Stetten a.k.M.

Faszination Wasserhöhle: Drei Tauchexperten entführen in den Höhlenkomplex unter Frohnstetten

20.03.2024

Von Karl-Peter Neusch

Faszination Wasserhöhle: Drei Tauchexperten entführen in den Höhlenkomplex unter Frohnstetten

© Andreas Kücha

Seit mehr als 20 Jahren erkunden Mitglieder der Höhlenforschungsgruppe Ostalb-Kirchheim die Frohnstetter Wasserhöhle im Schmeiental, wobei jeder Tauchgang eine extreme physische und psychische Herausforderung darstellt.

Das Mysterium des Unbekannten übt auf den Menschen oft eine ungeheure Anziehungskraft aus – diese altbekannte Weisheit bewahrheitete sich in eindrucksvoller Weise bei dem vom Frohnstetter Albverein organisierten Multimediavortrag der Höhlenforschungsgruppe Ostalb-Kirchheim über die geheimnisvollen Tiefen der Frohnstetter Wasserhöhle im Schmeiental. Drei Tauchexperten informierten die Besucherinnen und Besucher über die Höhlenwelt unter dem Heimatdorf.

Der große Rösslesaal vermochte am Abend des Multimediavortrags trotz aller Bemühungen nicht alle Interessenten aufzunehmen, die gekommen waren, um von den Tauchexperten Dr. Salvatore Busche, Oliver Schöll und Werner Gieswein aus erster Hand zu erfahren, welch faszinierende Unterwasserwelt sich unter ihrem Heimatdorf verbirgt. Dabei geht die Geschichte der Entdeckung und Erforschung weit in die Vergangenheit zurück.

Höhle wurde 1964 entdeckt

Schon lange war in Frohnstetten bekannt, dass nahe bei den Schmeienhöfen vor allem nach der Schneeschmelze oder längeren Regenperioden ein dicker Wasserstrahl aus einer Felsspalte hervorschoss. 1964 wurde diese Öffnung erweitert und die örtliche Feuerwehr versuchte, den dahinterliegenden Hohlraum auszupumpen. Als sich aber trotz stundenlangen Bemühens der Wasserstand nicht abgesenkt hatte, lag die Vermutung nahe, dass sich ein größeres Wasserreservoir in der Tiefe verbergen müsse.

Damit war das Interesse der Höhlenforscher natürlich geweckt. Allerdings wurden die Experten zunächst relativ schnell wieder gestoppt, weil es nach 40 Metern kein Weiterkommen gab. Erst Werner Gieswein von der Höhlenforschungsgruppe Ostalb-Kirchheim stieß dann durch Zufall auf die Weiterführung des Höhlenganges. Bei der Freilegung einer eingeklemmten Haspel entdeckte er ein Loch in der Felswand, aus dem Wasser in den Schacht sprudelte.

Felsplatte im Weg

Nach mühsamer Erweiterung dieser Engstelle verhinderte bald eine mächtige Felsplatte das Weiterkommen. Gebannt verfolgten die Besucher die Schilderungen von Oliver Schöll, mit welchen zum Teil abenteuerlichen Hilfsmitteln versucht wurde, dieses unförmige Hindernis zu beseitigen. Schließlich gelang es, den Felsblock mit Hilfe eines Flaschenzuges und mehreren platzierten Umlenkungen anzuheben und aufzustellen.

Faszination Wasserhöhle: Drei Tauchexperten entführen in den Höhlenkomplex unter Frohnstetten

© Karl-Peter Neusch

Organisator Wolfgang Seßler (Mitte) sowie die neue Vertrauensfrau der Ortsgruppe, Sabrina Breithaupt, bedankten sich bei den drei Referenten Salvatore Busche, Oliver Schöll und Werner Gieswein für ihre spannenden Schilderungen und eindrucksvollen Bilder.

Um ein Umkippen zu verhindern, wurde der Block schließlich mit zwei Edelstahlketten doppelt fixiert. „Es war der Wahnsinn, was wir hier alles versucht haben, um den ‚Sargdeckel‘ anzuheben und ein Durchtauchen dieser Engstelle, die seither nur ‚die Mausefalle‘ heißt, zu ermöglichen.“

Über 400 Tauchgänge hinter sich

Doch nun war die Fortsetzung des Hauptganges frei und Tauchspezialisten wie Salvatore Busche konnten mit der eigentlichen Erforschung beginnen. Er selbst hat in der Höhle inzwischen über 400 Tauchgänge absolviert und zeigte sich beim Vortrag begeistert von den spannenden Entdeckungen, die er dort im Laufe der Zeit gemacht hat.

Beeindruckend sei vor allem das kristallklare, 9 Grad Celsius kalte Wasser beim Eintauchen sowie die speziellen seltenen Gesteinsformationen (Anastomosen) im Deckenbereich mancher Abschnitte, die von den Tauchern aufgrund ihrer bizarren Form nur „Elefantenfüße“ genannt werden. Auch versteinerte Muscheln, Seeigelstacheln und Fischreste aus dem Jurameer könne man hier finden. Als einziger lebendiger Höhlenbewohner wurde der Bachflohkrebs nachgewiesen, ein weißer Albinokrebs, der ohne Licht leben kann.

Salvatore Busche gelang es, die Besucher mit seiner Schilderung einer Höhlenbetauchung von der Vorbereitung bis zum Vordringen an den Endpunkt nach 400 Metern und die mühsame und gefährliche Rückkehr zur Ausgangsstelle, in seinen Bann zu ziehen.

Wichtigstes Untensil und „Lebensversicherung“

So erfuhr man unter anderem, dass Höhlentaucher ihre Luftgemischflaschen wegen der Engstellen in der Höhle nicht auf dem Rücken, sondern an der Seite tragen. „Das wichtigste Utensil und gleichzeitig unsere Lebensversicherung ist aber die im Höhlengang fixierte Sicherungsleine“, so Busche. Da beim Eintauchen viel Bodensediment aufgewirbelt wird, erfolgt der Rückweg quasi im „Blindflug“ mit der Leine als einzige Orientierung.

Taucher kommen an ihre Grenzen

Diese massive Orientierungseinschränkung sowie das Passieren extremer Engstellen machen eine Betauchung der Frohnstetter Wasserhöhle zu einem nicht ungefährlichen Abenteuer, das die Taucher in Grenzbereiche ihrer physischen und psychischen Belastung bringt, zumal die Höhle komplett mit Wasser gefüllt ist und keinerlei Trockenräume aufweist, in die man sich in Notsituationen retten könnte.

Deswegen ist es auch nur einer handverlesenen Anzahl an Spezialisten überhaupt möglich, den Wasserhöhlenkomplex unterhalb von Frohnstetten mit kalkulierbarem Risiko zu betauchen. „Nach genau 427 Metern und einer maximalen Tiefe von 30 Metern haben wir das Ende der Höhle erreicht“, ist sich Salvatore Busche ziemlich sicher. Hier habe man nur noch enge Unterwasserspalten vorgefunden, die keine betauchbare Fortsetzung des Höhlenganges mehr vermuten lassen.

Am Ende des spannenden Vortrags gab es als kleine Zugabe noch einen 10 -minütigen Film über einen der Tauchgänge, die jedem Besucher noch einmal die Faszination der Frohnstetter Wasserhöhle nahebrachte.

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