Albstadt

Gesperrter Weg ist Auslöser: Streit im Margrethauser Wald endet mit Schlägen ins Gesicht

29.02.2024

Von Dagmar Stuhrmann

Gesperrter Weg ist Auslöser: Streit im Margrethauser Wald endet mit Schlägen ins Gesicht

© Dagmar Stuhrmann

Wegen Körperverletzung: Das Amtsgericht Albstadt hat einen 54-Jährigen zu einer Geldstrafe verurteilt.

Ein 54-Jähriger ist wegen Körperverletzung angeklagt und vom Amtsgericht Albstadt zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Angeklagte der Hauptaggressor in der Auseinandersetzung mit einem Fußgänger war.

Ein 54-Jähriger musste sich am Mittwoch vor dem Amtsgericht Albstadt wegen des Vorwurfs der Körperverletzung verantworten. Kurz zusammengefasst ging es um eine körperliche Auseinandersetzung zwischen zwei Männern, die sich im März 2023 auf einem Waldweg unter dem Heersberg in Margrethausen zugetragen hat.

Viele Fragezeichen

Der genaue Sachverhalt ließ sich in der Verhandlung nicht vollständig klären. Das Gericht ging jedoch davon aus, dass der dem Angeklagten per Strafbefehl zur Last gelegte Vorwurf als zutreffend erachtet werden könne. Das Urteil: eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen, wobei 40 Euro pro Tagessatz festgesetzt wurden. Außerdem hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Auslöser des Streits zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten, einem 58-jährigen Spaziergänger, der vor Gericht als Zeuge gehört wurde, war der gesperrte Waldweg, bei dem es laut dem Geschädigten kein Durchkommen gegeben habe, worüber er sich beklagt habe.

Zuerst verbale Auseinandersetzung

Der 54-jährige Angeklagte war an dem fraglichen Tag zusammen mit seinem Bruder und einem befreundeten 27-Jährigen im fraglichen Bereich dabei, Holz einzuschlagen. Dabei kamen auch Fahrzeuge zum Einsatz, durch die auf dem Weg eine Engstelle entstand. Zunächst kam es offensichtlich angesichts der Wegsperrung zu einer verbalen Auseinandersetzung, die dann aber ins Körperliche eskalierte.

Schimpfwörter und Drohungen

Es sollen diverse Schimpfwörter benutzt und Äußerungen wie „Ich mach Dich he“ gefallen sein. Der Angeklagte gab an, vom Geschädigten mit einer mit einem Schloss versehenen Hundeleine geschlagen worden zu sein, wodurch er eine Verletzung an der Lippe erlitten habe. Der Geschädigte wiederum sagte als Zeuge aus, dass der Angeklagte ihn mit einer Art Beil bedroht und, als er bäuchlings auf dem Boden gelegen und der Angeklagte auf ihm gesessen habe, mit Faustschlägen am Kopf malträtiert habe.

Was gilt als sicher?

Was den genauen Hergang angeht, blieben viele Fragezeichen. Als sicher kann aber wohl angesehen werden, dass nach den gegenseitigen verbalen Attacken der Geschädigte, der mit seinem Hund unterwegs war, zuerst auf dem am Boden liegenden Angeklagten saß. Zuvor war er von diesem ein Stück weit auf dem Weg zurückgedrängt worden.

Als sicher kann auch gelten, dass der Geschädigte in der Folge von den beiden Helfern von dem Angeklagten „heruntergezogen“ wurde und daraufhin der Angeklagte die Oberhand gewann und auf dem Spaziergänger zum Sitzen kam. Bei all dem ist es dann auch – das zeigen Fotos und Krankenhausberichte – zu mehreren Faustschlägen und einem gebrochenen beziehungsweise ausgekugelten Finger gekommen.

