Balingen

Raus aus der Hoffnungslosigkeit, rein in den Hausmeisterjob: Die Kümmerer machten‘s möglich

03.12.2021

von Sozialkaufhaus Domiziel

Raus aus der Hoffnungslosigkeit, rein in den Hausmeisterjob: Die Kümmerer machten‘s möglich

© Sozialkaufhaus Domiziel

Peter Blechmann, Nathalie Hahn und Katharina Schwalb sind beim Sozialkaufhaus Domiziel das Team „wir kümmern uns“.

Das Team des Sozialkaufhauses Domiziel, für das wir in unserer diesjährigen ZAK-Weihnachtsspendenaktion sammeln, schreibt mit dem Projekt „Kümmerer“ viele kleine Erfolgsgeschichten. Eine davon ist die von Robert.

Der junge Mann stand vor einer vermeintlich ausweglosen Situation und fand im Team des Sozialkaufhauses helfende Hände, die ihn auf einen guten Weg brachten. Die „Kümmerer“ erzählen seine Geschichte wie folgt:

„Robert H. (Name geändert) kam im Sommer 2020 ins Sozialkaufhaus und musste 80 Sozialstunden ableisten. Robert war ein junger Mann, gesund und kräftig und hatte einen Führerschein, was eigentlich eher eine Ausnahme bei unseren Helfern und Mitarbeitern ist. Er war arbeitslos, Grund war die Situation seines Arbeitsgebers wegen der Coronapandemie. Robert hatte, als er zu uns kam, große finanzielle Probleme, die auch Grund für die Sozialstunden waren. Hätte er im Elternhaus keine Zuflucht gefunden, wäre er mit Sicherheit obdachlos auf der Straße gelandet.

Hilfe beim Papierkram war die Lösung

Seine Sozialstunden leistete er zügig und zielstrebig ab. Je mehr wir ihn kennen lernen durften, fragten wir uns: Wo ist sein Problem, warum findet er keine Arbeit? In vielen Einzelgesprächen erfuhren wir mehr und mehr aus seiner nicht geradlinigen Lebensgeschichte. Er war arbeitssuchend gemeldet und sollte eigentlich mit den Ansprüchen aus Arbeitslosengeld finanziell zumindest seinen Lebensunterhalt und die Miete bestreiten können.

Unterstützungsleistungen wurden aber seit Monaten nicht bewilligt und nicht ausbezahlt. Papierkrieg war nicht seine Stärke, Hilfe gab es in seinem Umfeld keine und aufgrund von Corona war ein persönlicher Besuch bei der Agentur für Arbeit nicht möglich. Nach unserer Kontaktaufnahme mit der Agentur für Arbeit erfuhren wir schnell, warum keine Leistungen ausbezahlt wurden. So war unser erster Schritt, die wenigen fehlenden Daten und Unterlagen zusammen zu stellen und einen vollständigen Antrag auf den Weg zu bringen. Zum Glück war seine Arbeitslosmeldung registriert und alsbald kam es zur Aus- und Nachzahlung der Leistungen.

Ehrenamtliche Arbeit gegen Langeweile

Um nicht wieder zu Hause zu sitzen, half Robert uns ehrenamtlich. Er war uns in der kurzen Zeit, die er schon bei uns war, ans Herz gewachsen. Die nächste anstehende Aufgabe: Robert ist arbeitsfähig und arbeitswillig und braucht dringend einen neuen Job. Hier kam uns die enge Zusammenarbeit mit dem Job-Center wieder zu Gute, gemeinsam suchten wir nach offenen und passenden Stellen. Dass er handwerklich begabt, sehr zuverlässig, fleißig und teamfähig war, konnten wir feststellen und ihm sofort bestätigen. Mit einem Hausmeisterservice haben wir dann Kontakt aufgenommen, um festzustellen, ob dies etwas für Robert sein könnte.

Der Traum vom Job geht in Erfüllung

Im Gespräch mit dem zukünftigen Arbeitgeber konnten wir schnell klar machen, dass eine schriftliche Bewerbung keinen Sinn ergibt. Noch am gleichen Tag durfte Robert zum Vorstellungsgespräch kommen und am nächsten Tag zur Probearbeit. Die Chemie hat gestimmt. Nach einer Probearbeitswoche waren beide Parteien mit dem Ergebnis zufrieden und er wurde als Hausmeister angestellt.

