttgart, an die Arbeit gemacht. Zwei Standorte nahmen die Fachleute dabei unter die Lupe: der eine direkt hinter dem City-Center, der andere beim Bahnhof.

Cem Arat vom Büro asp holte beim Parkdeck im Süden weit aus. Man sei aufgrund der beengten Verhältnisse an die baulichen Grenzen gegangen, erklärte er. „Das City-Center ist an sich schon eine große bauliche Struktur, wir haben uns gefragt, ob man diese große Struktur wirklich noch erweitern möchte“, begann er. Zum einen gebe es bereits viele Parkplätze im bestehenden City-Center, „zum anderen ist die Zufahrt nur über die stark befahrene Behrstraße möglich und da auch sehr beengt“, schilderte er weiter.

55.000 Euro pro Stellplatz

Zudem, gab er den Räten zu bedenken, trenne die Bahntrasse die Stadt zwar, ermögliche aber auch Aus- und Fernblicke auf benachbarte Hügel, womit er den Blick auf die Balinger Berge meinte. 200 Stellplätze könnten so geschaffen werden, die Kosten allerdings hätten es in sich: Die Grobschätzung der Fachleute ergab eine Summe von 55.000 Euro – pro einzelnem Stellplatz, versteht sich. „Uns kam das nicht sinnvoll vor“, zog Cem Arat sein Fazit.

Eine Ansicht, die Klaus Hahn absolut teilte. Der CDU-Rat unterbrach den Fachvortrag per Handzeichen und regte an, die Diskussion abzukürzen. „Uns ist doch allen klar, dass das niemals realisierbar sein wird“, betonte er.

Knapp 360 Parkplätze am Bahnhof

Doch auch der zweite untersuchte Standort schien nicht viel greifbarer. Die Brücke am Bahnhof müsste umgebaut werden, immerhin wären die Parkdecks von zwei Seiten anfahrbar, wenngleich die Zufahrten ähnlich beengt wären wie bei Modell 1.

Signal auf Rot: Fachbüros raten von Parkdecks über den Balinger Bahngleisen ab

© Jasmin Alber

Standort der analysierten Variante 2: ein Parkdeck über den Gleisen beim Balinger Bahnhof (links die Lindle-Parkflächen).

358 Stellplätze könnten entstehen, 68 Prozent des Bauwerks würden allerdings die Verkehrsflächen schlucken. Man habe bereits im Vorfeld erkannt, „dass auch dieser Standort schwierig sein würde“, so Cem Arat. Und auch nicht viel günstiger als die erste Variante: Hier käme der Stellplatz auf 44.000 Euro. „Bedenken Sie allerdings, dass es sich hierbei um Grobkosten handelt, bei denen beispielsweise noch keine Sperrung der Bahnstrecke beinhaltet sind“, so Arat.

Mehrwert im Bestand schaffen

Sein Fazit: „Beide Standorte sind nicht so ganz empfehlenswert.“ Zudem hätten beide Bauwerke keinen weiteren Nutzen, „es ist eine monofunktionale Struktur“, wie der Architekt es formulierte. Sein Vorschlag: Die Räte mögen sich Gedanken machen, „lieber im Bestand einen Mehrwert zu schaffen“. Sprich: Sowohl das City-Center als auch das Parkhaus in der Wilhelmstraße könnten eine gute Basis für weitere Parkmöglichkeiten sein. Ein Stellplatz südlich des Bahnhofes mit einem „belebbaren Erdgeschoss“, könnte eine weitere Alternative darstellen, ebenso ein Parkhaus östlich des Busbahnhofes. Auch hier wären die Kosten mit 28.000 Euro, beziehungsweise 32.000 Euro pro Stellplatz noch hoch, „aber verglichen mit den anderen schon deutlich günstiger“.

Oberbürgermeister Dirk Abel bedankte sich bei den Fachleuten für ihr Resümee, „wir haben so eine Grundlage geschaffen, um später gute Entscheidungen zu treffen“, betonte er. Auch Klaus Hahn zeigte sich erkenntlich für die technisch fundierte Untersuchung, die „uns ein Stück weit den Blick in die Realität ermöglicht hat“. Die aufgezeigten Alternativen seien für weitere Planungen durchaus ein hilfreicher Impuls.

„50.000 sinnlose Euro“ für Machbarkeitsstudie

Deutlichere Worte fand nur Peter Seifert: „Jetzt wissen wir, was man sich hätte auch so denken können und haben erfahren, was wir uns da antun würden, wenn wir das Geld hätten, was wir Gott sei Dank nicht haben.“ Ein Wissen, das die Stadt, wie Seifert anfügte „50.000 sinnlose Euro“ gekostet habe – so viel war für die Machbarkeitsstudie im Haushalt vorgesehen.

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