Albstadt

Schaurig und schön: Die Schwarze Spinne suchte in Wort und Bild das Kunstmuseum heim

14.11.2019

Von Vera Bender

Schaurig und schön: Die Schwarze Spinne suchte in Wort und Bild das Kunstmuseum heim

© Vera Bender

Autor Christian von Aster (links) und Illustrator Holger Much beeindruckten das Publikum im Kunstmuseum Albstadt.

Voll besetzt: Rund 70 Besucher genossen die Lesung des Leipziger Schriftstellers Christian von Aster mit Live-Illustration von Holger Much.

Das Gesamtkonzept passte hervorragend. Denn im abgedunkelten Raum begrüßte am Mittwochabend Kai Hohenfeld, der stellvertretende Museumsleiter, die Gäste. Düster und dunkel sollte es weitergehen.

Erst spät zu horriblem Weltruhm gelangt

Denn der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller, Regisseur und Sprecher Christian von Aster aus Leipzig las aus der Gruselnovelle „Die schwarze Spinne“, welche Jeremias Gotthelf 1842 veröffentlicht hat und die zu spätem horriblem Weltruhm gelangte.

Ein Abenteuer für alle Beteiligten

„Wir erleben zusammen ein Abenteuer“, prophezeite von Aster mit seiner klangvollen Stimme in schönem klarem Hochdeutsch. Und man wusste sofort, diesem Liebhaber der deutschen Sprache zuzuhören, würde ein wahres Vergnügen werden. Aber nicht nur das.

Eine Zeichnung entstand in Echtzeit zum Gelesenen

Es gab eine Premiere, denn der Albstädter ZAK-Journalist, Maler und Illustrator Holger Much ließ währenddessen auf der großen Leinwand eine Zeichnung entstehen, welche das Gehörte visualisierte.

Spannendes Werk mit üppiger Sprache

„Die schwarze Spinne“, ein spannendes Werk mit üppiger Sprache, die einen schaudern lässt. Was der „wüste schwarze Fensterpfosten“ in dem sonst so schönen Bauernhaus soll? Die Zuhörer erfuhren die schreckliche Geschichte dazu.

Der Teufel will ein ungetauftes Kind

Als die Dorfbewohner, getrieben durch den kaltherzigen Schlossherrn Hans von Stoffeln, einen Pakt mit dem Teufel eingingen. „Ich begehre nicht viel – nur ein ungetauftes Kind“, nannte „der Grüne“ seinen Preis für die Hilfe beim Pflanzen der Schattenallee binnen Monatsfrist.

Über allem dräut riesig die Spinne

Und während man gebannt den Worten Christian von Asters lauschte, entstand, per Pad auf die Leinwand übertragen, zunächst die bergige Landschaft, dann das Bauernhaus im Tal und riesig über all dem die schwarze Spinne. Sie hatte der Teufel geschickt, um Unheil über die Bauersleute zu bringen, welche sich nicht an die Abmachung hielten.

Ein Gesamtkunstwerk zweier Talente

Mit grausigem Gesicht und langen, dünnen Beinen lauerte das grausige Insekt über dem einsamen Haus in weiter Landschaft. Die Besucher staunten, wie auf einer weißen Fläche innerhalb kürzester Zeit eine solch beeindruckende Illustration entsteht. Es war ein Gesamtkunstwerk zweier Talente.

Den Koboldfürst gab es als Zugabe

Und sie arbeiteten nicht zum ersten Mal zusammen und auch nicht erstmals im Fantasy-Bereich. Und deshalb gab es als Zugabe auch noch den „Koboldfürst“ aus dem „Koboltikum“. Ein wundervoll von Holger Much illustriertes Werk, aus dem Christian von Aster auswendig rezitierte.

Die Besucher hielten den Atem an

Nicht ein einziges Mal stockte der Autor. Und durch die Veränderung der Stimmlage, durch unterschiedlich schnell vorgetragene Passagen sowie den Einsatz von Mimik und Gestik, hielt man als Zuhörer regelrecht den Atem an, so beeindruckend war das Gehörte.

Die hohe Kunst der Poesie mit schauerlichem Inhalt

Und so wie Holger Much nicht einfach nur malt oder zeichnet, sondern üppige Phantasiewelten auf Papier Wirklichkeit werden lässt, dass man den Blick kaum abwenden kann, so reiht Christian von Aster nicht einfach nur Worte aneinander und greift auf plumpe Reime zurück. Es ist die hohe Kunst der Poesie mit schauerlichem Inhalt.

Mitternachtsraben geleiteten das begeisterte Publikum in die Nacht

Denn schnell wird jedem Besucher von selbst klar, man sollte sich lieber nicht mit dem Koboldfürsten anlegen. Und von Aster hatte es bereits angedeutet: Man werde das Publikum „deprimiert in die Nacht entlassen“. Denn die „Mitternachtsraben“ fesselte einerseits die Zuhörer, andererseits mussten sie auch erkennen, auf welch schreckliche Weise die „düstre Rabenschar“ anwuchs. Deprimiert? Vielleicht. Begeistert? Auf jeden Fall.

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