Doch dann der Schock: Wenige Tage vor dem geplanten Arbeitsantritt legte Robert ziemlich aufgelöst zwei Schreiben der Staatsanwaltschaft – Forderung einer Stadt, unter anderem wegen eines Parkverstoßes – auf den Tisch. Grundsätzlich kann das jedem passieren. Eigentlich eine Bagatelle, die Strafe bezahlen, fertig. Was aber, wenn diese 15 Euro fehlen? Die ausstehenden Zahlungen wurden unmissverständlich eingefordert, entweder bezahlen oder „einrücken“. Der Termin zum Antritt der Haftstrafe war anberaumt. Eine Umwandlung in Sozialstunden war in diesem Fall nicht möglich, da es sich um Forderungen der Stadt gehandelt hat.

Die Kümmerer haben sich gekümmert

Wir alle waren geschockt, das Ganze zwei Tage vor dem geplanten Arbeitsbeginn. Sollte jetzt alles umsonst gewesen sein? Das Arbeitslosengeld war noch nicht eingegangen, an Zahlung aus eigenen Mittel konnte daher nicht gedacht werden. Was tun? Wir als Kümmerer gingen in Vorleistung und haben noch am selben Tag die ausstehende Zahlungen geleistet. Dem Neustart stand also nichts mehr im Weg. In den ersten Wochen hatten wir regelmäßig Kontakt zum Chef des Hausmeisterservices und unserem Robert. Alles lief gut!

Mit den Nachzahlungen aus dem Arbeitslosengeld und den Lohnzahlungen konnten dann nach und nach die Gläubiger befriedigt werden. Auch die von uns vorgestreckten Gelder sind rückerstattet worden. Als dann noch der Hausmeisterservice bei uns anrief und sich erkundigt hat, ob wir noch zwei oder drei weitere „Roberts“ für ihn haben konnten wir abschließend feststellen, Robert hat es geschafft!“

Wer sind die Kümmerer?

Mit dem Projekt „Die Kümmerer – helfen – vermitteln – begleiten“ hat das Sozialkaufhaus Domiziel ein Projekt aus dem Bedarf heraus entwickelt. Nathalie Hahn schreibt: „Im Laufe der letzten Jahre wurde uns immer wieder bewusst, dass der Erfolg im Netzwerk zu finden ist. Nicht im Konkurrenz-Denken, sondern in einer vertrauensvollen und offenen Zusammenarbeit mit allen Hilfseinrichtungen, Vereinen, Wohlfahrtsverbänden, Jobcenter, Sozialamt und vielen mehr und den Mitarbeitern auf Sachbearbeiterebene, aber auch in den Führungsreihen.

Oftmals reicht ein Anruf an der richtigen Stelle, um kurzfristig und unbürokratisch Hilfe zu organisieren. Die Hilfen im Bereich Kümmerer stehen allen bedürftigen Menschen offen, die sich in einer belastenden Lebenssituation befinden und die sich alleine im Dschungel der Hilfsangebote, der bürokratischen Hürden und der anfallenden Flut von Papieren und Anträgen oder einfach wegen sprachlicher Hindernisse nicht zurecht finden können.

Eine Mitarbeiterin hilft weiter

Um den vielfältigen Aufgaben gerecht zu werden, hat das Domiziel Sozialkaufhaus Zollernalb auf eigene Kosten seit wenigen Monaten stundenweise eine Mitarbeiterin angestellt. Eine personelle Aufstockung ist dringend nötig, die Not ist vielfältig und groß, die neuen Corona-Einschränkungen machen die Situation nicht besser, die betroffenen Menschen brauchen schnelle und unbürokratische Hilfe.

Wer die Kümmerer-Arbeit unterstützen möchte, kann dies auch weiterhin mit einer Spende tun. Verwendungszweck: ZAK-Weihnachtsaktion (und der Vermerk, ob der Spender mit der Namensnennung im ZAK einverstanden ist, für eine Spendenbescheinigung bitte Adresse angeben.)

Gespendet wurden bisher 50 Euro (Christa Schlegel), 100 Euro, 100 Euro.

Die Spendenkonten

Sparkasse Zollernalb

IBAN: DE71 6535 1260 0134 1239 70

BIC: SOLADES1BAL

Volksbank Hohenzollern-Balingen eG

IBAN: DE 17 6416 3225 0417 9170 07

BIC: GENODES1VHZ

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