Handball

Nach dem zweiten Abstieg der Vereinsgeschichte: HBW Balingen-Weilstetten vor Umbruch

14.06.2022

Von Marcus Arndt

Nach dem zweiten Abstieg der Vereinsgeschichte: HBW Balingen-Weilstetten vor Umbruch

© Herl

Nach 2017 steigt der HBW Balingen-Weilstetten (im Bild Kristian Beciri) erneut ab.

Der HBW Balingen-Weilstetten wehrte sich vergebens gegen den erneuten Abstieg aus dem Oberhaus. Nach einer starken Phase im April nutzte das Team von Jens Bürkle das Momentum nicht – und Minden zog vorbei.

In den finalen sechs Begegnungen drängten die Schwaben vergebens auf die erneute Trendwende, holten nur noch einen Zähler (23:23 gegen Berlin) und müssen nach 2017 erneut runter: mit mageren sechs Saisonsiegen (vier Unentschieden). In Nürnberg kassierten die „Gallier“ am letzten Spieltag eine 26:33-Niederlage – bereits die 24. in dieser Runde. „Man hat schon gesehen, dass wir es nicht mehr geschafft haben, die Spannung aufzubauen, die nach dem Füchse-Spiel und dem Ergebnis von Minden abgefallen ist“, erklärt der Balinger Coach, „wir haben versucht, uns reinzukämpfen. Ende der ersten Halbzeit waren wir in der Spur, haben aber wieder abreißen lassen müssen.“

Nicht konstant genug

Wie so häufig in dieser Spielzeit. Es mangelte den Kreisstädtern einfach an Konstanz und Stabilität. Nach drei Siegen im April in Göppingen (Endstand: 28:27) und Hamburg (34:29) sowie im Kellerduell gegen N-Lübbecke (26:21) folgte eine lange, zu lange Durststrecke. „Nach dem Heimerfolg über den TuS hatten wir einen Zwei-Punkte-Puffer“, blickt Bürkle zurück, „danach hatten wir die drei ‚Kann-Spiele‘ beim BHC, gegen Lemgo und bei den Recken. Das wären Momente gewesen, um weiter zu punkten. Das sind alles Gegner, die wir an einem guten Tag kriegen können. Wir haben es in diesen Spielen aber nicht geschafft, die Qualität aufs Feld zu bringen, wie uns das beim 23:23 gegen Berlin gelungen ist.“ Auch gegen Wetzlar und bei Meister Magdeburg blieben die Balinger ohne zählbaren Erfolg – und auf dem 17. Platz hängen.

Kleinigkeiten summieren sich auf

Das Spielglück habe ein wenig gefehlt, sinniert der Sportwissenschaftler, welcher auch mit ein paar Schiedsrichterentscheidungen „alles andere als glücklich war“. Das summiere sich eben auf, fährt der 41-Jährige fort und fügt hinzu: „Wir hatten schon viele Spiele, wo es wirklich auf Messers Schneide stand und solche Kleinigkeiten eben viel ausmachen.“

Es seien ein paar Dinge zusammengekommen, sagt Bürkle gewohnt sachlich, „wenn man realistisch ist, müssen wir Besonderes leisten, um in dieser Liga zu bleiben – und dieses maximale Überperformen, wie wir es in der Vorsaison geschafft haben, ist uns in dieser Runde nicht geglückt.“ Dafür fehlten auch die Protagonisten auf der Platte. Vladan Lipovina, der sich mit 177 Treffern an siebter Stelle der Torjägerliste einreiht, lieferte nicht konstant genug.

Auch die im Handball so wichtige Achse Torhüter-Mitte-Kreis funktionierte nur bedingt. Mario Ruminsky (25,18 Prozent gehaltene Bälle) und Simon Sejr (23,28) kompensierten den Jensen-Abgang nicht – Regisseur Lukas Saueressig spielte verletzungsbedingt nur selten, Kreisläufer Marcel Niemeyer gar nicht. Dennoch seien viele Topleistungen dabei gewesen, hebt der HBW-Trainer hervor, „wenn man im richtigen Moment so eine Leistung gegen eine Mittelfeldmannschaft abgerufen hätte, hätten wir vielleicht noch einmal ein, zwei Punkte mehr ergattern können.“

So aber blieb es bei nur 16 Pluspunkten – 13 weniger als in der vergangenen Runde (29 bei vier Spielen mehr, Anm. d. Red.). Die Folge: Der zweite Abstieg nach 2017. „Das tut allen weh“, räumt Bürkle unumwunden ein, „dafür haben alle viel investiert und Gas gegeben. Jetzt werden wir trauern – und nach dem Trauern einen neuen Anlauf nehmen, um eine Mannschaft zu bauen, die mit viel Energie und ehrgeizig spielt.“

Markanter Umbruch

Sieben Abgänge sind fix, weitere sind nicht ausgeschlossen. Bereits im Winter zog es Nikola Stevanovic zum griechischen Erstligisten AEK Athen. Im Sommer verlassen Tim Nothdurft (zum Bergischen HC), Fabian Wiederstein (SG BBM Bietigheim), Gregor Thomann (HSG Konstanz), James Junior Scott (Frederica HK/Dänemark), Björn Zintel und Marcel Niemeyer (beide Ziel unbekannt) den Klub. Der muss sich wohl auch im rechten Rückraum neu aufstellen. Torjäger Vladan Lipovina, der nur einen Vertrag für Liga eins besitzt, wird sich wohl aus Balingen verabschieden. Der Montenegriner hat sich in den sozialen Medien bereits entsprechend positioniert. Uros Todorovic, während der EM-Pause nachverpflichtet, zeigt zwar vielversprechende Ansätze – mehr aber auch nicht.

Trotz der Abwanderungswelle steht das Grobgerüst um Kapitän Jona Schoch. Neben Routinier Felix Danner (Wetzlar) steht der Kroate Filip Vistorop (Zagreb) als zweiter externer Neuzugang fest. Aus dem eigenen Perspektivteam ziehen die Balinger drei Spieler (Hildenbrand, Volz, Fügel) hoch. Das allerdings wird nicht ausreichen. „Wir müssen Dinge ändern und anpassen“, blickt der ehemalige Erstliga-Kreisläufer voraus, „und müssen unsere Erfahrungen in eine verrückte zweite Liga mitnehmen, damit wir oben mitspielen können.“

Dennoch müssen die Protagonisten neben der Platte noch personell nachlegen. Nicht nur auf Halbrechts besteht Handlungsbedarf. Ansonsten droht den Schwaben ein ähnliches Schicksal wie den Absteigern der Saison 2020/21, die sich im Unterhaus sehr schwertaten.

Diesen Artikel teilen: