Hechingen

Kontrollen beim Owinger Trucker-Treffen: „Aus polizeilicher Sicht ein gewöhnlicher Einsatz“

03.04.2023

Von Michael Würz

Kontrollen beim Owinger Trucker-Treffen: „Aus polizeilicher Sicht ein gewöhnlicher Einsatz“

© privat

Brummis, in Reih‘ und Glied aufgestellt in der Balinger Volksbankmesse: Dieses Foto wabert bundesweit durch die Truckerszene, löste dort mitunter heftige Entrüstung aus.

Mit ihrer Großkontrolle hat sich die Polizei blanke Empörung der Truckerszene quer durch die Republik eingehandelt. Im ZOLLERN-ALB-KURIER äußert sich jetzt die Verkehrspolizei zum Einsatz beim Owinger Trucker-Treffen.

Ist die Polizei auf der Zollernalb übers Ziel hinaus geschossen? Diese Frage beschäftigt seit dem Wochenende Trucker in der gesamten Republik. Die Aufregung: riesig. Das Bild, das zigtausendfach durch die Szene wabert: der Blick in die Balinger Volksbankmesse, wo die Polizei Brummis auf dem Weg zum Trucker-Trefen in Owingen festgesetzt hatte.

Aber worum ging es hier? Der ZOLLERN-ALB-KURIER hat die Polizei um Aufklärung gebeten; die Antworten des Polizeipräsidiums Reutlingen erreichten unsere Redaktion am Montagabend. Wir veröffentlichen die Statements ungekürzt.

Was die Polizei zum Anlass der Kontrollen sagt:

Anlässlich des Trucker-Treffens in Haigerloch-Owingen wurden am Samstag und am Sonntag an- und abfahrende Lastwagen kontrolliert.

Zum Ablauf der Kontrollen:

Erste Sichtkontrollen erfolgten bereits auf den überörtlichen Zufahrtsstraßen zum Veranstaltungsort. Relevante Fahrzeuge wurden für eine Ganzheitskontrolle zur Volksbankmessehalle Balingen gelotst. Am Samstag fanden die Kontrollen vom frühen Vormittag bis zum Nachmittag statt, am Sonntag im gleichen Zeitraum, jedoch wurde hierbei lediglich punktuell der abfahrende Verkehr überprüft.

Zum Geschehen in der Balinger Volksbankmesse:

Zunächst wurden die Fahrzeuge auf dem Außengelände der Messehalle einer „Schnellkontrolle“ unterzogen. Sofern Anhaltspunkte für Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten vorlagen, wurden – auch in Anbetracht der wechselhaften Witterung – weitere Überprüfungen in der Messehalle vorgenommen. Traten dabei gravierende technische Veränderungen zutage, wurden die Fahrzeuge sichergestellt oder beschlagnahmt. Eine Weiterfahrt dieser Lastwagen war folglich nicht mehr möglich. Den Fahrern wurde jedoch die Möglichkeit gegeben, unzulässige und nicht genehmigte/genehmigungsfähige Anbauten zu demontieren, um – falls vorhanden – mit Ersatzteilen den vorschriftsmäßigen Zustand des Fahrzeugs wiederherzustellen.

Zur Anzahl der betroffenen Fahrzeuge:

Es wurden fünf Fahrzeuge in Verwahrung genommen, die einer näheren Begutachtung bedurften. Am Montag erfolgte der Ausbau von manipulierten Steuergeräten zur Leistungssteigerung in Fachwerkstätten, die als Beweismittel einbehalten werden. Die Fahrzeuge selber wurden anschließend freigegeben. Bei Kontrollen mussten zudem in zehn Fällen unvorschriftsmäßige Anbauten beanstandet werden, in fünf Fällen erlosch die Betriebserlaubnis. Weiterhin wurden sechs Verstöße gegen die Sozialvorschriften festgestellt.

Zur Anzahl der eingesetzten Beamten:

Es waren Einsatzkräfte der Verkehrspolizeiinspektion Tübingen und der Verkehrsdienstaußenstelle Balingen vertreten, die durch besonders fachkundige Beamte im gewerblichen Güter- und Personenverkehr mit besonderen polizeilichen Einsatzmitteln, die nicht flächendeckend vorhanden sind, unterstützt wurden. Es befanden sich auch Beamte aus Nordrhein-Westfalen sowie aus den Polizeipräsidien Konstanz, Ulm und Ravensburg im Einsatz. Insgesamt waren 42 Beamtinnen und Beamte eingesetzt.

