Balingen

ISEK-Bürgerworkshop in Frommern: Teilnehmer sehen Handlungsbedarf bei Stadtbild und Verkehr

12.03.2024

Von Jasmin Alber

ISEK-Bürgerworkshop in Frommern: Teilnehmer sehen Handlungsbedarf bei Stadtbild und Verkehr

© Jasmin Alber

Um ganz konkrete Ideen für die Zukunftsvision ging es beim Bürgerworkshop – hier drei Vorschläge für das Frommerner Zentrum.

Der neben der Kernstadt größte Stadtteil und Balingens kleinster werden zusammen mit Dürrwangen in der aktuellen ISEK-Runde genau unter die Lupe genommen. Beim Bürgerworkshop am Montagabend in Frommern gaben die rund 50 Teilnehmer an, was ihren jeweiligen Stadtteil lebens- und liebenswert macht. Außerdem sammelten sie Ideen für Zukunftsprojekte.

„Es ist der Auftakt in die Konzeptionierung unserer Stadtteile“, merkte Ortsvorsteher Stephan Reuß zu Beginn an. In der aktuellen Runde sind beim Integrierten Stadtentwicklungskonzept Balingen 2035 – dafür steht die Abkürzung ISEK – sind die Stadtteile Frommern, Dürrwangen und Stockenhausen an der Reihe. Er machte zudem deutlich, dass es im Workshop ums Sammeln von Besonderheiten und Zukunftsideen gehe, nicht darum, ein konkretes Konzept zu erstellen. „Es geht um eine Vision“, so Reuß.

Das Zentrum Buhren, dessen Zukunft in einem separaten ISEK-Verfahren beleuchtet wird (wir haben berichtet), sei jedoch ausgeklammert. Hierfür sei „schon die erste Idee gezeichnet“, wie Monica Väth vom Büro Pesch und Partner in ihrem Rückblick aufzeigte.

Sie stellte in ihrem Impulsvortrag vor, was Büro und Stadt bereits zum Sachstand zusammengetragen haben – Stichwort Besonderheit und Charakteristik der drei Stadtteile – und ging ebenso auf die Umfrageergebnisse ein.

Treffpunkte und Grünanlagen in den Fokus rücken

Bei dieser Form der Bürgerbeteiligung haben sich Ende 2023 Personen aus 466 Frommerner und Dürrwanger Haushalten beteiligt, was einem Anteil von 11 Prozent entspricht. Den größten Handlungsbedarf in ihren Stadtteilen sehen sie in der Mobilität (17 Prozent) und im Stadtbild (15 Prozent). In Sachen Wirtschaft finden 63 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass bei Gaststätten und Cafés etwas geschehen muss. „Treffpunkte und Grünanlagen werden als eher vernachlässigt wahrgenommen“, so Monica Väth. Knapp die Hälfte möchte, dass in der jeweiligen Ortsmitte etwas passiert, 59 Prozent bei den öffentlichen Wegen, Plätzen und Grünanlagen.

Ebenso wird der Wunsch nach mehr bezahlbarem Wohnraum deutlich (236 Personen sehen hier laut Umfrage Handlungsbedarf); ebenso nach einer Verbesserung der Fuß- und Radwegeinfrastruktur und dem ÖPNV-Angebot sowie Straßensanierungen. Aus den Ergebnissen wird aber auch deutlich, dass die Frommerner und Dürrwanger beispielsweise mit dem Schulangebot, dem Vereinsleben und dem Dienstleistungsangebot in ihren Stadtteilen zufrieden sind. Das Parkplatzangebot indes werde laut Väth „sehr unterschiedlich wahrgenommen“ – von zu viel bis zu wenig. „Das wird weiter untersucht.“

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Beim Bürgerworkshop in der Turn- und Festhalle waren die Bürger aus Frommern, Dürrwangen und Stockenhausen gefragt.

© Jasmin Alber

Beim Bürgerworkshop in der Turn- und Festhalle waren die Bürger aus Frommern, Dürrwangen und Stockenhausen gefragt.

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Beim Bürgerworkshop in der Turn- und Festhalle waren die Bürger aus Frommern, Dürrwangen und Stockenhausen gefragt.

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Beim Bürgerworkshop in der Turn- und Festhalle waren die Bürger aus Frommern, Dürrwangen und Stockenhausen gefragt.

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Beim Bürgerworkshop in der Turn- und Festhalle waren die Bürger aus Frommern, Dürrwangen und Stockenhausen gefragt.

© Jasmin Alber

Beim Bürgerworkshop in der Turn- und Festhalle waren die Bürger aus Frommern, Dürrwangen und Stockenhausen gefragt.

© Jasmin Alber

Die Information, dass die Hausarztpraxis Dr. Lay als MVZ weitergeführt wird, kam erst nach der Umfrage, merkte Ortsvorsteher Reuß mit Blick auf den Wunsch nach besserer ärztlicher Versorgung an. Darüber hinaus erläuterte er, dass ihm und dem Ortschaftsrat ein medizinisches Gesundheitszentrum auf einer konkreten Fläche beim Buhren-Zentrum vorschwebe. „Es braucht allerdings jemanden, der es baut und umtreibt.“

Unisono: Handlungsbedarf bei Mobilität und Stadtbild

Separat präsentierte Stadtplanerin Väth die Charakteristik und die Umfrageergebnisse aus Stockenhausen. Hier sind bei der Umfrage 385 Antworten aus 45 Haushalten eingegangen, was einer Beteiligung von 27 Prozent der Einwohnerschaft des kleinsten Balinger Stadtteils entspricht. Analog zu den „Nachbarn“ sehen auch die Stockenhauser den dringendsten Handlungsbedarf in der Mobilität (18 Prozent) und im Stadtbild (15 Prozent). 73 Prozent der Befragten sprachen sich für mehr Gastronomie aus. In Sachen Verkehr sehen 78 Prozent Handlungsbedarf.

Dem geäußerten Wunsch nach Einkaufsmöglichkeiten müsste mit neuen Konzepten begegnet werden, unterstrich Monica Väth, beispielsweise mit Automaten oder „Tante M“-Selbstbedienungsläden. Eine Besonderheit stellt zudem die Durchfahrtsstraße, die den Stadtteil trennt, dar: Hier passieren durchschnittlich rund 6000 Fahrzeuge täglich Stockenhausen. Durch die Neuplanungen der Buslinien werde man „von Balingen ein Stück weit abgeschnitten“, ergänzte Stephan Reuß. Die Rufbuslinie 16, die bis nach Streichen reicht, sei die am meisten frequentierte. Auf Initiative des Ortsvorsteherkollegen Rüdiger Haasis, sei man zusammen mit Peter Spieß als Ortsvorstehertrio in Gesprächen, dass überprüft wird, ob, zumindest zu bestimmten Zeiten, diese Verbindung im regulären Linienbetrieb befahren wird.

Auch zum Hurdnagel-Ausbau und -Anschluss an die B463 – ein Dauerbrennerthema, vor allem in Frommern und Dürrwangen – äußerte sich Reuß: Das Bebauungsplanverfahren läuft. „Es steht und fällt aber alles mit dem Regierungspräsidium und dem Bund“, unterstrich er. Und eigentlich hätte alles fertig sein sollen vor dem ersten Spatenstich für das Zentralklinikum. Dass dies aber tatsächlich so kommt, sei angesichts der verstrichenen Zeit aber unwahrscheinlich.

Fazit: In den Stadtteilen lebt es sich sehr gut

In Kleingruppen sammelten die Workshopteilnehmer – übrigens annähernd gleich viele Personen jeweils aus Frommern, Dürrwangen und Stockenhausen, obwohl die Stadtteile sich in der Einwohnerzahl deutlich unterscheiden – schließlich, was ihren Wohnort besonders macht und warum sie gerne dort leben. Die auf Karteikarten notierten Ergebnisse machten deutlich: In den drei Stadtteilen lebt es sich sehr gut.

Gute Verkehrsanbindung, das Wohnklima, kurze Wege auch nach Balingen, ein reges Vereins- und kulturelles Leben wurden dabei für Frommern und Dürrwangen ebenso genannt wie eine breite Auswahl an Schulen und gute Einkaufsmöglichkeiten. Ein Stockenhauser Teilnehmer stellte fest, dass es in dem Ort auch ohne Vereine einen sehr guter Zusammenhalt gibt – dass die Gemeinschaft das große Fest zum 100. Geburtstag des Schul- und Rathauses im vergangenen Sommer gestemmt habe, sei der beste Beweis dafür. Stockenhausen sei zudem eine tolerante Gemeinde und es sei ein guter Mix aus Alt und Jung. Eines wissen die Bewohner aller drei Stadtteile zu schätzen: die hohe Wohnqualität und die schöne Umgebung – sei es die Natur in nächster Nähe oder der Ausblick auf die Balinger Berge.

Fähnchen und bunte Punkte auf dem Luftbild

Nach den Grundlagen waren die Workshopteilnehmer erneut gefragt, und zwar für ganz konkrete Maßnahmen, mit denen aus ihrer Sicht die Identitäten der Stadtteile weiter gestärkt werden können. Insgesamt also eine Zukunftsvision von Handlungsfeldern. Diese wurden mit Fähnchen, Piktogrammen oder bunten Aufklebern mit ergänzenden Informationen auf Luftbildern an Ort und Stelle markiert.

Neben den Stadtplanern des Büros Pesch und Partner standen den Workshopteilnehmern auch Amtsleiterin Sabine Stengel und Sanel Dacic, ISEK-Projektleiter beim Balinger Amt für Stadtplanung und Bauservice, bei dem Festlegen der Zukunftsvisionen zur Seite.

