Albstadt

Forum Alte Musik Burgfelden: Mit Bachs Goldberg-Variationen auf musikalischer Traumreise

06.06.2023

Von Barbara Szymanski

Forum Alte Musik Burgfelden: Mit Bachs Goldberg-Variationen auf musikalischer Traumreise

© Barbara Szymanski

Musik, die die Seele berührt: Das Yara-Ensemble bei seinem Auftritt in der Alten Michaelskirche in Burgfelden.

Das Yara-Ensemble überzeugte bei seinem Auftritt im Rahmen der Reihe „Forum Alte Musik Burgfelden“. Das Konzert war ausverkauft.

Wer an Goldberg-Variationen von Bach denkt, dem fällt wohl sofort Glenn Gould ein und seine geniale, weltbekannte Interpretation. Respekt- und genussvoll spielte er diese alte Musik, wenn er auch etwas kauzig am Piano wirkte.

Vieles ist alt

Beim ausgebuchten Konzert „Goldbergs Träume“ in der Michaelskirche in Burgfelden ist nichts kauzig, aber vieles alt wie die Kirche aus dem 11. Jahrhundert mit ihren Wandmalereien selbst. Auch die Geigen von Florian Moser und Martin Schneider von 1780 und das Cello von Felix Thiedemann von 1846 sind bejahrt samt ihren ungewöhnlich geformten Bögen, mit Schafsdarm bespannt.

Mit Tempo und Schwung

Aber wirklich jung sind die Saitenmusiker des Yara-Ensembles mit Rodrigo Belío am Cembalo. Sie spielen nicht vom Blatt, sondern vom Tablet. Doch das Klangbild soll laut Musiker apodiktisch klingen ganz so, wie Johann Sebastian Bach, Heinrich Ignaz Franz Biber, Arcangelo Corelli, Telemann, Händel und Jean-Marie Leclair es weiland der Musikwelt schenkten. Wenn es wirklich so geklungen hat vor 400 Jahren, dann könnten damals manche an Teufelswerk gedacht haben: so viel aberwitziges Tempo, fast schon wolllüstige Tiefe des Ausdrucks, verführerischer Schwung.

Als Schlafmittel komponiert?

Dabei sind die Goldberg-Variationen vermutlich als Schlaf- und Beruhigungsmittel komponiert worden für einen ruhelosen Grafen, dessen Nachname in zig Schreibweisen auftaucht. Während die Grundmelodie der Goldberg-Variationen bei vielen fest im Gehörgang verankert ist, müssten selbst geneigte Zuhörer für die gut 30 Variationen des Themas – am Stück dargeboten - schon eine Menge an Konzentration mobilisieren.

Publikum wird auf eine Traumreise geschickt

Und wie begegnet das Yara-Ensemble diesem Effekt? Es schickt uns auf eine Traumreise und würzt, umgarnt und unterbricht die Goldberg’schen Fingerübungen mit der Partita 6 von Biber, der Trisonate h-moll von Corelli und dem Präludium und Fuge BWV 894 von Bach. Und das auf eine großartige Weise fast übergangslos und ineinander feinsinnig verflochten.

Leuchtende Farbflächen entstehen

Niemand kann da einfach mal wegdösen. Zumal Rodrigo Belío am Cembalo sitzt und ohne große Gesten und fast schon tiefenentspannt auf diesem sonst etwas betulich und silbrig klingenden Instrument nachgerade tobt. Ist das wirklich ein Cembalo, das Spannung durch unzählige Triller und mannigfache Verzierungen erzeugen muss, weil sonst ohne Pedale kaum Dynamik entstünde? Leuchtende Farbflächen entstehen, Glissandi wie gemalt, die Figuren technisch vollkommen ausgeziert. Und das alles mit einer ungebremsten Energie, unfassbar hohem Tempo und geschliffener Technik, durch die jeder einzelne Ton noch so entfesselter Tonleitern und kühnen Harmonien wahrzunehmen ist.

Ein Gesamtkunstwerk entsteht

Nach der Pause mäandert die versprochene Traumreise in die Welt der Alten Musik weiter durch das historische Gemäuer der Kirche mit vom Ensemble instrumentierten Tonwerken und wird zum Gesamtkunstwerk. Und das sind unter anderem Gullivers Reisen von Telemann, der Trisonate op. 2 Nr 6 von Händel und dem bearbeiteten Flötenstück Deuxieme Recreation op. 8 von Jean-Marie Leclair. Klingen diese Kompositionen mithin anders mit den alten Instrumenten und der Spielweise des Yara Ensembles?

Fest steht: Die höchst differenzierten Klanggebäude dieses bemerkenswerten Konzerts haben die Seele bewegt.

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