Schömberg

Handwerker kritisiert Schömberger Stadtverwaltung wegen Vergabepraxis – Bürgermeister kontert

21.02.2024

Von Daniel Seeburger

Handwerker kritisiert Schömberger Stadtverwaltung wegen Vergabepraxis – Bürgermeister kontert

© Daniel Seeburger

Das Rathaus spiegelt sich in der Fensterfront des früheren Musikhauses Schreijäg. Hier kommt die Schömberger Gemeindeverwaltung drei Jahre unter.

Es eilt. Schömbergs Verwaltung möchte so schnell wie möglich aus ihren jetzigen Verwaltungsräumen ins ehemalige Musikhaus gegenüber umziehen. Dann soll das Rathaus abgerissen und ein neues Rathaus gebaut werden. Jetzt kritisiert ein Handwerker die Stadtverwaltung wegen der Vergabepraxis. Bürgermeister Karl-Josef Sprenger kontert umgehend.

Bereits im zweiten Quartal dieses Jahres will die Schömberger Gemeindeverwaltung umziehen. Danach soll das bestehende Rathaus abgerissen und ein neues gebaut werden. Dafür laufen bereits erste Planungen. Drei Jahre lang soll die städtische Verwaltung im ehemaligen Musikhaus Schreijäg untergebracht sein.

Die dortigen Räume im Erdgeschoss werden dann vom Bürgermeister und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genutzt, im Obergeschoss hat weiter die Musikschule Schreijäg ihr Domizil. Ohne Umbau geht es nicht. Denn bis Ende Dezember 2023 war im Erdgeschoss ein großer Verkaufsraum. Also müssen unter anderem Trennwände eingezogen, Bodenbeläge gelegt, neue Fenster eingesetzt sowie für Steckdosen, Beleuchtung und Internetzugänge gesorgt werden. Rund 240.000 Euro sind für die Arbeiten im Gesamten veranschlagt.

Mehrere Elektrofirmen bei Vor-Ort-Termin

Es seien mehrere Elektrofirmen zu einem Vor-Ort-Termin eingeladen gewesen, führt Schömbergs Bürgermeister Karl-Josef Sprenger auf Anfrage unserer Zeitung aus. Der Inhaber eines der Betriebe aus der näheren Umgebung, der beim Vor-Ort-Termin zugegen war, kritisiert nun die Vorgehensweise der Schömberger Verwaltung. Das entsprechende Schriftstück hat er einem Teil der Schömberger und Schörzinger Gemeinderäte zukommen lassen. Es liegt auch unserer Redaktion vor. Zudem bat der die Verwaltung darum, seine Ausführungen an alle Räte weiterzuleiten.

Der Bitte kam die Verwaltung bis am Dienstagmorgen allerdings nicht nach. Das gehe so auch nicht, sagt Bürgermeister Karl-Josef Sprenger auf ZAK-Nachfrage. Da erst am Dienstag Submission gewesen sei, könne er die Ausführungen des Elektrikers erst am Mittwochmorgen an die Räte verschicken. Während die Ausschreibung laufe, sei das nicht möglich.

„In unserem Gespräch haben sie mir mitgeteilt, dass die Stadt Schömberg ein Angebot ohne Leistungsverzeichnis (LV) wünscht“, heißt es in dem Schreiben, „damit wir unsere Erfahrungen in die Angebotserstellung einbringen können.“ Gleichzeitig werde betont, „dass in jedem Büro Licht, Steckdosen und Internet vorhanden sein müssen.“

Kein Leistungsverzeichnis

Bekommen hat der Handwerker dann auch kein erhofftes Leistungsverzeichnis, sondern ein Schreiben des zuständigen Architekturbüros. Als Anhänge beigefügt waren ein Lageplan, eine Vorabstellungnahme zum Brandschutz vom Landratsamt, ein Vorabzug Werkplanung für Erdgeschoss und Untergeschoss und ein Vorabzug des Möblierungsplans.

Parallel zu seinem Angebot seien zwei weitere Angebote eingeholt worden, weiß der Elektro-Fachmann. „Wie sollen diese Angebote verglichen werden ohne Leistungsverzeichnis?“, fragt er sich dann und verdeutlicht die für ihn unglückliche Situation: „Das wäre so, als würde man einen Kleinwagen, einen Sportwagen und einen Geländewagen nur anhand des Gesamtpreises vergleichen.“

Der Elektriker weist darauf hin, dass sein Betrieb viel Zeit und Arbeit in die Erstellung der Angebote investiere. Und er zieht die Konsequenzen: „Aufgrund dieser Unstimmigkeiten und weiterer Überlegungen habe ich im Namen der Firma beschlossen, kein Angebot für den Umbau des Interimrathauses abzugeben.“

Mehrere Unstimmigkeiten

Und, so heißt es im Schriftstück weiter, man werde als ortsansässiges Unternehmen „aufgrund der in letzter Zeit vorkommenden Unstimmigkeiten bei Vergaben seitens der Ortschafts-/Stadtverwaltung, keine städtischen Aufträge mehr annehmen können.“ Das deutet nun darauf hin, dass das Unternehmen auch grundlegende Probleme mit der Stadt Schömberg und dem Ortsteil Schörzingen hat. Wo genau diese Probleme verortet sind, ist nicht bekannt. Die Firma ist aktuell unter anderem für die Straßenbeleuchtung in Schörzingen verantwortlich.

