Balingen

Enterokokken im Balinger Leitungswasser: Landratsamt gibt Auskunft über Gefahren und Auswirkungen

09.12.2022

von Pressemitteilung

Enterokokken im Balinger Leitungswasser: Landratsamt gibt Auskunft über Gefahren und Auswirkungen

© Klaus Irion

Mitarbeiter der Stadtwerke sind am Freitagmorgen am Binsenbol-Hochbehälter im Einsatz, um eine weitere Wasserprobe zu entnehmen.

Was sind Enterokokken? Wie gefährlich sind sie für den Menschen und wie lange muss das Leitungswasser noch abgekocht werden? Wir haben beim Landratsamt nachgefragt.

Nach einer positiven Probe im Binsenbol-Hochbehälter wird das Leitungswasser für Balingen, Engstlatt, Ostdorf, Endingen und Frommern am Freitag erneut untersucht. Ergebnisse sind allerdings erst bis Montag zu erwarten, weshalb das Wasser über das Wochenende weiter abgekocht werden muss.

Dass es nicht schneller geht, liegt nach Auskunft der Sprecherin der Stadtwerke Balingen, Tamara Sauer, schlicht an gesetzlichen beziehungsweise wissenschaftlichen Vorgaben. Die Beprobung sei ein festgeschriebener Prozess, der immer mindestens 48 Stunden in Anspruch nehme. „So lange muss die Probe in den Brutschrank gelegt werden, da können wir gar nichts machen.“ Der Prozess sei aber bereits angelaufen.

Probe vom 6. Dezember

Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass die Verunreinigung mit Enterokokken bereits einige Tage im Balinger Trinkwasser vorhanden war, ehe eine Routineprobe dies zutage förderte. „Ja, die Probe selbst stammt vom 6. Dezember“, erklärt Sauer. Bislang habe es aber aus der Bevölkerung noch keine einzige Rückmeldung gegeben, die auf einen direkten Zusammenhang zwischen der darin festgestellten Verunreinigung und einer gesundheitsschädigenden Folge schließen ließe, betont die Stadtwerkesprecherin.

Nach Aussage von Stadtwerkeleiter Harald Eppler werden dem Trinkwasser „im Durchschnitt zweimal im Monat Proben entnommen“. Dazu kämen Extra-Entnahmen nach jeder Baumaßnahme, die im Zusammenhang mit der Wasserversorgung steht.

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Am und vor allem im Hochbehälter Binsenbol waren die Stadtwerke-Mitarbeiter gestern im "Chlor"-Einsatz.

© Klaus Irion

Am und vor allem im Hochbehälter Binsenbol waren die Stadtwerke-Mitarbeiter gestern im "Chlor"-Einsatz.

© Klaus Irion

Am und vor allem im Hochbehälter Binsenbol waren die Stadtwerke-Mitarbeiter gestern im "Chlor"-Einsatz.

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Am und vor allem im Hochbehälter Binsenbol waren die Stadtwerke-Mitarbeiter gestern im "Chlor"-Einsatz.

© Klaus Irion

Am und vor allem im Hochbehälter Binsenbol waren die Stadtwerke-Mitarbeiter gestern im "Chlor"-Einsatz.

© Klaus Irion

Der Hochbehälter Heuberg ist mit dem Hochbehälter Binsenbol vernetzt.

© Klaus Irion

Der Hochbehälter Heuberg ist mit dem Hochbehälter Binsenbol vernetzt.

© Klaus Irion

Wenn der Fall der Fälle eintritt und bei einer Probe erhöhte Werte – wie jetzt aktuell – festgestellt werden: Was passiert? „Wir als Wasserversorgung haben einen Notfallplan für solche Fälle. Dieser ist Teil unseres Betriebshandbuchs“, erläutert Tamara Sauer. Und weiter: Die Stadtwerke als Wasserversorger geben die Entnahme der Proben in Auftrag, das prüfende Institut informiert auch immer das Gesundheitsamt über die Ergebnisse.

Einen Notfallplan gibt es auch im Landratsamt, bei dem das Gesundheitsamt des Landkreises angesiedelt ist: „Bei einem Positivbefund werden die Befunde gemäß den fachlichen Vorgaben und Leitlinien des Umweltbundesamtes bewertet“, schreibt Landratsamtspressesprecherin Marisa Hahn auf Anfrage. „Die Amtsleitung wird informiert. Es wird Kontakt zum Betreiber der Wasserversorgung aufgenommen, die Gegebenheiten vor Ort und die weiteren notwendigen Maßnahmen werden besprochen.“ Der Betreiber sei verantwortlich für die Wasserqualität. Die Stadtwerke seien demnach auch zuständig, die Öffentlichkeit mit den notwendigen Maßnahmen zu informieren und eine Kontaktnummer anzugeben, über die sich die Bürger bei Bedarf melden können.

Tamara Sauer von den Stadtwerken: „Unser Team der Öffentlichkeitsarbeit hat einen Ablaufplan, um die Information publik zu machen.“

Aktuelle Meldungen via ZAK, Radio oder Warn-App

Die erste Anlaufstelle ist die lokale Presse. Aufgrund der engen Zusammenarbeit und der großen Reichweite – auch online und auf den Social-Media-Kanälen – können, so Sauer, viele Personen schnell erreicht werden. Innerhalb weniger Minuten wurde die Meldung am Donnerstagabend auf der ZAK-Facebook-Seite dutzendfach geteilt.

