Balingen

Hilfe in Bangladesch: Die Brücke will auch Frauen den Rücken stärken

17.09.2019

Von Renate Deregowski

Hilfe in Bangladesch: Die Brücke will auch Frauen den Rücken stärken

© Alexander Stoll

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion berichten von ihren Erfahrungen in Deutschland und Bangladesch, wie die Lebenswirklichkeit von Frauen aussieht. Von links: Lenen Rahaman, Cornelia Hoorn, Angela Roth, Moderator Hans-Peter Lauer, Christof Krackhardt, Andrea Rahaman.

Zwei Welten sind an diesem Abend aufeinander getroffen: An der Podiumsdiskussion, zu der der Förderverein Brücke Balingen-Bangladesch kürzlich eingeladen hatte, nahmen drei Teilnehmer aus dem Zollernalbkreis teil, zwei aus Bangladesch und ein „Rückkehrer“. Sie widmeten sich den Frauen und ihrer Lebenswirklichkeit in Industrie- und Entwicklungsländern.

„Wie können Frauen gestärkt werden?“ – um diese Frage drehte sich der Abend, den der Förderverein im Rahmen der Fairen Wochen veranstaltete. Moderator Hans-Peter Lauer begrüßte sechs Personen mit interessanten Biografien am Tisch.

Zwei von ihnen waren Andrea und Lenen Rahaman. Das Ehepaar mit deutschen und bengalischen Wurzeln leitet in Bangladesch die selbst aufgebaute Hilfs- und Entwicklungsorganisation Mati. Diese zielte von Anfang an auf die Stärkung von Frauen ab, wie Gründer Lenen Rahaman erklärte.

Als junger Mann war er nach Deutschland zum Studieren gekommen und der Kontakt mit der anderen Kultur änderte auch seine Sichtweise. In seinem Heimatland lebten Frauen eher versteckt, ihre Arbeit im Haushalt erhalte keine Anerkennung und sie hätten weniger Freiheiten als Männer.

Geld ist Männersache

Eine seiner ersten Fragen laute deshalb bei seiner Tätigkeit auch immer: „Hast du Geld in der Tasche?“ Das sei nicht all zu selten in Männerhand, auch wenn es von den Frauen verdient wurde, und bilde außerdem einen Indikator, ob sich die Frau eine medizinische Behandlung leisten könne – in einem Land ohne Krankenversicherung ein zum Teil überlebenswichtiger Faktor.

Gemeinsam mit seiner Frau und ihren Mitarbeitern setzt sich Lenen seit Ende der 1990er-Jahre für verbesserte Lebensbedingungen der Frauen in Bangladesch ein. Nach den Ausführungen der beiden: mit Erfolg. Mittlerweile kämen auch die Männer zu ihnen und fordern gleichwertige Unterstützung ein, meinte Andrea Rahaman.

Das Leben von Menschen in armen Ländern hat Fotograf Christof Krackhardt mit eigenen Augen gesehen und festgehalten. Er befürwortete den Ansatz, Frauen zu stärken und bestätigte, dass Projekte und Organisationen helfen, Frauen aus ihrer Isolation zu holen.

Ohne Quote bleiben die Frauen auf der Strecke

Doch auch in Deutschland sei die Stellung der Frau in Gesellschaft, Beruf und Familie nicht immer einfach, waren sich die drei weiteren Gesprächsteilnehmer einig. „Die Quotierung wird oft belächelt. Doch es wird sich ohne solch einen Anstoß nur schwer etwas ändern“, betonte Grünen-Kommunalpolitiker Erwin Feucht.

Sprachheilschullehrerin und Weltladen-Mitarbeiterin Cornelia Horn hatte dafür ein Beispiel in ihrer Biografie. Sie ist in einem kleinen Dorf aufgewachsen zu einer Zeit, in der Bildung bei Mädchen weitgehend unbeachtet wurde und es noch hieß: „Das Mädel wird sowieso heiraten.“

Ihr Lehrer hatte sich dafür eingesetzt, dass sie das Gymnasium besuchen konnte. Ein Umstand, für den sie bis heute dankbar ist. Die Heirat kam dann doch – später. In ihrer Kindheit hatte sie außerdem geprägt, dass Armen und Kranken selbstverständlich geholfen wurde. Heute unterstützt sie das Fair-Trade-Konzept.

Ein Umdenken muss stattfinden

„Wir dürfen nicht vergessen: auch in Deutschland müssen Frauen arbeiten und machen es in der Regel nicht aus Spaß, sondern aus Notwendigkeit“, sagte Angela Roth. Als Vorsitzende des Arbeitskreis Unternehmerfrauen im Handwerk Zollernalb sehe sie manch schwierige Situation, sobald nämlich Karrierefrau, Familienmanagerin und Bürokraft im Handwerksbetrieb des Ehemanns in einer Person vereint werden, um finanziell über die Runden zu kommen. „Bei uns muss ein großes Umdenken stattfinden. Wir haben hier genau so viele Baustellen, vielleicht auf einem anderen Niveau“, lautete ihr Resümee.

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