Hechingen

Immer Hechinger geblieben: Der frühere Außenminister Klaus Kinkel ist tot

05.03.2019

von Ernst Klett

Seit beide Eltern tot waren, wurden seine Besuche unterm Zoller seltener. Aber Klaus Kinkel, der jetzt im Alter von 82 Jahren gestorben ist, ist im Herzen immer ein Sohn der Stadt geblieben.

Immer Hechinger geblieben: Der frühere Außenminister Klaus Kinkel ist tot

© Holger Much

Sein wohl letzter öffentlicher Besuch: Klaus Kinkel hielt am 3. Oktober 2018 beim Albstädter CDU-Stadtverband den Festvortrag zum Tag der deutschen Einheit.

Obwohl in Metzingen geboren, nannte der FDP-Politiker stets Hechingen seine Heimat. Kein Wunder, hier ist er aufgewachsen, hier machte er Abitur - und hier scheiterte er einst gegen Norbert Roth als Bürgermeisterkandidat. Er hat es verwunden.

Geheimdienstchef (mit dem gebürtigen Hechinger Markus „Mischa“ Wolf als gefürchtetes DDR-Gegenstück!), Bundesaußenminister und FDP-Vorsitzender waren keine schlechten Alternativen für den Schultesposten.

Dem ist er bei den regelmäßigen Elternbesuchen in der Heiligkreuzstraße und bei zahlreichen Wahlkampfauftritten engstens verbunden gewesen. Da staunte der Dußlinger Redakteur, als ihm Klaus Kinkel einst verriet, dass er und seine Frau immer das Hohenzollernlied anstimmen, wenn sie auf der B 27 auf Höhe des besagten Steinlachdorfes der Burg ansichtig werden!

Anderen hätte man das vielleicht nicht abgenommen, aber Klaus Kinkel war ebenso umgänglich wie glaubhaft. Eben ein Schwabe durch und durch. Bei aller Verbundenheit: Kinkels letztes Gastspiel vor ganz, ganz großem Publikum liegt schon eine ganze Weile zurück.

Zuletzt war er am noch am letztjährigen Tag der deutschen Einheit als Festredner beim Albstädter CDU-Stadtverband in Margrethausen.  Und beim Neujahrsempfang im Januar 2013 platzte das Hechinger „Museum“ schier aus den Nähten, und der berühmte Freidemokrat schwäbelte sich anekdotenreich durch seine Vergangenheit.

Der Weltpolitiker erinnerte sein begeistertes Publikum an den ungeliebten Klavierunterricht bei Maria Bühler („so gar nicht meine Sach’“), das Fußballspielen mit „Baby Jetter“ als Obertorplatz-Champion, die Streiche mit den Gebrüdern Hellstern, die Freundschaft mit Dieter Hömig und Gerd „Pille“ Wissmann, das Abitur mit Uli Aufdermauer und Adolf Vees, seine Zeit als Ministrant („meist nur Kerzenhalter-Staffage“) – und die Jugendliebe Ursula Vogel, die seine Ehefrau wurde.

Als Wahlkämpfer für seine FDP war Klaus Kinkel auch danach wiederholt zu Gast unterm Zoller. Allerdings begnügte sich der kleine Ortsverein dann immer mit dem Konstantinsaal.

Die Kinkel innig verbundene Anhängerschaft füllte den meist bis auf den letzten Platz. Unvergessen sein Auftritt im September 2013 mit der düsteren Prognose: „Die fliegen raus aus dem Bundestag!“ Kinkel sollte tatsächlich Recht behalten, die Liberalen mussten ins Jammertal.

Ebenfalls bemerkenswert: Mit dabei war stets „Joda“, der schwarze und lammfromme Labrador, der zuhause der Familienchef war. Zum letzten Mal in seiner Heimatstadt war Klaus Kinkel im vergangenen September.

Als Schirmherr feierte er mit Kinder brauchen Frieden das 25-jährige Bestehen des Vereins. Bis zuletzt unterstützt hat der einstige Spitzenpolitiker den Stiftskirchen-Förderverein.

Die Stadt Hechingen hat unmittelbar auf die Todesnachricht aus Sankt Augustin bei Bonn reagiert: Bürgermeister Philipp Hahn sorgte dafür, dass am Gymnasium (wo Klaus Kinkel Schülersprecher war) halbmast geflaggt wird, und das ist ab heute auch vor dem Rathaus der Fall (wenn die Fasnetsbändel weg sind).

FDP-Ortsvereinsvorsitzender Daniel Idelmann würdigte den Verstorbenen als herausragende liberale Persönlichkeit und großen Europäer. Der habe, so weiß man auch bei den Freidemokraten vor Ort, bei all seinem politischen Wirken im In- und Ausland nie seine Heimat vergessen.

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