Hechingen

Donnerschlag bei Bentley: Hechinger Unternehmen kauft wichtigsten Zulieferer und will an die Börse

21.04.2023

von Pressemitteilung

Donnerschlag bei Bentley: Hechinger Unternehmen kauft wichtigsten Zulieferer und will an die Börse

© Julia Siedler

Heute, kurz nach 13.30 Uhr, bei Bentley in Hechingen: Reisebusse starten in Richtung Stuttgart. Die Mitarbeiter sind da noch ahnungslos, freuen sich allein auf „Tanz der Vampire“ am Abend.

Geschäftsführer Sebastian Büchert hat die großen Pläne am Freitag bei einem Betriebsausflug ins Stuttgarter SI-Centrum enthüllt: Bentley kauft seinen wichtigsten Zulieferer und plant den Gang an die Börse. Der Hechinger Medizintechnikhersteller kündigt außerdem an, seine – am Freitag völlig überraschten – Mitarbeiter mit einem 15-Millionen-Euro-Geschenk an der neuen schwedischen Holding zu beteiligen.

Feierstimmung gibt es heute bei Bentley und seinen 285 Mitarbeitern, wie das Unternehmen mitteilt: Geschäftsführer Sebastian Büchert enthüllte bei einem Betriebsausflug ins Stuttgarter SI-Centrum drei Großprojekte, die für das Hechinger Medizintechnikunternehmen zukunftsweisend seien, wie Bentley-Sprecherin Petra Becher mitteilt. Das Unternehmen kauft, erstens, seinen wichtigsten Zulieferer, die Qmedics AG aus der Schweiz. Bentley plant, zweitens, im kommenden Winter unter dem Dach einer neuen schwedischen Holding in Stockholm an die Börse zu gehen; und Bentley lässt es sich, drittens, 15 Millionen Euro kosten, um seine Mitarbeiter zu Aktionären zu machen.

Das sind die Pläne

Mit „BeMatched“ haben sie das erste Projekt überschrieben. Richtig gut zu Bentley passe nämlich das Schweizer Medizintechnikunternehmens Qmedics aus Flurlingen bei Schaffhausen. Die Firma hat laut Bentley-Sprecherin Becher knapp 100 Mitarbeiter und „ist der wichtigste Zulieferer der Hechinger Spezialisten für innovative Gefäßimplantate“. Qmedics stelle etwa 80 Prozent aller Ballonkatheter her, die in Verbindung mit den gecoverten Stents von Bentley zum Einsatz kommen. Bentley wiederum ist für etwa 70 Prozent des Umsatzes der Schweizer Firma verantwortlich.

Donnerschlag bei Bentley: Hechinger Unternehmen kauft wichtigsten Zulieferer und will an die Börse

© Bentley

Vertragsunterzeichnung in der Schweiz: Sebastian Büchert, Bruno Hangartner und Andreas Vogt (von links).

Die Übernahme, die an diesem Freitag unterschrieben wurde und am 3. Juli 2023 in Kraft trete, „ist für Bentley enorm wichtig, um die zentrale Lieferkette für Ballonkatheter langfristig abzusichern“, so Unternehmenssprecherin Becher. Ein weiterer Aspekt: Neben den Ballonkathetern verfüge Qmedics über „ein komplettes Portfolio selbstexpandierbarer Stents für die periphere Gefäßchirurgie“. Der Kauf von Qmedics berge somit für Bentley die Chance, seine Expansion auf dem Feld der interventionellen Radiologie zu beschleunigen. „Dafür wird Qmedics im Herbst von Flurlingen nach Frauenfeld im Kanton Thurgau umsiedeln und dort, mit 2400 Quadratmetern, einen der größten Reinräume der Schweiz beziehen“, teilt Becher weiter mit. Bentley-Geschäftsführer Sebastian Büchert sagt: „Mit der Akquisition von Qmedics stellen wir nicht nur die Verfügbarkeit einer unserer wichtigsten Komponenten sicher, sondern komplettieren gleichzeitig unser neu geschaffenes Produktportfolio für interventionelle Radiologie.“

Donnerschlag bei Bentley: Hechinger Unternehmen kauft wichtigsten Zulieferer und will an die Börse

© Bentley

Huch, was ist denn das? Symbolische Goldene Keditkarten offenbaren den Mitarbeitern heute überraschend: Sie sollen Bentley-Aktionäre werden!

„BeThundered“ lautet der Titel des zweiten Projektes. Bentley selbst spricht von einem Donnerschlag, der sich da ankündige: Man wolle Bentley im 14. Jahr seiner Erfolgsgeschichte behutsam an die Börse bringen, um einerseits neues Geld für seine weitere Expansion zu generieren und um andererseits einem Verkauf des Unternehmens vorzubeugen. Bentley-Gründer Lars Sunnanväder erklärt dazu: „Wir freuen uns auf den geplanten Börsengang Bentleys, weil er nicht nur die weitere Expansion unterstützen wird, sondern gleichzeitig sicherstellt, dass Bentley auch in Zukunft ein unabhängiges Unternehmen bleibt.“

Donnerschlag bei Bentley: Hechinger Unternehmen kauft wichtigsten Zulieferer und will an die Börse

© Bentley

Führen die neue Holding: Geschäftsführer Sebastian Büchert (Mitte), Finanzchef Andrew Brabner (links) und Christian Bader (technische Geschäftsführung).

