Balingen

Nahwärme fürs Balinger Quartier Urtelen kommt vorerst aus dem Container

13.03.2024

Von Jasmin Alber

Nahwärme fürs Balinger Quartier Urtelen kommt vorerst aus dem Container

© Ingenieurbüro Ganssloser

So kann ein Wärmecontainer, wie er auch in Urtelen übergangsweise bis zur Erstellung der Energiezentrale aufgestellt werden soll, aussehen.

Das Quartier Urtelen soll mit Nahwärme versorgt werden. Diese Option wurde aus mehreren Möglichkeiten ausgewählt. Ein entsprechendes Konzept, das sich auch schon kurzfristig realisieren lässt, stellten die Fachleute eines Tübinger Ingenieurbüros am Dienstag vor. Eine Übersicht, warum man vorerst auf eine Containerlösung setzen will, welches Versorgungsgebiet mittelfristig angedacht ist und was die kommunale Wärmeplanung damit zu tun hat.

Nach Jahren, in denen das neue Baugebiet Urtelen bereits erschlossen ist – Straßen, Gehwege, Parkbuchten sind schon seit längerem fertig – geht auf dem Areal am nordwestlichen Stadtrand etwas. Zum einen ist das erste Einfamilienhaus am Entstehen, das zweite steht laut Baudezernent Michael Wagner kurz vor der Baugenehmigung.

Doch nicht nur das: Mit einem Konzept für die Nahwärmeversorgung will die Stadt die Voraussetzungen schaffen, dass Konzeptvergaben für die ersten Mehrfamilienhäuser an Fahrt aufnehmen. Wie berichtet werden die Grundstücke dafür per Konzeptvergabe verkauft.

Nahwärme fürs Balinger Quartier Urtelen kommt vorerst aus dem Container

© Jasmin Alber

Das erste Einfamilienhaus am Rande des Neubaugebiets Urtelen wird derzeit gebaut. Rechts im Bild der vorgesehene Standort der Heizcontainer.

Bei der Wärmeversorgung „sind wir einen Schritt weiter“, sagte Bürgermeister Ermilio Verrengia. Das Konzept stellten Lukas Michelberger und Patrick Staub vom Team Planung und Konzeption des Tübinger Büros Ganssloser den Räten des Stadtwerkeausschusses vor. Die beiden waren schon einmal in dem Gremium.

1000 Meter Leitungen sind schon verlegt

Aus mehreren ersten Ideen für die Wärmeversorgung habe sich die Nahwärme in diesem Gebiet als Favorit herausgestellt. Rund 1000 Meter Leitungen sind unter den neuen Straßen in Urtelen bereits verlegt. Da die kommunale Wärmeplanung zwischenzeitlich weiter fortgeschritten ist, erklärte Teamleiter Michelberger, habe man nicht nur das Neubaugebiet in die Planungen einbezogen, sondern auch die angrenzenden Straßen (grob umrissen von Tal- bis Bodmannstraße, samt Querstraßen bis zur Geislinger beziehungsweise Rosenfelder Straße).

Aufgeteilt ist die Nahwärmeversorgung für das gesamte Gebiet in mehrere Bauabschnitte. Denn insgesamt betrachtet handelt es sich um eine hohe Investitionssumme für das gesamte Quartier. Die Umsetzung und Vorkehrungen für die „Speisung“ der insgesamt rund 6500 Meter langen Haupttrasse schlägt mit schätzungsweise 12 Millionen Euro zu Buche. Ein Teil davon ist den Fachleuten zufolge zuschuss- und förderfähig, aber dennoch ein großer Batzen. Deshalb die Aufteilung in kleinere Summen je Bauabschnitt.

36 Gebäude im ersten Bauabschnitt

Im ersten Schritt geht es um die neuangelegten Straßen sowie zwei angrenzende, und damit um die mögliche Erschließung von 28 Neubauten und acht Bestandsgebäuden. Das Fachbüro hat einen Gesamtwärmebedarf von 1,3 GWh/a

und eine benötigte Gesamtheizlast von 1220 kW berechnet. Bei der Betrachtung des gesamten Quartiers habe man bei Planung und Berechnungen optimistisch eine Anschlussquote von 70 Prozent zugrundegelegt, ergänzte Straub.

Nahwärme fürs Balinger Quartier Urtelen kommt vorerst aus dem Container

© Hargassner Heizmodule

Mit Heizkessel und integriertem Lagerraum: Die Visualisierung eines Herstellers zeigt, wie das „Innenleben“ des Heizcontainers aussehen kann.

Doch mit der Verlegung der Infrastruktur und dem Schaffen von Hausanschlüssen ist es nicht getan. Die Wärme muss auch irgendwo erzeugt werden, und das in der Nähe. Bis mit der fortschreitenden Bebauung des „neuen“ Urtelen-Areals auch die Energiezentrale realisierbar ist, schlägt das Ganssloser-Team eine Übergangslösung vor, und zwar in Form von Heizcontainern. In diesen befinden sich jeweils ein Pelletkessel mit einer Heizleistung von 250 kW nebst Pelletlager, die generierte Wärme gelangt über angeschlossene Leitungen zu den Gebäuden.

