Zollernalbkreis

Digitalisierung betrifft auch den Landwirt auf der Alb

23.08.2017

von Michael Würz

Dirk Mrotzeck will den digitalen Wandel nicht dem Silicon Valley überlassen – und klagt über lahme Leitungen.

Mal im Unterhemd, mal im schicken Anzug, Dreitagebart, das Smartphone immer in der Hand – so präsentieren die Liberalen ihren Spitzenkandidaten Christian Lindner auf allen Kanälen. Genau so modern, wie die FDP sich ein modernes Deutschland vorstellt. Doch ausgerechnet im Netz erntet Lindner dafür dieser Tage Spott. Auf Twitter frotzeln viele: Lindner habe die Wahlplakte wohl mit Modewerbung verwechselt. Und in Rottweil haben Unbekannte durchaus gewitzte Aufkleber auf die großen FDP-Plakate geklebt: „Hemd 15 Euro, Jacke 24 Euro“ steht da nun am Heimburger-Kreisverkehr auf dem FDP-Plakat zu lesen.

Digitalisierung betrifft auch den Landwirt auf der Alb

Jacke: 24 Euro, Hemd: 15 Euro. In Rottweil haben sich Unbekannte am FDP-Plakat zu schaffen gemacht. Foto: NRWZ

Mittwochmorgen, kurz nach 11 Uhr: Dirk Mrotzeck, Bundestagskandidat der FDP für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen, fährt mit dem baden-württembergischen FDP-Chef Michael Theurer beim ZOLLERN-ALB-KURIER vor. Sie sind auf großer Wahlkampftour. Ihr Zeitplan ist eng gesteckt, doch müde sind sie nicht. Im Gegenteil: „Du bist richtig spritzig, das gefällt mir“, lobt der Europaabgeordnete Theurer seinen Mann von der Zollernalb.

Mrotzeck sagt, bei der FDP-Kampagne gehe es ums Programm; das einzige in Deutschland, das auf unter 100 Seiten passe. Das wolle man mit Slogans wie „Digital first – Bedenken second“ unterstreichen. Das ist hip, aber umstritten. Auch auf seiner Tour durch den Wahlkreis erlebe er, wie sich viele vor dem digitalen Wandel fürchten, räumt Mrotzeck ein. „Viele sehen ihre Arbeitsplätze bedroht.“ Doch bei den Liberalen gelte: Das Glas ist halb voll, nicht halb leer.

Und so sprudelt es aus den Wahlkämpfern heraus: „Der digitale Tsunami ist doch bereits in vollem Gange“, sagt Theurer. Deutschland müsse auf Touren kommen. „Ansonsten wird das Thema vom Silicon Valley oder China beherrscht werden.“ Die Digitalisierung als dickes Wahlkampfthema? „Zu Recht“, sagt der Hechinger Mrotzeck. „Ich stehe als Kandidat voll hinter der Kampagne.“ Schließlich mache die Digitalisierung auch nicht Halt vor dem Landwirt auf der Alb.

Digitalisierung betrifft auch den Landwirt auf der Alb

Michael Theurer (links) und Dirk Mrotzeck am Smartphone – Symbol für den Aufbruch. Foto: Michael Würz

Doch gerade die Region habe noch viele offene Baustellen. Am Morgen, vor ihrem Besuch in der ZAK-Redaktion, haben sie ein mittelständisches Unternehmen besucht. „Der hat da eine 2-Mbit-Leitung“, klagt Theurer schon im Treppenhaus unseres Verlags. Schneckentempo also im digitalen Zeitaler. „Viele Mittelständler haben Sorge, ob sie mit dem Fortschritt mithalten können“, berichten die liberalen Wahlkämpfer.

Und ja, Bedenken nehme die FDP, die sich auch Bürgerrechte auf ihre neuen Fahnen geschrieben hat, ernst, versichern die beiden. „95 Prozent der Daten, die im Netz erhoben werden, landen in Amerika“, sagt Theurer. Sein Lösungsvorschlag: eine staatliche Cloud, eine EU-Cloud. In ihr sollen die ganzen Daten auflaufen – diesseits des großen Teichs. 

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