Bentley-Geschäftsführer Sebastian Büchert ordnet diesen Schritt so ein: „Bentleys Team konnte in den vergangenen Jahren gemeinsam schon viel erreichen. Jetzt, da unsere Unabhängigkeit für die Zukunft gesichert ist, bin ich fest davon überzeugt, dass unser Erfolg noch viele Jahre anhalten wird. Außerdem freue ich mich darüber, dass durch die Übergabe des Beiratsvorsitzes von Lars Sunnanväder an seine Tochter Annika der positive Einfluss der Familie Sunnanväder auch für die Zukunft sichergestellt werden kann.“

Börsengang im kommenden Winter geplant

Der geplante Börsengang soll in Schweden vollzogen werden, im Rahmen der Nasdaq Nordic, einem Ableger des US-Technologieindex Nasdaq, der Büchert zufolge „besonders gut geeignet ist für Börsengänge von Medizintechnikunternehmen unserer Größe“. Für den anstehenden Börsengang wurde eine schwedische Holding gegründet, die den vorübergehenden Namen BeThundered AB trägt. Diese Holding wird 100-prozentige Eigentümerin sowohl der Hechinger Bentley Innomed GmbH als auch der Qmedics AG, die damit als Bentleys Schwesterunternehmen firmiert. Geführt wird die Holding von einem dreiköpfigen Team: Sebastian Büchert als CEO, Andrew Brabner als CFO (für die Finanzen) und Christian Bader als CTO (für die technische Geschäftsführung).

Der Pre-IPO, der erste Schritt zu einem Börsengang, ist für den Sommer 2023 geplant. Der eigentliche Börsengang soll dann im Winter vollzogen werden, abhängig von den Marktbedingungen, so Unternehmenssprecherin Becher.

Die Gewerbesteuern sollen in Hechingen bleiben

Wichtig für die Region Neckar-Alb: Obwohl Bentley unter das Dach einer schwedischen Holding rückt, werde das Unternehmen seine Gewerbesteuern auch künftig in Hechingen abführen. Der Standort dürfe sich sogar auf eine weitere Stärkung freuen: Mit dem frischen Kapital, das Bentley aus dem Börsengang erwartet, werde die räumliche Expansion gesichert. „Die Planungen für den nächsten Gebäudeabschnitt laufen auf Hochtouren“, sagt Sebastian Büchert.

„BeShareholder“ nennen sie bei Bentley Projekt Nummer drei. Der Aufruf, zum Aktionär zu werden, richtet sich an die demnächst 400 Mitarbeiter der neuen Bentley-Gruppe. Diese müssen allerdings nicht einmal etwas dafür tun, wie das Unternehmen mitteilt.

Bentley macht Mitarbeiter zu Aktionären – mit 15-Millionen-Euro-Geschenk

Denn Bentley starte ein 15 Millionen Euro schweres Mitarbeiterprogramm, um alle seine Beschäftigten zu Teilhabern zu machen. Jeder Mitarbeiter erhielt am Freitag in der Betriebsversammlung das Versprechen, im Moment des Börsengangs Aktien im Wert von rund 400 Euro (plus/minus 100 Euro) pro Monat seiner Zugehörigkeit zum Unternehmen zu erhalten.

Das heißt: Wer acht Jahre als Vollzeitkraft im Betrieb ist, dürfe sich, unabhängig von seiner Position, auf ein Aktiengeschenk im Wert von annähernd 40.000 Euro freuen – und zwar brutto für netto, weil Bentley die Steuerlast des „geldwerten Vorteils“ für seine Mitarbeiter übernimmt. Auf diese Weise wolle man sicherstellen, dass die Mitarbeiter für ihre gute Arbeit belohnt werden und auch künftig von der Entwicklung von Bentley profitieren.

Geschäftsführer Sebastian Büchert erklärt dazu: „Bentleys Management freut sich sehr darüber, dass die bisherigen Gesellschafter zugestimmt haben, der Bentley-Belegschaft dieses Aktiengeschenk zu machen. Das haben sich unsere Mitarbeiter durch ihre super Arbeit in den letzten Jahren wirklich verdient.“

So lief die Überraschung beim Betriebsausflug

Die Mitarbeiter des Hechinger Medizintechnikunternehmens Bentley wurden mit der Bekanntgabe der Neuigkeiten komplett überrascht. Sie erfuhren von den drei Großprojekten am Freitag bei einem gemeinsamen Ausflug ins Stuttgarter SI-Centrum. Dort erlebten sie eine Mitarbeiterversammlung in der Musical Hall, während der ihnen mit der Übergabe einer symbolischen Goldenen Kreditkarte ihre Zukunft als Bentley-Aktionär offenbart wurde. Ein Abendessen, die Aufführung des Musicals „Tanz der Vampire“ und eine Party würden den „Feiertag für die Betriebsfamilie abrunden“, so Bentley-Sprecherin Petra Becher.

Das sagt Hechingens Bürgermeister Philipp Hahn

Der geplante Börsengang und die Expansionspläne von Bentley sind heute auch im Hechinger Rathaus Thema. „Ich freue mich sehr für die Mitarbeiter über die großzügige Beteiligung am Unternehmen“, sagt Bürgermeister Philipp Hahn. Durch Bentley gingen eindrucksvolle Impulse für die positive Entwicklung der medizintechnischen Industrie in der gesamten Region aus. Deshalb gelte: „Die Stadt wird entsprechende Gewerbevorhaben auch weiterhin aktiv unterstützen.“

Diesen Artikel teilen: