Balingen

Hochkarätige Wimmelbilder lassen staunen: WON ABC stellt seine Graffiti-Kunst in Balingen aus

02.04.2024

Von Barbara Szymanski

Hochkarätige Wimmelbilder lassen staunen: WON ABC stellt seine Graffiti-Kunst in Balingen aus

© Barbara Szymanski

Markus Müller alias WON ABC kreiert mit Pinsel und Spraydose bis ins Absurde gedrehte Fabeltiere.

Markus Müller wird den Balingern wohl eher unter seinem Künstlernamen WON ABC bekannt sein: Er hat im Sommer 2019 den giftgrünen Drachen – ein fassadenhohes Graffito – an die Frommerner Schwelhalle gesprayt. Viel mehr seiner (Graffiti-)Kunst stellt er derzeit in Balingen aus. Und der Münchner zeigt damit, wie vielseitig diese Kunstform ist und, wie im Falle von WON ABC, bis ins Absurde gedrehte Geschichten erzählen kann.

Kunst oder Comic oder beides? Das alles kann Graffiti – wenn nicht nur ärgerliche Buchstabenketten an Wänden aller Art prangen. Markus Müller jedenfalls fühlt sich mit seinen Farben explodierenden und Geschichten erzählenden figürlichen Graffiti als Transformator und Künstler. Er wandelt also die Welt um, wie sie uns eigentlich nicht gefällt, aber staunend die Augen aufreißen lässt vor seinen teils übergroßen Exponaten.

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So wie in der Ausstellung im Kunsthaus in Balingen, diesmal über zwei Stockwerke. Müllers bis ins Absurde gedrehten Fabeltiere, Gnome, Trolle, Bestien, Würmer, wilde Wellen oder Fieslinge wie blaue Lindwürmer. Gerade diese langgezogenen Wesenheiten eignen sich nämlich für Graffiti an Zügen oder trostlosen Mauern.

Ein Meisterschüler der Kunstakademie

Eine große Sprühdose davon kann Markus Müller alias WON ABC verteilen von seiner Karriere, die er nicht verschweigt: illegale Trainbombings sagen Insider dazu. Er ist erwischt und hart bestraft worden, obwohl er die Münchner Kunstakademie als Meisterschüler im Fach Fluxuskünstler verließ. Das übt er nun aus – und wie!

Aber was steckt hinter WON ABC als Pseudonym? „WON ist ein Zufallsname, ABC unsere Münchner Sprayergruppe.“ Kurz angebunden ist Markus Müller, der auch bei der Frage, warum diese Wesen wie in Comics mit nur vier Fingern überwiegend unfreundlich aus seinen Bildern herausschauen: „Die Welt ist grausam“, stellt er ganz cool fest.

Gar nicht cool ist Galerist Walter Meinlschmidt. Er glüht vor Begeisterung und vielleicht auch wegen seins Muts, sein Kunsthaus auch für Sperriges, Außergewöhnliches, Grenzwertiges zu öffnen und er stolz „den gefeierten, international anerkannten Künstler“ ankündigen kann.

Extreme Gestaltungs- und detailverliebte Mallust

Jedenfalls sind diesmal auch viele junge Leute zugegen. Sie feixen, murmeln, schauen, fachsimpeln und verweilen lange vor den hochkarätigen, spektakulären Wimmelbildern. Gibt es einen roten Faden, eine Botschaft? Nein, nur extreme Gestaltungs- und fast schon triebhafte, detailverliebte Mallust mit Dose oder Pinsel.

Hochkarätige Wimmelbilder lassen staunen: WON ABC stellt seine Graffiti-Kunst in Balingen aus

© Barbara Szymanski

Die Werke des Künstlers sind vielseitig und – meistens jedenfalls – sehr farbenprächtig.

Wahrhaft unsere ganze Welt ist vereint auf seinen Exponaten: Blumen, Pilze, Herzen, schäumendes Wasser und ein Mini-Buddha mit zwei Armenpaaren und blauem Lockenhaar. Nichts ist vor dem Zerstäuber WON sicher: keine Panzer oder Zug-Garnituren unserer Deutschen Bummelbahn. Also doch Botschaften. Und mitten drin Che Guevara oder ein Porträt von Jimi Hendrix so wie er war: experimentell, mutig wild. Ein Löwe frisst derweil dessen Gitarre.

Ein wenig Lokalkolorit ist auch zu entdecken in dieser Ausstellung, die einer aberwitzigen Inszenierung gleicht: das Hohenzollern-Wappen als Comic – ein tanzender, federnlassender Löwe mit Heiligenschein.

Heilig’s Blechle – der Betrachter reibt sich die Augen. Hier Mata Hari als Jugendstil-Ikone, dort niedliche Hühner mit Henkersknoten oder das Brezn-umwölkte sexieste Münchner Kindl, das man je zu Gesicht bekam: wirklich „comicsche“ Kunst.

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