Schiffscontainer mit Kamin

Es handelt sich, wie es die Fachleute veranschaulichten, um reguläre Schiffscontainer, die mit Kamin auf dem Dach ausgestattet sind. Wenn der Ausbau des Nahwärmenetzes voranschreitet, können die Wärmecontainer aufgelöst und die Heizkessel zur Energiezentrale mitgenommen werden. Diese kann entweder als Betonbau oder aus einer Kombination verschiedener Container realisiert werden und soll gemäß aktueller Pläne der Stadtwerke den Standort beim Umspannwerk in der Talstraße haben. Auch die Energiezentrale soll modulierbar sein, analog zu den Ausbaustufen also Schritt für Schritt mehr Leistung erbringen können; zudem mit Pufferspeicher ausgestattet und mit Strom von einer angrenzenden Flächen-PV-Anlage versorgt werden. „So könnte man sich immer weiter in dieses Quartier vorarbeiten“, meinte Patrick Straub. Er merkte zudem an, dass das Konzept weitgehend auf erneuerbaren Energien basiert.

Zu den Kosten, vor allem, was auf die Endverbraucher zukommen wird, lassen sich derzeit nur Schätzungen abgeben, hängen diese doch von vielen dynamischen Faktoren, von Pelletpreis bis Anschlussquote, ab. Aktuell kalkuliere man mit einem Wärmemischpreis von 21,6 Cent je Kilowattstunde (bis einschließlich der Realisierung von Bauabschnitt 3), wie Lukas Michelberger aufzeigte.

Es handele sich um „ein gutes Beispiel dafür, dass die kommunale Wärmeplanung gezeigt hat: Da ist Potenzial“, attestierte Bürgermeister Verrengia.

Eppler: „Startkonstellation, um Wärme zu liefern“

Das Konzept, das – die Umsetzung nach Zustimmung des Gemeinderats vorausgesetzt – im Laufe der Zeit mitwachsen soll, ist notwendig auf den Weg zu bringen, wie Harald Eppler, Werkleiter der Stadtwerke, erklärte. Denn die Aufgabenstellung sei eine „Startkonstellation, um Wärme zu liefern“. Einfach gesagt: Durch die Konzeption der Wärmeversorgung in Urtelen wird die Stadt in die Lage versetzt, die Grundstücke zu vermarkten. Eine zügige Umsetzung sei unter anderem durch die Containerlösung möglich, antwortete Eppler auf Nachfragen aus dem Gremium.

Auch wenn zum aktuellen Zeitpunkt noch keine exakte Amortisationsrechnung aufgestellt werden könne – „wir mussten den voraussichtlichen Wärmepreis aus vielen Unbekannten zusammenstellen“, so der Stadtwerkechef –, handele es sich bei der Nahwärme mit Pellets als Brennstoff um „eine sehr wirtschaftliche Angelegenheit“, so Eppler. Details wie den Gewinnaufschlag werde man dann zu gegebener Zeit festlegen, schließlich müssten auch die Stadtwerke als Betreiberin des Nahwärmenetzes wirtschaftlich denken.

Eigentümeransprache im Rahmen der Machbarkeitsstudie

Und apropos Preise: Die Machbarkeitsstudie im weiteren Verlauf des Prozesses beinhaltet die Ansprache der Eigentümer für die Gebiete, in denen es bereits Häuser gibt, die angeschlossen werden können, ergänzte Lukas Michelberger. Dies schon jetzt zu tun, sei ohne fertiges Konzept und ohne Preise nennen zu können, nicht sinnvoll.

Angela Godawa (SPD) merkte einen für sie wesentlichen Aspekt an, den es weiter zu streuen gelte: „Es steht uns gut an, dass es das erste Gebiet in Balingen ist, wo konsequent auf 100 Prozent erneuerbare Energie gesetzt wird.“

Die Räte des Stadtwerkeausschusses votierten schließlich einstimmig für den Kauf und den Anschluss von zwei Heizcontainern für 260.000 Euro und den Auftrag des Ingenieurbüros für die Durchführung einer Machbarkeitsstudie im Rahmen eines Förderprogramms. Das letzte Wort hat wie immer der Gemeinderat.

Baubeginn für erste Mehrfamilienhäuser voraussichtlich Ende 2025

Die Wärmeplanung auf der Tagesordnung nahm Erwin Feucht (Grüne) zum Anlass, nachzufragen: Wie sieht es eigentlich grundsätzlich mit der Bebauung des Neubaugebiets in den nächsten zwölf Monate aus?

Wie eingangs erwähnt sind die ersten Einfamilienhäuser am Rande des neuen Quartier im Entstehen oder im Baugenehmigungsprozess. Baudezernent Michael Wagner informierte, dass man bei der Stadtverwaltung derzeit davon ausgehe, dass drei größere Mehrfamilienhäuser, die der urbane Bebauungsplan in dem Geländeteil vorne an der Geislinger Straße vorsieht, als erstes realisiert werden. Die Entscheidung, welche Investoren mit ihren Konzepten überzeugen und damit auch bauen können, werde voraussichtlich im Oktober/November getroffen – Stichwort Konzeptvergabe. Bis zum Baubeginn wird es laut Wagner aber voraussichtlich Herbst 2025 werden. Und insbesondere für Mehrfamilienhäuser sei ein Nahwärmeanschluss interessant, merkte er an.

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