Für die Stockenhauser Gruppe hat die Verkehrssicherheit hohe Priorität (beispielweise mittels einer Verkehrsentschleunigung schon an den Ortseingängen und die Entschärfung der Gefahrenstelle am Friedhof), gefolgt von dem Nutzungskonzept für das alte Schul- und Rathaus, damit dieses „mit Leben befüllt wird“, wie eine Bürgerin meinte. Ein wichtiger Punkt sei zudem die Verbesserung der ÖPNV-Anbindung. Weitere Markierungen auf dem Luftbild zeigten den Wunsch nach Angeboten für junge Menschen ab 14 Jahren, beispielsweise im alten Feuerwehrmagazin, die Natur erlebbar zu machen, unter anderem durch das Aufstellen einer Albliege, oder dass der Schalksbach zugänglich gemacht wird. Die Gruppe regte auch eine Aufwertung des Dorfplatzes und des Friedhofs an und markierte eine Stelle, wo ein Lebensmittelautomat mit regionalen Produkten zur Grundversorgung aufgestellt werden könnte und wo ein Mitfahrbänkle.

Zwei Gruppen, viele gleiche Ideen

Für Frommern und Dürrwangen gab es zwei Tische für die Gruppenarbeit. Obwohl die Teilnehmer unabhängig voneinander Ideen sammelten, gab es viele gleiche Maßnahmen, die aufgesteckt wurden.

Die Hurdnagelplanungen müssten weiter in die Stadtteile gedacht werden, Stichwort Sicherheitsaspekte. „Auch Kern und Sohn und Weiss Technik brauchen dringend die B463-Anbindung“, konstatierte ein Bürger mit Blick auf die großen Arbeitgeber in Frommern. Das würde auch den Schwerlastverkehr aus dem Ort bringen.

Es ging zudem darum, Radwege an manchen Stellen sicherer zu machen und sichere Übergänge für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen. Bei möglichen Orten für weitere Angeboten für junge Menschen – Überlegungen gingen hin zum Bereich beim Sportplatz – sollten am besten die Jugendlichen mit ins Boot geholt werden, so eine Anregung. Am Hindenburgplatz, „der vor sich hindümpelt“, müsse etwas geschehen, wenn auch nicht mit höchster Priorität.

Zubringerbusse zum Bahnhof

Ebenfalls eine Idee aus beiden Gruppen: die Eyach zugänglich und erlebbar machen, zum Beispiel beim Sportplatz, und Plätze für Kinder, Jugendliche und Senioren zu schaffen oder bestehende aufzuwerten. Die Fähnchen am Schiefersee wiesen auf fehlende Infrastruktur hin – Ideen hier sind der Bau eines Kiosks samt sanitärer Anlagen.

Eine Gruppe regte an, Zubringerbusse zum Bahnhof zu schaffen. Und, so gab es ein Teilnehmer den Verantwortlichen auf den Weg: Welche Auswirkungen hat der Bau des Zentralklinikums auf die Stadtteile, beispielsweise was neue Baugebiete und neuen Wohnraum angeht?

Markant sei, so Fabian Deckel vom Stadtplanungsbüro, dass von den Teilnehmern viel an die Kinder und Jugendlichen gedacht wurde, sei es vom schönen Spielplatz bis hin zu Orten für Jugendtreffpunkte.

Ergebnisse werden im Herbst/Winter vorgestellt

Reuß’ Zusammenfassung nach drei Stunden Info und Ideensammeln: „Gutes erkennen und erhalten und Neues schaffen.“ Jetzt sind die ISEK-Verantwortlichen im Büro Pesch und Partner am Ball. Voraussichtlich im Herbst/Winter sei das aus den Umfrage- und Workshopergebnissen zusammengestellte Konzept fertig und werde im Ortschafts- und Gemeinderat präsentiert, sagte Monica Väth zum weiteren Zeitplan.

Die drei Stadtteile in ZahlenZur Besonderheit und Charakteristik haben die ISEK-Verantwortlichen Daten über die Stadtteile zusammengestellt. In Frommern – erste urkundliche Erwähnung anno 793 – und Dürrwangen – erste urkundliche Erwähnung im Jahr 1064 – gibt es 4054 Haushalte, die Einwohnerzahl liegt bei 6252 (Frommern: 4684; Dürrwangen: 1568). Die Stadtteile erstrecken sich auf eine Gemarkungsfläche von 11745 Quadratkilometern. Daraus ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von 532 Einwohnen je Quadratkilometer. Der Zusammenschluss der beiden einstmals eigenständigen Gemeinden erfolgte im Jahr 1937, die Eingemeindung nach Balingen 1975.

Stockenhausen ist der kleinste der 13 Balinger Stadtteile mit 167 Haushalten und 273 Einwohnern. Die Markungsfläche liegt bei 1375 Quadratkilometern, die Bevölkerungsdichte demnach bei 198 Einwohnern je Quadratkilometer. Erstmals wurde Stockenhausen 1094 urkundlich erwähnt. Die Eingemeindung nach Frommern erfolgte 1971, nach Balingen vier Jahre später.

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