Rekonstruktion nicht einfach

Den Sachverhalt zu rekonstruieren, sei nicht einfach, sagte der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer. Mit „hinreichender Sicherheit“ könne jedoch ein Bild festgehalten werden. Es habe gegenseitige Provokationen gegeben. Wer jedoch angefangen habe, wer also der erste Aggressor gewesen sei, lasse sich nicht mit Sicherheit sagen.

Sappie und Hundeleine

Zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten sei dann durch das Beiführen einer Sappie – ein axtähnliches Werkzeug, das beim Holzmachen zum Einsatz kommt – und einer Hundeleine mit Schloss eine bedrohliche Situation entstanden. Es habe ein gegenseitiges Drohverhalten gegeben, da – so der Staatsanwalt – sich beide Beteiligten in der Situation gesehen hätten, sich verteidigen zu müssen.

Steigender Adrenalinspiegel

Daraufhin sei bei den Kontrahenten der Adrenalinspiegel gestiegen, was dazu führte, dass das Wahrnehmungsbild sich veränderte und beide meinten, Recht zu haben. Bedenklicher sei es geworden, als sich die Auseinandersetzung zunächst durch das Einschreiten der beiden Helfer beruhigt zu haben schien, der Geschädigte dann aber am Boden lag und davon ausgegangen werden müsse, dass er sich durch Schläge auf den Hinterkopf und auf die Hände von dem Angeklagten bedroht und sich genötigt sah, sich mit der Leine zu wehren.

„Rage-Reaktion“

Dass der Angeklagte in dieser Situation, als keine Gefahr mehr von dem Geschädigten ausgegangen sei, abermals auf diesen losgegangen sei, hat nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nichts mit Notwehrrecht zu tun, sondern sei aufgrund einer „Rage-Reaktion“ und Rachegelüsten erfolgt.

Die Provokation sei, so der Staatsanwalt, nicht ausschließlich von dem Angeklagten ausgegangen, er sei aber mit Sicherheit als treibende Kraft zu betrachten und „klar als Hauptaggressor“ zu sehen. Der Angeklagte habe dem besonderen Aggressionspotenzial nicht widerstehen können, als er sich in der Überlegenheit bestätigt gesehen habe.

Geldstrafe verhängt

Das Gericht verhängte die oben genannte Geldstrafe. Der Sachverhalt habe sich, so die Richterin in ihrer Urteilsbegründung, so zugetragen wie es dem Strafbefehl zugrunde liege. Zu dieser Einschätzung sei sie aufgrund der gemachten Zeugenaussagen gekommen. Auf dem Waldweg sei es zu einer verbalen und dann auch körperlichen Auseinandersetzung gekommen.

Beim Strafmaß berücksichtigte das Gericht, dass die Verletzungsfolgen „noch übersehbar“ gewesen seien und es schlimmer hätte ausgehen können. Zu Lasten des Angeklagten wirkte sich allerdings aus, dass er bereits einschlägig wegen Körperverletzung vorbestraft sei.

Notwehrrecht nicht gegeben

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte auf dem Geschädigten gekniet und mit Fäusten in den Kopfbereich geschlagen habe. Die Situation sei aggressiv und aufgeladen gewesen. Im Zuge der Rangelei sei dem Geschädigten auch ein Finger gebrochen worden. Notwehrrecht sei zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben gewesen.

Bruder sagt nicht aus

Der Bruder des Angeklagten war als Zeuge geladen, äußerte sich jedoch nicht. Der 27-jährige weitere Zeuge gab an, maßgebliche Punkte – in Bezug auf mögliche Faustschläge – nicht gesehen zu haben. Der Polizist, der nach dem Vorfall die Vernehmungen durchgeführt hatte, sagte vor Gericht ebenfalls aus. Auf der Grundlage der Vernehmungen könne nicht gesagt werden, wer angefangen habe, meinte auch er. Er berichtete von einem Video von der Auseinandersetzung, das der 27-jährige Zeuge aufgenommen und dann aber unwiederbringlich gelöscht habe.

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