Darüber hinaus nutzen die Stadtwerke Balingen den eigenen Instagramkanal, die Webseite stadtwerke.balingen.de sowie die Homepage der Stadt Balingen.

„Auch der Rundfunk wurde kontaktiert und informierte die Zuhörer über die Situation“, fügt Tamara Sauer an. „Über die Leitstelle des DRK Zollernalb wurde die Meldung über die Warn-APP NINA vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe veröffentlicht. Telefonisch wurde das Zollernalb-Klinikum Balingen informiert, auch die Pflegeheime in den betroffenen Gebieten wurden angerufen“, zählt sie weiter auf, wie der Informationsfluss am Donnerstagabend war. „Bis 22.45 Uhr standen wir den Bürgerinnen und Bürgern telefonisch zur Verfügung.“

Weiterhin Vorsicht walten lassen

Gleichwohl gilt nun weiterhin Vorsicht in Sachen Verunreinigung des Leitungswassers. Wir haben daher noch einmal beim Landratsamt konkret nachgefragt:

Was sind Enterokokken? Sind diese gefährlich? Welche medizinischen Auswirkungen haben sie?

Landratsamt: Enterokokken können zu Infektionen führen. Vor allem, wenn sie in andere Bereiche des Körpers gelangen als die eigentlich vorhergesehenen. Insbesondere Menschen mit geschwächtem Immunsystem gehören hierbei zum gefährdeten Personenkreis. Symptome bei Eintrag in Wunden können Entzündungen, beim Verschlucken Magen-Darm-Beschwerden sein.

Ganz grundsätzlich für Menschen, die in den betroffenen Stadtgebieten leben oder arbeiten: Was tun, wenn in den vergangenen Tagen bereits Leitungswasser getrunken oder nicht abgekocht verwendet wurde?

Treten keine Symptome auf, besteht kein Handlungsbedarf. Sollten gesundheitliche Probleme auftreten, empfehlen wir den Verbrauchern, sich an ihren Hausarzt zu wenden. Um ein weiteres Risiko auszuschließen, wurden die Verbraucher über die erforderlichen Maßnahmen informiert. Das Abkochgebot und die zwischenzeitlich durchgeführte Chlorung erfolgt aus Vorsorgegründen. Bisher sind dem Gesundheitsamt keine Erkrankungen im Zusammenhang mit dem Trinkwasser bekannt.

Was bedeutet dies für das Zollernalb-Klinikum?

Auch dort muss das Wasser abgekocht oder anderweitig sterilisiert werden (beispielsweise über Sterilfilter). Es kann überdies natürlich immer abgepacktes Wasser verwendet werden.

Wie gelangen Enterokokken ins Leitungswasser?

Enterokokken sind Bakterien, die natürlicherweise im Darm von Tieren und Menschen vorkommen. Über die Ausscheidungen werden sie aber auf Pflanzen, im Wasser und im Erdboden nachgewiesen. Im Trinkwasser dürfen keine Enterokokken und E. coli nachgewiesen werden, sie gelten als Indikatorkeime für eine Verunreinigung des Wassers. Enterokokken kommen mitunter im Rohwasser vor und werden durch Aufbereitungsmaßnahmen aus dem Trinkwasser entfernt. Eintragsquellen können zum Beispiel technische Störungen, Rohrbrüche, Netzarbeiten oder undichte Stellen im System sein. Wie die Bakterien in das Leitungswasser gelangt sind, ist aktuell noch nicht geklärt.

Wie sind die Messwerte?

Der Keim wurde in geringer Anzahl (5 Enterokokken pro 100 ml) bei einer Routinekontrolle festgestellt. Am Freitag wird das Trinkwasser erneut beprobt, die Laborergebnisse werden am Montag erwartet.

Können Spül- und Waschmaschinen bedenkenlos verwendet werden?
Spül- und Waschmaschine können normal verwendet werden. Man sollte für die Dauer des Abkochgebots allerdings bei der Spülmaschine das Programm mit der höchsten Temperatur wählen und auch Wäsche so heiß wie möglich waschen.

Wie das Wasser abgekocht werden muss

Um vorsorglich eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen, muss beim Nachweis von Enterokokken das Trinkwasser abgekocht werden, bis das Wasser wieder einwandfrei ist.

Es wird empfohlen, das Wasser einmalig sprudelnd aufzukochen und dann langsam über mindestens zehn Minuten abzukühlen. Ein Wasserkocher wird empfohlen. Leitungswasser soll nur abgekocht getrunken werden. Für die Zubereitung von Nahrung und zum Reinigen offener Wunden soll ausschließlich abgekochtes Wasser verwendet werden

Für die Körperpflege kann das Leitungswasser allerdings ohne Bedenken weiter genutzt werden. Es sollte aber nicht verschluckt werden und keinen Kontakt zu offenen Wunden bekommen. Wunden sollten mit undurchlässigem Pflaster abgedeckt sein.

Während der Dauer des Abkochgebotes sollte zum Zähneputzen abgekochtes oder abgepacktes Wasser verwendet werden.

Auf der Website der Landkreisverwaltung findet sich ein entsprechendes FAQ (Antworten auf häufig gestellte Fragen).

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