Albstadt

Fremdenfeindliche Aktion bei Ebinger Kreissporthalle: Rauchpatrone und Banner auf dem Dach

26.10.2023

von Pascal Tonnemacher, Hannah Irion

Fremdenfeindliche Aktion bei Ebinger Kreissporthalle: Rauchpatrone und Banner auf dem Dach

© Hannah Irion

Über eine Drehleiter verschaffte sich ein Polizeibeamter Zutritt auf das Dach des Gebäudes.

Rettungskräfte der Feuerwehr, des Deutschen Roten Kreuzes und der Polizei waren am Donnerstag vor Ort, nachdem Rauch über der Kreissporthalle aufstieg und dieser auch ins Innere des Gebäudes vorgedrungen war. Die Polizei bestätigt bislang noch keine politisch motivierte Tat. Eine Aktivistengruppe teilt auf X Fotos ihrer „migrationskritischen“ und fremdenfeindlichen Aktion. Landrat Günther-Martin Pauli spricht von einer „feigen und schwachsinnigen Attacke“. Albstadts OB Tralmer wurde am Abend im Gemeinderat deutlich.

Eine rote Rauchwolke stieg am Donnerstagnachmittag über der Kreissporthalle in Ebingen auf. Unbekannte hatten laut Polizeiangaben zuvor eine Rauchpatrone auf dem Dach des Gebäudes gezündet.

Halle war in Betrieb

Auch ins Innere der Halle, wo zu diesem Zeitpunkt Sportunterricht stattfand, wie ein Polizeisprecher bestätigte, war Rauch eingedrungen. Der Unterricht musste daraufhin abgebrochen werden, verletzt wurde niemand.

Beim Eintreffen der Rettungskräfte um circa 16.30 Uhr war bereits kein Rauch mehr zu sehen, so der Einsatzleiter der anwesenden Feuerwehrabteilung. 15 Einsatzkräfte der Ebinger Feuerwehr waren vor Ort, ebenso das DRK.

Fremdenfeindliche Aktion bei Ebinger Kreissporthalle: Rauchpatrone und Banner auf dem Dach

© Hannah Irion

Auf dem Dach konnten Beweismittel sichergestellt werden.

Ein Polizeibeamter wurde über eine Drehleiter auf das Dach der Halle befördert, um Beweismittel sicherzustellen. Auf Anfrage, ob es sich um eine politisch motivierte Tat handelt, da in der Kreissporthalle in wenigen Wochen Flüchtlinge untergebracht werden sollen, machte die Polizei noch keine Angaben.

Informationen unserer Zeitung zufolge wurde ein großes Banner von Aktivisten auf das Dach gelegt. Eine Aktivistengruppe reklamiert auf dem sozialen Medium X die „migrationskritische“ und fremdenfeindliche Aktion für sich und teilt Fotos davon.

„Ich verurteile diese Tat auf das Schärfste“

In einer Stellungnahme äußerte sich Landrat Günther-Martin Pauli zum Vorfall: „Wir verurteilen diese feige und schwachsinnige Attacke auf das Schärfste – zumal zum Zeitpunkt junge Sportlerinnen und Sportler in der Halle waren.“ Weiter erklärt er: „Drohgebärden und Angstmacherei sind inakzeptabel, vor allem da die kommunalen Verwaltungen seit Tagen mit Hochdruck nach Alternativen suchen, um eine Zweckentfremdung der Halle zu vermeiden.“

Für Oberbürgermeister Roland Tralmer stand das Thema um die möglicherweise anstehende Unterbringung von 100 Geflüchteten in der Kreissporthalle am Donnerstagabend ohnehin auf der Tagesordnung des Albstädter Gemeinderates.

Er sprach nur wenige Minuten nach dem Anschlag auf die Kreissporthalle. Sein Dank und der Applaus der Gremiumsmitglieder galt den Feuerwehrleuten und Polizeibeamten, die dort am Donnerstagabend im Einsatz waren.

Tralmer zu Sicherheitskonzept

OB Tralmer stellte daher aber auch unmissverständlich klar, dass das Sicherheitskonzept, das im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung greifen soll, definitiv nicht nur im Hinblick auf die Geflüchteten, sondern genauso auf jene konsequent angewendet werde, die nun feige Straftaten begehen.

Unter dem Applaus aller Gremiumsmitglieder forderte Tralmer dazu auf, sich des anstehenden Themas „vorurteilsfrei“, mit „integrativer Kraft“ und „offenen Herzens“ anzunehmen. Die aktuelle Migrationspolitik könne nur auf Bundesebene gelöst werden, so Tralmer, darauf müsse man hinwirken. Solange sei es Aufgabe der Kommunen im Kreis, sich solidarisch um die Unterbringung zu kümmern.

In Richtung Bisingen und besonders Burladingen stellte er klar, dass auch sie sich solidarisch zeigen müssten. Das Prinzip, dass der Recht bekomme, der am lautesten schreie, würde hier nicht funktionieren.

Alternativen für Kreissporthalle möglich

Im Hinblick auf die Bemühungen, Alternativlösungen für die Kreissporthalle zu finden, formulierte der Oberbürgermeister, dass er „halbwegs zuversichtlich“ sei, dass es „möglicherweise gelingen könne, auch dank der Hilfe von Unternehmen und Privatpersonen“, solch eine Alternative zu schaffen.

Tralmer erntete für seine ausführliche und unmissverständliche Rede Applaus und Unterstützung durch alle Fraktionen hinweg. Und auch wenn im Tonfall hier und da leicht unterschiedliche Standpunkte deutlich wurden, dass man sich nun sachlich und konstruktiv der Aufgabe annehmen müsse, darin waren sich alle einig.

Reaktionen im Gemeinderat

Einig war man sich im Stadtparlament auch darüber, dass die Aussicht auf eine Kreissporthalle als monatelange Massenunterkunft nicht ideal sei. Eine dezentrale Unterbringung, betonte Sabrina Hipp (Grüne), sei in vielfacher Hinsicht besser. Sie betonte die Bedeutung von Begegnungsräumen und rief dazu auf, sich zu öffnen und positiv in die Zukunft zu blicken.

Olaf Baldauf (CDU) betonte, man brauche Realismus statt Idealismus. Das Thema dürfe nicht den Extremen überlassen werden. Manuela Heider (Freie Wähler) zeigte sich erschreckt darüber, wie von manchen nun statt der Coronamaßnahmen die Mi-grationspolitik dazu benutzt werde, Ängste zu schüren und durch die Straßen zu ziehen. Dabei könne man doch stolz sein auf das Geleistete.

Elke Rapthel (Z.U.G.) erzählte, sie sei am Sonntag eine der 17 Gegendemonstranten gewesen, „ein hartes Brot“. Das Albstädter Pflaster würde nun bewusst von Leuten aus Burladingen und überörtlichen AfD-Vertretern für ihre Zwecke genutzt.

Für manche Schreier auch bei der Veranstaltung am Dienstag, zitierte SPD-Stadtrat Martin Frohme einen Albstädter Bürger, müsse man sich ganz schämen.

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