Zu den Zielen der Kontrollaktionen:

Ein Bestandteil der polizeilichen Strategie zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ist die Verkehrsüberwachung. Im vorliegenden Fall wurden hierfür unter anderem Kontrollen durchgeführt, um die Einhaltung der einschlägigen Rechtsvorschriften zu überwachen und gegebenenfalls festgestellte Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu ahnden. Im Fokus standen dabei technische Manipulationen am Motorsteuergerät zur Leistungssteigerung und der Anbau von nicht genehmigten oder genehmigungsfähigen Bauteilen (zum Beispiel Fußgängerspiegel, Zusatzscheinwerfer, Klappenauspuffanlagen, Sonnenblenden, Frontschutzbügel, und so weiter), die regelmäßig zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führen. Ein Augenmerk lag auch auf Verstößen gegen das Kraftfahrzeugsteuergesetz oder das Bundesfernstraßenmautgesetz. Daneben ist die Überprüfung der Sozialvorschriften mit Lenk- und Ruhezeiten, Nutzung der Fahrerkarte und Eintragungen der jeweiligen Tätigkeit im digitalen Kontrollgerät fester Bestandteil jeder Ganzheitskontrolle.

Zu den „Schikane“-Vorwürfen der Trucker:

Grundsätzlich finden ganzjährig mobile und/oder stationäre Kontrollen des gewerblichen Güter- und Personenverkehrs an unterschiedlichen Orten, zu unterschiedlichen Zeiten und mit unterschiedlichen Schwerpunkten (zum Beispiel Sozialvorschriften, Gefahrgut, Abfallrecht, Ladungssicherung) statt. Die Überprüfungen erfolgen teilweise anlasslos oder – wie am Wochenende – aus konkretem Anlass. Aufgrund von Vorfeldrecherchen im Rahmen der üblichen polizeilichen Lagebewertung war mit einer Vielzahl an nicht vorschriftsmäßigen Fahrzeugen zu rechnen. Infolgedessen wurden die an- und abfahrenden Lastwagen bei der Veranstaltung überprüft. Vergleichbare polizeiliche Kontrollen fanden (und finden) auch im Kontext von Veranstaltungen/Treffen statt, bei denen Verkehrsteilnehmer mit anderen Fahrzeugarten zusammenkommen. Beispielhaft sind hier die Motorradkontrollen anlässlich des sogenannten „Halloween Rideout“ am 30. Oktober 2022 in Esslingen oder die Tuning-Kontrolle am letzten „Car-Freitag“ (15. April 2022) in Reutlingen zu nennen. Auch in diesem Jahr sind am 7. April anlässlich des „Car-Freitag“ polizeiliche Kontrollmaßnahmen geplant.

Zur Diskussion um den generalstabsmäßig geplanten Einsatz samt THW:

Professionelle Lkw-Kontrollen erfordern ein detailreiches Fachwissen, Erfahrung und technisches Equipment. Vor diesem Hintergrund entspricht die Bündelung von Experten und Einsatzmitteln für eine solche Kontrolle der gängigen Praxis. Eine wetterunabhängige Kontrollumgebung in der Volksbankmesse Balingen ist bisweilen für zeitintensive Überprüfung von zudem hochpreisigen Fahrzeugen mit hochwertiger Innenausstattung erforderlich. Weiterhin konnte den kontrollierten Personen ein Wartebereich und die Toilettennutzung angeboten werden. In der Messehalle war zudem eine sichere Verwahrung der Fahrzeuge sichergestellt. Eine logistische Unterstützung durch das THW wird regelmäßig bei größeren und länger andauernden Kontrollmaßnahmen in Anspruch genommen. Aus polizeilicher Sicht handelte es sich demnach um einen gewöhnlichen Einsatz.

Die Fragen unserer Zeitung beantworteten Lutz Jaksche, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen, und Verantwortliche der Verkehrspolizei.

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