Schömbergs Bürgermeister Karl-Josef Sprenger bewertet die Sachlage völlig anders und sieht quasi eine mündliche Leistungsbeschreibung als gegeben an. „Was die Vergabe Interimsrathaus anbelangt, war die Firma eine von mehreren, mit denen wir die Räumlichkeiten besichtigt haben. Dabei wurden die notwendigen Leistungen beschrieben“, so der Bürgermeister. „Ein Angebot abzugeben oder nicht, ist Sache der Firma selbst. Erfreulicherweise liegen uns bereits Angebote vor, so dass andere Firmen wohl mit der Aufgabenstellung zurechtkamen“, so Sprenger. Es stelle sich jetzt die Frage, weshalb das entsprechende Unternehmen nicht damit zurecht gekommen sei.

Fördermittel über Stadtsanierungsprogramm

Tatsache ist, dass der Umzug in die Interimsunterkunft eilt. Denn bereits für dieses Jahr sind 125.000 Euro für den Abbruch des alten Rathauses im Haushaltsplan vorgesehen. Dazu gibt es Fördermittel über das Stadtsanierungsprogramm. Aus diesem Grund seien auch mehrere Unternehmen zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden. Der Betrag, der zu vergeben ist, liege im fünfstelligen Bereich, so Sprenger. Konkreter wollte er nicht werden.

Bis 2027 sind dann weitere 6,875 Millionen Euro für den Bau des neuen Rathauses vorgesehen. Ein detailliertes Leistungsverzeichnis für die Elektrik eines Gebäudes lasse sich kaum von der Schömberger Verwaltung erstellen, weiß ein von uns befragter Verwaltungsexperte. Also müsste ein Planungsbüro beauftragt werden. Das koste sowohl Geld als auch Zeit. Ob es dann mit einem Umzug im zweiten Quartal gelingen könne, halte er für unwahrscheinlich.

Am Mittwoch im Gemeinderat

Am Mittwochabend sind die Vergaben für das „Provisorium Rathaus“ bereits auf der Tagesordnung des Gemeinderats (Feuerwehrgerätehaus Schömberg, 19 Uhr). Hier schlägt die Verwaltung vor, dass der Gemeinderat den Bürgermeister ermächtigen soll, die Vergaben aufgrund der Vergabeempfehlungen des zuständigen Architekturbüros unabhängig von Auftragssummen zu tätigen. Denn die „Submission der LV-Beschriebe“, also der Vergleich und die Einordnung der Angebote für die Gewerke Trennwände, Bodenbeläge, Elektro- und Glaserarbeiten haben erst am Dienstag stattgefunden – zu spät, um Eingang in die Gemeinderatssitzung zu finden.

Wie läuft das mit den Vergaben? Wir haben beim Landratsamt nachgefragt

Die „Allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen“ (VOB/A) regelt die Vergaben. Dort heißt es in §2: „Abs. 1,1: Bauleistungen werden an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen zu angemessenen Preisen in transparenten Vergabeverfahren vergeben“ und Abs. 1,2: „Der Wettbewerb soll die Regel sein. Wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen sind zu bekämpfen“. In Abs. 2 steht dann: „Bei der Vergabe von Bauleistungen darf kein Unternehmen diskriminiert werden.“

Neben einer öffentlichen Ausschreibung gibt es auch eine beschränkte Ausschreibung und eine freihändige Vergabe. Bei einer freihändigen Vergabe werden Bauleistungen ohne ein förmliches Verfahren vergeben. Welches Verfahren anzuwenden ist, richte sich zunächst nach dem Auftragswert. Bei einer öffentlichen und einer beschränkten Ausschreibung sei zwingend ein förmliches Verfahren durchzuführen, so das Landratsamt. Bei beiden Formen sei zwingend ein Leistungsverzeichnis zu erstellen.

Auch bei einer freihändigen Vergabe ist die Sache nicht ganz so einfach. Das Landratsamt zitiert den Handkommentar zur VOB Heiermann/Riedl/Rusam Dort heißt es: „Ausdrücklich hinzuweisen ist darauf, dass es bei dieser Art von Wettbewerb im Interesse gerade auch des Auftraggebers liegen muss, den von ihm aufgeforderten Unternehmen eine möglichst klare und eindeutige Leistungsbeschreibung an die Hand zu geben, denn nur dann kann er erwarten, dass er wirklich vergleichbare Angebote erhält.“ Das Landratsamt führt weiter aus: „Eine rechtliche Verpflichtung zur Erstellung eines Leistungsverzeichnisses besteht hiernach bei einer freihändigen Vergabe nicht, wird aber als sinnvoll erachtet.“

Eine freihändige Vergabe könne bis zu einem Auftragswert von 50.000 Euro erfolgen. Das Landratsamt schlussfolgert, dass für den Umbau des Musikhauses für die interimsweise Unterbringung des Rathauses ein Leistungsverzeichnis nicht verpflichtend ist. „Die Anfrage bei einem bestimmten Handwerker zur Abgabe eines Angebots entspricht einer freihändigen Vergabe. (...). Auch bei einer freihändigen Vergabe sollen mehrere Anbieter zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Die Angebote sollen vergleichbar sein, weswegen eine präzise Leistungsbeschreibung seitens des Auftraggebers erforderlich ist“, heißt es in der Stellungnahme der Kreisbehörde.

Diesen Artikel teilen: