Balingen

„Das ist nicht akzeptabel“: Weilstetten fordert alternative Anbindung an den Hurdnagel

17.04.2024

Von Nicole Leukhardt

„Das ist nicht akzeptabel“: Weilstetten fordert alternative Anbindung an den Hurdnagel

© Nicole Leukhardt

Die Hurdnagelstraße, die hier von rechts in die Gehrnstraße mündet, soll täglich 4800 Fahrzeuge, auch Schwerlastverkehr, von der Bundesstraße durchs Wohngebiet auf die Espachstraße bringen. Die Fahrzeuge, die von Frommern her kommen, sind dabei nicht mitgezählt. Der Ortschaftsrat hat erhebliche Zweifel, dass die Straße dieses Aufkommen "schluckt".

„Das wird nicht funktionieren“ – Weilstettens Ortsvorsteher Wolfgang Schneider hatte bei der Diskussion um den Ausbau der Hurdnagelstraße keinen Zweifel daran gelassen, was er von der Anbindung über die Gehrnstraße hält. Ähnlich sieht das auch sein Gremium, das die Verwaltung nun um Alternativen bittet.

Dass der Ausbau der schmalen und maroden Gemeindeverbindungsstraße zwischen Weilstetten und Frommern längst überfällig ist, darin sind sich alle Beteiligten einig. Seit vielen Jahren klopfen sie an die Türen aller Zuständigen und bitten um Gehör. Auch ortsansässige Firmen fordern seit Langem die Ertüchtigung der Strecke. Albert Sauter, Chef des Waagenbauers Kern & Sohn, betont die Bedeutung des Hurdnagelausbaus: „Je früher, desto besser“, schreibt er.

Vor wenigen Tagen legte die Verwaltung nun fünf Alternativen zum Ausbau der Strecke vor. Zwei davon sehen je zwei Kreisverkehre in Frommern und Weilstetten vor, zwei andere einen Kreisel in Weilstetten und eine Abbiegespur in Frommern. Sie unterscheiden sich jeweils darin, dass der Radweg einmal westlich und einmal östlich der Hurdnagelstraße verläuft. Die fünfte Alternative haben die Planer recht schnell „aussortiert“: Dabei würde der Radweg mehrmals die Hurdnagelstraße überqueren, was von vornherein als unpraktikabel gesehen wurde.

Zwei Kreisel und ein Radweg auf östlicher Seite

Die Räte des Technischen Ausschusses hatten sich am Mittwoch vergangener Woche für Variante 1 ausgesprochen: Zwei Kreisverkehre führen den Verkehr sowohl in beide Ortsteile als auch auf die B 463 – auf Weilstetter Seite in Richtung Albstadt, auf Frommerner Seite in Richtung Balingen. Der Radweg verläuft bei dieser Variante im Osten der Hurdnagelstraße und quert diese nur einmal an der, so empfanden es die Planer, übersichtlichsten Stelle am Weilstetter Kreisel.

„Das ist nicht akzeptabel“: Weilstetten fordert alternative Anbindung an den Hurdnagel

© Nicole Leukhardt

Auch auf Frommerner Seite soll ein Kreisverkehr kommen – dafür sprechen sich bisher die Mehrheit der Weilstetter Räte, der Technische Ausschuss und Fachleute aus. Der Radweg soll künftig auf der anderen Seite als bisher sein.

Auch die Ortschaftsräte in Weilstetten, die sich am Dienstag mit den Plänen beschäftigten, kamen zum Schluss, dass Variante 1 die günstigste sei. Während dem ohnehin alternativlosen Kreisel in Weilstetten alle zustimmen konnten, war das Gremium beim Kreisverkehr auf Frommerner Seite geteilter Meinung.

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Er stelle eine unnötige Schikane dar und bremse den Verkehr aus, monierten die einen. Er mache die Verbindung sicherer, eben weil er die Geschwindigkeit auf dem Verbindungsstück automatisch drossle, argumentierten die anderen. „Ein Kreisverkehr macht außerdem den Verkehr flüssiger, das ist sinniger“, erklärte Ortschaftsrätin Brigitte Hermann. Das Gros ihrer Ratskollegen sah das ähnlich: Mit drei Enthaltungen sprachen sich die Räte auch für die Kreisel-Lösung auf Frommerner Seite aus. Den Radweg sahen alle auf der östlichen Seite der Hurdnagelstraße am besten aufgehoben.

„Das wird nicht funktionieren“

Bauchschmerzen machte dem Gremium indes die Anbindung in Weilstetten selbst. Denn auf der Karte ist der Weilstetter Kreisel das Ende der Planung, der Verkehr soll künftig im Ort auf der bisher bestehenden Hurdnagelstraße annähernd rechtwinklig in die Gehrnstraße abbiegen. „Das wird nicht funktionieren“, betonte Ortsvorsteher Wolfgang Schneider auch in der Sitzung am Dienstag. Er habe an höherer Stelle bereits darauf hingewiesen, „dass die geplante Anbindung so nicht akzeptabel ist“.

