Zollernalbkreis

Meinung: Auch im Zollernalbkreis gilt: Demokratie stirbt langsam und fast unmerklich

09.01.2024

Von Klaus Irion

Meinung: Auch im Zollernalbkreis gilt: Demokratie stirbt langsam und fast unmerklich

© Adobe Stock / WoGi

Wenn nicht alle Demokraten tagtäglich wachsam bleiben, steht Deutschland auch bald am Scheideweg.

Mal eben so Massenvernichtungsphantasien gegen Geflüchtete am Tisch im Café äußern. Gibt es nicht? Gibt es doch, wie ein dieser Tage zufällig aufgeschnappter Dialog in der Balinger Innenstadt zeigt. Eine Meinung von ZAK-Redaktionsleiter Klaus Irion hierzu und zu allen, die propagieren, man sollte unsere Demokratie lieber heute als morgen abschaffen.

Eine Demokratie stirbt heutzutage häufig nicht mehr mit einem großen Knall, mit einem Putsch. Vielmehr langsam und fast unmerklich. Es werden Politiker als „Volksverräter“ verächtlich gemacht, Demokratiebewahrer diffamiert, Institutionen politisch missbraucht. Man schwadroniert von „Lügenpresse“.

Antidemokratische Dauerbeschallung

Wozu diese antidemokratische Dauerbeschallung mit Hass und Hetze im Einzelfall führen kann, habe ich vor wenigen Tagen zufällig in einem Café in der Balinger Innenstadt erleben dürfen. Drei ältere, völlig unscheinbare Herren saßen dort an einem Tisch und sprachen betont leise. Aber eben nicht leise genug, als dass nicht mitzubekommen gewesen wäre, wie sie der Thematik von nach Deutschland geflüchteten Menschen Herr werden wollen.

„Mit Zyklon B gegen das Ungeziefer“

Das „Ungeziefer“, wie sie die Geflüchteten nannten, das hierherkomme und einfach so einen Haufen Geld bekomme, müsse „mit Autan“ bekämpft werden, meinte einer. „Nein, doch eher mit Zyklon B“, entgegnete sein Tischnachbar.

Denjenigen, denen dieses Giftgas nichts (mehr) sagt: Zyklon B steht bis heute symbolhaft für den industriell organisierten Massenmord der Nazis in den von ihnen errichteten Konzentrationslagern.

Mögen die Aussagen dieser Herren im Café hoffentlich eine extreme Ausnahme gewesen sein. Zeigen sie dennoch exemplarisch, wie wichtig es in unseren unruhigen Zeiten ist, dass sich aufrechte Demokraten Autokratie-Befürwortern entgegenstellen.

Umsturzphantasien nehmen zu

Wenn sich – weg von der Geflüchteten-Thematik – beispielsweise protestierende Landwirte offen und laut gegen radikale Trittbrettfahrer mit „Ampel“-Galgen aussprechen. So wie Lukas von Berg, der am Montag den Bauernprotest rund um die Balinger Stadthalle während der dortigen Neujahrssitzung des Landkreises anführte. Man dürfe jetzt in die Halle hinein, möge sich aber „ruhig und respektvoll“ verhalten. Diejenigen unter den 500 Anwesenden, die das nicht wollten, wurden völlig zurecht sogleich in die Schranken verwiesen.

Demokratie-Tod verhindern

Und doch schaffte es der eine oder andere von Umsturzphantasien getriebene Trittbrettfahrer der Bauernproteste offenbar ins Foyer der Stadthalle. So zumindest sind die Zeilen zu lesen, die der anwesende Geislinger Bürgermeister Oliver Schmid am Dienstag auf Facebook verbreitete. Er spricht darin „vom Verdruss über die Politik in der ganzen Breite“, die zum Ausdruck gekommen sei. Und dies „teilweise mit Ansichten, die ich als Demokrat nicht teilen möchte, für Umsturzphantasien bin ich nicht zu haben“.

Wie gesagt, eine Demokratie stirbt häufig langsam und fast unmerklich. Auch im Zollernalbkreis sind alle Demokraten aufgerufen, diesen Tod zu verhindern.

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