Geislingen

Sanierung der Geislinger St.-Ulrichkirche beginnt: Katholiken gehen auf „Herbergssuche“

16.04.2024

Von Rosalinde Conzelmann

Sanierung der Geislinger St.-Ulrichkirche beginnt: Katholiken gehen auf „Herbergssuche“

© Rosalinde Conzelmann

Pater Augusty, der leitende Pfarrer der Seelsorgeeinheit Am Kleinen Heuberg, und Kirchenpfleger Heiner Kirmeier im Gemeindesaal, wo sich der Großteil des kirchlichen Lebens die nächsten eineinhalb Jahre abspielen wird.

Es ist eine große Herausforderung, kann aber auch eine Chance werden, dass die Kirche näher zu den Menschen kommt: Während der Sanierung der Sankt-Ulrich-Kirche sind die Katholiken auf die Mithilfe der Vereine und der Stadt angewiesen. Eineinhalb Jahre können die Gläubigen nicht in ihre Kirche gehen, dafür wird die Kirche zu den Menschen gehen.

In der vergangenen Woche war der Moment gekommen, auf den die Katholiken der Kirchengemeinde St. Ulrich neun Jahre lang hingearbeitet haben: der Start der Sanierung des Gotteshauses. Nachdem die Kirchengemeinde noch am Sonntag die Erstkommunion festlich gefeiert hatte, zog das Mesnerteam mit Georg Schuster, Fritz Schreijäg, Armin Teichmann und Erwin Alber am Montag den Altar ins Gemeindehaus um und richtete dort den Interims-Kirchenraum ein. Tags darauf fand dann der erste gut besuchte Gottesdienst in dem provisorischen Kirchensaal statt.


Kirche wird ausgeräumt

Bevor die Handwerker anfangen, wird die Kirchengemeinde mit eigenen Helfern die Ausräumarbeiten übernehmen. Im Rahmen der 72-Stunden-Aktion werden junge Erwachsene die Kirchenbänke demontieren und die Heizkörper abbauen, verrät Kirchenpfleger Heiner Kirmeier. Für den Abtransport der Bänke wird ein Durchgang freigeschlagen. Dieser Seiteneingang wird später den (bislang nicht vorhandenen) barrierefreien Zugang zur Kirche ermöglichen.

Erst im neuen Jahr werden dann die eigentlichen Handwerker- und Restaurierungsarbeiten starten. Wie berichtet, „leidet“ die einst leuchtende expressionistische Kirche mit nahezu 100 Plätzen unter Rissen im Chorgewölbe sowie unter Farb-, Putz- und Steinabplatzungen im Kirchenschiff, an den Wänden, den Pfeilern und dem Boden. Verschmutzungen und Farbveränderungen an den Wänden, den Kirchenbänken und dem einmaligen Zollinger-Gewölbe nehmen dem Bauwerk den ursprünglichen Ausdruck.


Mit Vereinen Gespräche geführt

Dank der langen Vorlaufzeit hatte die Kirchengemeinde genügend Zeit für eine akribische Planung. Diese lag vor allem in den Händen von Kirchenpfleger Heiner Kirmeier. „Er ist immer da“, spricht ihm der Geislinger Pfarrer Augusty Kollamkunnel ein großes Lob aus. Dennoch wird es in der Interimszeit noch viel Arbeit geben. Zwar fand bereits vor ein paar Wochen ein Treffen mit den Vereinen statt, die signalisiert haben, dass sie der Kirche „Asyl“ gewähren werden, aber die einzelnen Veranstaltungen stehen noch nicht fest. So wäre beispielsweise ein Frühschoppen nach dem Gottesdienst eine schöne Gelegenheit zum Austausch.

Bei Hochfesten in die Schlossparkhalle

„Bei ganz großen Festen brauchen wir die Schlossparkhalle“, sagt Pater Augusty. Damit sei die Stadt grundsätzlich einverstanden, Belegungen müssten jedoch berücksichtigt und gegebenenfalls Absprachen getroffen werden. Damit der Kirchensaal im katholischen Gemeindehaus ermöglicht wurde, rücken die bisherigen Nutzer wie Kolpingsfamilie, Ministranten, KJG, die Seniorentänzer und das Trauercafé zusammen. „Es ist ein großes Haus, in dem viel Leben herrscht“, betont Pater Augusty, der sich trotz der Freude über die anstehende Sanierung auch Sorgen macht.

Pater Augusty sorgt sich

Was ist, wenn die Gläubigen nach der Sanierungszeit nicht mehr den Weg in die Kirche finden?, grübelt er über diese Frage nach. Eine Entwicklung, die er schon während der Pandemie festgestellt habe. Er befürchtet, dass die Ausweichorte womöglich nicht angenommen werden.

Finanzierung ohne Darlehen

Gleichzeitig aber überwiegt auch bei ihm die Freude über die Sanierung, die mit 3,5 Millionen Euro veranschlagt ist. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat den Konstanzer Architekten Michael Günther damit beauftragt. Allein die Kosten für die Reinigung des prachtvollen, aber ausgebleichten Zollinger-Gewölbes liegen bei 260.000 Euro. Die technische Ertüchtigung und die Rohbauarbeiten verschlingen große Summen. 15 Prozent der Bausumme bleiben an der Kirchengemeinde hängen, die bereits 160.000 Euro Spendengelder erhalten hat und noch Zuschüsse vom Denkmalamt erhält. „Wir können unseren Anteil ohne Darlehen finanzieren“, betont Kirmeier.

„Luft“ bis 2028

Er hofft, dass in der Bauphase keine unerwarteten Verzögerungen auftreten werden. „Wir haben schließlich alles unternommen, um Überraschungen zu vermeiden“, sagt er. Und „Luft“ ist noch da. Denn spätestens zum 100-jährigen Kirchenjubiläum im Jahr 2028 soll die Kirche wieder leuchten wie einst.

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