Balingen

Probleme verschärfen sich wegen Corona: Balinger Streetworker über die Sorgen der Jugendlichen

16.04.2020

Von Lea Irion

Probleme verschärfen sich wegen Corona: Balinger Streetworker über die Sorgen der Jugendlichen

© Privat

Die Balinger Streetworker Cira Imperato und Gerhard Eppler.

Viele junge Menschen hatten bereits vor der Pandemie mit persönlichen Problemen zu kämpfen. Einigen wächst die derzeitige Situation nun über den Kopf. Die Balinger Streetworker Cira Imperato und Gerhard Eppler stehen den Jugendlichen weiter mit Rat und Tat zur Seite – wenn auch nur digital.

Vor der Corona-Krise waren öffentliche Plätze das Büro der Balinger Streetworker Cira Imperato und Gerhard Eppler. Dort, wo sich junge Menschen im Alter von etwa 14 bis 27 Jahren aufhielten, waren auch die beiden unterwegs und waren potenzielle Ansprechpartner, wenn es mal Probleme geben sollte.

Seit der Pandemie hat sich dieser Rhythmus jedoch grundlegend verändert. „Unser beruflicher Alltag hat sich massiv verändert. Wir können nicht mehr auf die Straße gehen und verlieren damit unseren Erstzugang zu den jungen Menschen“, sagt Streetworker Gerhard.

Andere Zeiten, andere Maßnahmen

Das stellt die beiden Jugendarbeiter vor neue Herausforderungen, die sie aber als Chance nutzen wollen. Klar ist, dass sich die Zielgruppe nun nicht in Luft auflöst, sondern besonders digital weiterhin erreichbar bleibt. Und das nutzen die Balinger Streetworker rege: Instagram und Online-Messenger-Dienste wie beispielsweise Discord oder Zoom sind Plattformen, über die Jugendliche den direkten Kontakt zu Cira und Gerhard herstellen können.

Besonders der Messenger-Dienst Discord stellt hierbei eine Chance für einen unkomplizierten Austausch dar. Die jungen Hilfesuchenden können hier wahlweise Nachrichten schreiben oder direkt mit den Streetworkern reden und kommunizieren, auch in größeren Gruppen.

„Wir haben zum Beispiel auch die letzte Rede der Kanzlerin live über die Plattform gemeinsam angeschaut“, erzählt Gerhard.

Enger Familienkontakt kann problematisch sein

Wer sich alleine fühlt, findet also auf Online-Plattformen Ansprechpartner und ein offenes Ohr für jegliche Probleme, die Jugendliche so haben. Aufgrund der Corona-Krise nehmen derzeit besonders familiäre oder Beziehungsprobleme zu.

Die Heranwachsenden treiben jedoch auch Konflikte in Schule oder Ausbildung, Drogenprobleme, Fragen zu Körper und Fitness, der Kontakt zur Polizei oder zum Gericht oder auch bürokratische Unklarheiten um.

Probleme verschärfen sich wegen Corona: Balinger Streetworker über die Sorgen der Jugendlichen

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Das Homeoffice von Gerhard Eppler.

„Die jungen Menschen können und dürfen teilweise einfach nicht mehr raus und sind oft auf engem Raum mit der Familie“, sagt Streetworker Gerhard. Dass es da vermehrt Konflikte gebe, liege auf der Hand. „Das kann natürlich leicht zu Spannungen führen.“

Gemeinsam eine Runde Montagsmaler

Aber auch die Corona-Krise selbst wirft einige Fragen auf. „Ein weiteres, sehr wichtiges Thema ist zur Zeit: Was darf ich und was darf ich nicht?“, führt Gerhard aus. Junge Menschen seien, wie auch andere Gesellschaftsgruppen, „total verunsichert“. Unter anderem würden sich die Jugendlichen darüber erkundigen, ob sie überhaupt noch raus dürfen, ob sie ihre Freunde treffen dürfen, wie oft sie einkaufen dürfen und viele weitere Dinge, die unklar sind.

Derzeit planen die Streetworker Aktionen, die sie kontaktlos mit den hilfesuchenden Jugendlichen durchführen können. Vor Corona konnten junge Menschen einfach in das Büro der beiden in der Herrenmühlenstraße 1 kommen – gerne auch auf eine Runde „Netflix and Chill“, wie Gerhard sagt, also einen gemütlichen Seriennachmittag mit dem Streaming-Dienst Netflix.

„Nightsport“ mal anders

Da dies gänzlich wegfallen musste, suchen Cira und Gerhard nach Alternativen. Ideen haben die beiden auch schon: „Ein Beispiel wäre Nightsport, was diesen Samstag stattfindet. Normalerweise sind wir hierzu in der Kreissporthalle, aber da das gerade nicht möglich ist, machen wir quasi digitalen Nightsport“, erzählt Streetworker Gerhard.

Das seit vielen Jahren existierende Projekt Nightsport ist ein Sportangebot der Mobilen Jugendarbeit Balingen, welches einmal im Monat am Samstagabend stattfindet. Dort können sich junge Menschen treffen und sich sportlich betätigen.

Stattdessen treffen sich Cira und Gerhard am Samstag online mit den Jugendlichen, um gemeinsam Spiele zu spielen. Mit dabei ist beispielsweise eine Variante des Spiels Montagsmaler, bei der ein Teilnehmer mit der Computermaus zeichnet und alle anderen mitraten können.

Updates derzeit über Instagram

Abseits davon sind die beiden Streetworker an fünf Tagen in der Woche für die jungen Menschen im Zollernalbkreis erreichbar. Selbst telefonisch oder mit einer klassischen SMS würden sich noch einige Jugendliche bei ihnen melden, wie Gerhard mitteilt: „Die meisten jungen Menschen, zu denn wir schon vor der Pandemie Kontakt hatten, kontaktieren uns tatsächlich über die klassischen Zugänge.“ An den Zahlen habe sich nichts geändert, nur neue Kontakte fänden weniger statt.

Auf Instagram betreiben die Streetworker den Account streetwork_balingen, auf dem sie regelmäßig neue Informationen hochladen. Der neuste Post zeigt zwei pinke Jutebeutel mit dem Logo der Mobilen Jugendarbeit Balingen, wozu Gerhard schreibt: „Unsere neuen Jutebeutel sind da. Damit erkennt ihr uns in der Stadt sicher ohne Probleme!“

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