Albstadt-Tailfingen

„Die Barmherzigkeit ist keine Pflicht“

11.05.2017

Bischof Dr. Joachim Wanke stellte sich in der Tailfinger Kirche St. Elisabeth den Fragen der Zuhörer.

„Die Barmherzigkeit ist keine Pflicht“

Bischof Dr. Wanke Foto: Privat

„Die Barmherzigkeit ist keine Pflicht. Sie fällt vom Himmel, wie die Erquickung des Regens die Erde träufelt. Sie ist zweifacher Segen: sie segnet den, der sie gewährt und den, der sie empfängt.“ Mit diesem Shakespeare-Zitat aus dem Stück der Kaufmann von Venedig begann de emeritierte Erfurter Bischof Dr. Joachim Wanke seinen Vortrag zum Thema „Barmherzigkeit heute – gefragt und angefragt“ in der Tailfinger St. Elisabeth Kirche.

Bischof Wanke zog mit seinen Worten die rund 70 Interessierten in seinen Bann. Barmherzigkeit, so Wanke, habe heute kaum noch Konjunktur. Gerechtigkeit sei das Wort der Stunde: das steht mir zu, ich bin im Recht. Natürlich sei Gerechtigkeit wichtig, aber nur durch Paragrafen werde die Welt nicht besser und menschlicher. Dazu braucht es auch die Barmherzigkeit, die ich mir eben nicht einfordern kann. Barmherzigkeit erlernt man nicht, man erfährt sie. Barmherzigkeit, so Wanke, verhindere auch radikale Ideologien.

Mit Blick auf Menschen die in Deutschland Schutz vor Gewalt und Verfolgung suchen machte er dies deutlich: jeder Flüchtling hat eine individuelle Leidensgeschichte: „Jede Not hat ein Gesicht.“ Jede Menschenfeindlichkeit widerspreche Gott, betonte der Bischof. Die Gesellschaft brauche mehr als Gerechtigkeit, sie brauche Barmherzigkeit und Solidarität. Zum Schluss ging er auf das Zusammenspiel von Haupt- und Ehrenamt ein. Natürlich ginge es nicht ohne das professionelle Hauptamt, aber die vielen Ehrenamtlichen, so haben die Hilfen für die Flüchtlinge gezeigt, ermöglichen eine schnelle, unkomplizierte und menschlich barmherzige Hilfe. Im Anschluss stellte sich der Altbischof noch den vielen Fragen der Zuhörer, sodass sich ein reger Austausch entwickelte.

Dekan Anton Bock und Dekanatsreferent Achim Wicker bedankten sich beim Gast aus Thüringen, der die Zuhörer beeindruckt hatte, mit Köstlichkeiten aus dem Weltladen. Die Veranstaltung fand im Rahmen des kirchliche Entwicklungsweges „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten gestalten“ statt.

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