Albstadt

Literaturtage Albstadt: Denis Scheck provoziert bis zur Schmerzgrenze und kokettiert mit Socken

23.11.2022

Von Barbara Szymanski

Literaturtage Albstadt: Denis Scheck provoziert bis zur Schmerzgrenze und kokettiert mit Socken

© Barbara Szymanski

Bereits zum zweiten Mal gastierte Denis Scheck bei den Albstädter Literaturtagen.

Zum zweiten Mal war Denis Scheck, Deutschlands bekanntester Literaturkritiker, Übersetzer, Kochbuchschreiber und Moderator von TV-Sendungen wie Druckfrisch und Lesenswert, zu Gast bei den Literaturtagen. Dort begeisterte er sein Publikum.

Denis Scheck lächelt, zieht gelegentlich die Augenbrauen hoch. Seine Augen blitzen. Die Stimme bleibt pfleglich, selbst bei Sottisen gegen Schriftsteller, vor deren Werke wie die von Sebastian Fitzek er warnt:

„Diese fügen dem Gehirn einen irreparablen Schaden zu.“ In solchen Momenten müssen sich die Zuhörer in der Albstädter Festhalle an ihren Tischen festhalten und tapfer sein, um nicht lauthals loszulachen.

An 180 Tagen ist er in Sachen Literatur unterwegs

Denis Scheck bekennt sich nicht nur als „Handlungsreisender in Sachen Literatur“, sondern er ist auch bekennender Schwabe. Mithin also fleißig. In der Woche liest er drei oder vier Bücher, reist 180 Tage meist mit dem Zug durch die Lande in Sachen Literatur - seine Leidenschaft, ja Obsession seit seiner Jugend.

Ein rundum köstlicher Abend

Zum zweiten Mal ist Denis Scheck, Deutschlands bekanntester Literaturkritiker, Übersetzer, Kochbuchschreiber und Moderator von TV-Sendungen wie Druckfrisch und Lesenswert, zu Gast bei den Literaturtagen.

Auch an diesem köstlichen Abend – auf etwas mehr als eine Stunde komprimiert - liest dieser ingeniöse, freundliche aber dennoch provozierend bis zur Schmerzgrenze agierende Dennis Scheck aus seinem vor zwei Jahren erschienen Nachlagewerk „Schecks Kanon“ (Piper Verlag) – ein frivoles Unternehmen wie es im Vorwort steht.

Zwei Jahre Zeit für 100 große Werke

Denn für diesen 456 Seiten umfassenden Kanon hat er 100 der wichtigsten Werke der Weltliteratur ausgewählt und sich zwei Jahre Zeit dafür genommen.

Ob er die richtigen Entscheidungen getroffen hätte, wollte ein Gast bei der kurzen Fragerunde wissen. „Ich würde heute Günter Grass‘ Blechtrommel aber zum Beispiel auch Martin Walser mit hineinnehmen.“ Doch zwischen den Buchdeckeln scheinen beim Durchblättern und Anschmökern die wichtigsten Autoren vertreten zu sein. Wie Denis Scheck sagt, schlägt er an jedem Abend ein anderes Kapitel auf.

Argumente, Bücher zu lesen

In Albstadt waren das unter anderem die Werke von Hemingway, Kafka, Jane Austen oder Robert Gernhardt. Letzterer schrieb auch ein Poem zum Buch an sich, das so beginnt: „Ums Buch ist mir nicht bange./ Das Buch hält sich noch lange.“ Und wie steht Denis Schenk selber dazu? Seine Argumente, Bücher zu lesen, sind eindringlich, komisch aber unwiderlegbar.

Lesend unsere Todesangst bannen

Tausend Leben könne man leben, sagt er. Lesend unsere Todesangst bannen, den Narzissmus vertreiben, das Leben entschleunigen. Eskapistisch sei Literatur, was aber hierzulande nicht alle so sähen. 35 Millionen Menschen würden gar nicht lesen. Dazu Denis Scheck: „Nicht lesen ist wie nicht waschen. Mit beidem komme ich nicht zurecht.“ Ein anderes Thema reißt er auch an: „Es wird beklagt, dass insgesamt zu wenig Frauen im Literaturbetrieb vorkommen.“

Sogar Rowling und Tolkien sind vertreten

Das fände er nicht gut, doch es gebe durchaus Werke und Autoreninnen wie „Transit“ von Anna Seghers, die man nicht lesen müsse. „Die Weltanschauung kann sich jedoch verändern mit Kafkas Tagebücher und Samuel Beckett und Warten auf Godot“, verkündet Denis Scheck. Aber auch: „Das Kanon-Spiel kann eine sehr heikle Angelegenheit sein.“

Gleichwohl hat er sich nicht gescheut, Astrid Lindgren (Karlsson vom Dach), Joanne K. Rowling (Harry Potter) oder Tolkien (Herr der Ringe) einen Platz in seinem Kanon mit zarten Illustrationen von Torben Kuhlmann zu reservieren.

Schecks Job sei „eine unsinnliche Tätigkeit“

Schecks Kanon beginnt mit Lindgren und endet mit der antiken Philosophin Hypatia aus Alexandria, die sich damals herausnahm, ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse in Mathematik und Astronomie zu verbreiten, was weiland nur Männern vorbehalten war. Sie wurde grausam ermordet.

Literaturtage Albstadt: Denis Scheck provoziert bis zur Schmerzgrenze und kokettiert mit Socken

© Barbara Szymanski

In der Ebinger Festhalle lauschten die Besucher und Besucherinnen den literarischen Ausführungen des Herrn mit den auffälligen Socken.

„Hypatia steht für alle Autorinnen, die es nicht in den Kanon geschafft haben.“ Zwei Dinge werden am Schluss noch geklärt: Kochbuch und Socken. „Schecks kulinarischer Kompass“ heißt das Werk und er verrät, dass sein Job „eine unsinnliche Tätigkeit sei“, die er mit kochen kompensiere und die sein Selbst schärfe.

Gibts eine Kurzgeschichte über Socken?

Und seine oft asymmetrischen und meist ziemlich farbenfrohen Socken – so eine Art Markenzeichen zum meist bürograuen Anzug - beziehe er von einer italienischen Firma. Über diese zweierlei Socken gebe es immer wieder Diskussionen auf Reisen, lächelt er. Darüber könnte Denis Scheck doch mal eine Kurzgeschichte schreiben – oder?

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