Nicht nur, weil die enge Kurve, noch dazu im Begegnungsverkehr, für Schwerlastfahrzeuge kaum passierbar sei, „die Gehrnstraße ist grundsätzlich zu schmal, um den erwarteten Verkehr schlucken zu können“, begründete er. Die Stadt hatte im Jahr 2021 ein Gutachten bei einem Ingenieurbüro in Auftrag gegeben, das die Verkehrszahlen fürs Jahr 2035 prognostiziert. Unter der Voraussetzung, dass sowohl der Hurdnagel ausgebaut ist, als auch, dass die Bundesstraße dreistreifig sein wird, rechnen die Planer mit 4800 Fahrzeugen täglich, die allein von der Bundesstraße in Richtung Weilstetten fahren werden.

Zahlen, bei denen selbst mit Parkverboten keine Abhilfe zu schaffen sei, „und die Vorgärten sind so klein, dass wir nicht links und rechts noch einen Meter abzwacken können“, fügte Schneider an.

Ortskundige Anregungen nicht zur Seite legen

Nöte, die die Balinger Verwaltung nicht zum ersten Mal hört. „Ähnliche Überlegungen wie die nun von Herrn Schneider genannten Anregungen wurden zu Beginn der Planungen intern ebenfalls diskutiert, zum damaligen Zeitpunkt jedoch nicht weiterverfolgt, da wir in der überschlägigen Überprüfung keine Erfordernis gesehen haben. Letztendlich sollten solche ortskundigen Anregungen nicht ohne weitere Prüfung zur Seite gelegt werden, weshalb wir die Erfordernis eines alternativen Anschlusses prüfen werden“, wie Rathaussprecher Dr. Dennis Schmidt auf ZAK-Nachfrage mitteilt.

Wolfgang Schneider indes möchte einen Schritt weitergehen: „Wir müssen jetzt schon weiterdenken, an einen zusätzlichen vierten Ast am Kreisel, der eine Anbindung über die Brunnenstraße, direkt an die Espachstraße oder, die Maximallösung, an die Lindenstraße möglich macht“, so Schneider.

Gehrnstraße ist fix

Alternativen, die die Balinger Verwaltung bislang nicht sieht. Dort hält man allenfalls eine Anbindung am hinteren Ende der Gehrnstraße für denkbar. „Ein alternativer Anschluss in Richtung Weilstetten würde weiterhin über die Gehrnstraße, aber dann im Bereich des dortigen Hasenheims erfolgen. Dadurch könnte die Kreuzung Hurdnagelstraße/Gehrnstraße umfahren werden. Genau Pläne und weitergehende Überlegungen liegen hierzu nicht vor. Eine solche Anbindung würde aber einen deutlich weitergehenden Eingriff in Natur und Landschaft bedeuten. Noch weitergehende Alternativen stehen derzeit nicht zur Debatte“, schreibt Dennis Schmidt weiter.

Wohin mit Zauneidechse & Co.?

Stichwort Natur und Landschaft: Ist das hinter der Firma Kern & Sohn entstandene Biotop beim Kreiselbau in Gefahr? „Der Ausbau der Straße bewegt sich weitestgehend im heutigen Straßenumfeld. Es ist daher nicht mit unüberwindbaren Hindernissen oder Fakten zu rechnen, die einen Bau verhindern würden. Wie bei allen Maßnahmen werden die natur- und artenschutzrechtlichen Belange im Rahmen des Bebauungsplanes gutachterlich untersucht und daraus die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz von Flora und Fauna abgeleitet“, formuliert Dennis Schmidt.

„Das ist nicht akzeptabel“: Weilstetten fordert alternative Anbindung an den Hurdnagel

© Nicole Leukhardt

Auf die Fauna entlang des Hurdnagels, wie auf diese streng geschützte Zauneidechse, soll bei den Bauarbeiten Acht gegeben werden.

Für die Tiere, die sich in direkter Umgebung der Hurdnagelstraße tummeln, stellten die Planungen keine größere Gefahr dar, heißt es: „In aller Regel kann dann hierauf beim Bau durch eine Anpassung des Baufeldes, einer Berücksichtigung beim Bauablauf oder durch das Ergreifen aktiver Schutzmaßnahmen reagiert werden. Zum Beispiel besteht für die Zauneidechse unter anderem die Möglichkeit, diese während der Bauzeit durch das Aufstellen von Barrieren aus dem Baufeld ‚zu verbannen‘“, schreibt der Rathaussprecher.

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