Geislingen/Rosenfeld

Corona wird gehen, die Digitalisierung an den Schulen auf dem Kleinen Heuberg wird bleiben

21.04.2021

Von Rosalinde Conzelmann

Corona wird gehen, die Digitalisierung an den Schulen auf dem Kleinen Heuberg wird bleiben

© Rosalinde Conzelmann

Ute Hausch und Johannes Orendi verbringen viele Stunden am Computer.

Am 16. März hat am Rosenfelder Progymnasium das Schulglöckle eine Minute lang geläutet: zur Erinnerung, dass der Schulalltag seit einem Jahr nicht mehr der alte ist, seitdem die Pandemie die Regeln diktiert. Zwölf Monate, in denen alle viel dazugelernt haben und die Digitalisierung einen (Zwangs-)Schub erlebt hat. Schule heute, mehr denn je im Coronamodus, bedeutet digitales Lernen. Das System wird bleiben, ist auch eine Chance für die Zukunft – so erleben es das Progymnasium Rosenfeld und die Gemeinschaftsschule Kleiner Heuberg. Stichwort: Blended Learning.

„Auf einmal waren alle weg“ – das verbindet Christian Breithaupt, Rektor am Rosenfelder Progymnasium, mit dem ersten Lockdown im März 2020. In der ersten Woche wurden die knapp 200 Schüler mit Lernpaketen versorgt, die per Post verschickt wurden. Die Kommunikation erfolgte zudem über E-Mail. Dann ist das Progymnasium auf die Schulplattform DATO umgestiegen. Breithaupt beschreibt es so: „Die Schüler können sich einwählen, ihre Aufgaben herunterladen und per Mail zurückschicken.“ Sein Fazit: „Es war ein Riesenaufwand, aber immerhin besser als der Postweg.“

Progymnasium ist Versuchsschule

Die Rettung kam dann in Form der Lernplattform Moodle. Im April 2020 stellte das Progymnasium den Antrag auf einen „Moodle“-Zugang und erhielt am 24. April die Nachricht, dass das Progymnasium als Versuchsschule für den Videounterricht ausgewählt wurde. „Im Juni haben die Neuner und Zehner dann damit angefangen“, berichtet der Rektor. Zug um Zug habe man dann immer mehr Klassen mit ins „Moodle“-Boot genommen. Während vor den Sommerferien zwei Monate lang Wechselunterricht angeboten wurde, herrschte nach den Sommerferien wieder einigermaßen Normalität. In dieser Zeit, sagt Breithaupt, habe man „Computer und Kreide zusammengeführt“.

Corona wird gehen, die Digitalisierung an den Schulen auf dem Kleinen Heuberg wird bleiben

© Progymnasium Rosenfeld

Das Progymnasium wird weiter mit der Lernplattform Moodle arbeiten.

Im Dezember war dann wieder alles anders: Die Regierung schob aufgrund der hohen Inzidenzzahlen wieder den Riegel vor; die Schulhäuser wurden geschlossen – und das Progymnasium war gut vorbereitet auf diese Situation. Wer kein iPad hatte, wurde damit ausgestattet: Alle Schüler sind seither eingeloggt und arbeiten mit „Moodle“.

Rektor lobt die Lernplattform

Breithaupt bezeichnet das System als ein prima Instrument. „Wir haben nur gute Erfahrungen damit gemacht“, betont er. Die Vorteile würden auf der Hand liegen: Die Server werden vom Land gepflegt, das Endgeräte spielt keine Rolle, man kann in Gruppen arbeiten, sich von überall einwählen und die Bedienung ist nicht zu kompliziert. Wichtig ist ihm und seinen Kollegen auch, dass man im Videounterricht jedem Schüler direkt Rückmeldung geben kann.

Alle Kollegen haben mitgezogen

In die Einführung, Einarbeitung und das praktische Arbeiten waren alle Kollegen mit eingebunden, sagt Breithaupt. „Wir haben uns erst vorgetastet und bei Problemen und Fragestellungen gegenseitig unterstützt. Alle haben mitgezogen“, spricht er dem rund 20-köpfigen Team ein großes Lob aus. Und weil sich alle schnell einfanden in der virtuellen Welt, hat der Personalrat einen Lehrer-Stammtisch eingeführt. Natürlich digital mit Hilfe des Open-Source-Webkonferenzsystem „BigBlueButton“. So würden sie sich alle zwei Wochen auch privat austauschen, erzählt Breithaupt.

Corona hat die Digitalisierung beschleunigt – aus der Not heraus und durch die lange Pandemiedauer arbeiten die Schulen zwischenzeitlich routiniert mit den neuen digitalen Instrumenten. „Dass es so lange dauert, hätte ich mir vor einem Jahr nicht gedacht“, sagt Breithaupt. Für ihn steht außer Zweifel, dass „Moodle“ in dieser schwierigen Zeit die distanzlose Vermittlung von Wissen ermöglicht. „Es hat die Schulgemeinschaft, den ganzen Laden, zusammengehalten“, ist sein persönlicher Eindruck.

Es gibt kein Zurück mehr

Ein Zurück gibt es aus seiner Sicht nicht: „Das System ist da und wird nicht mehr gehen.“ Dank Corona hätten Schüler und Lehrer einen Crashkurs bekommen und seien so fit für die weiteren Schritte. Er sieht die vergangenen Monate deshalb auch als Chance und gelungenen Einstieg ins Zukunftsmodell Blended Learning, die Kombination von computergestütztem Lernen und klassischem Unterricht.

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Moodle hat den ganzen Laden zusammengehalten. Christian Breithaupt, Rektor des Rosenfelder Progymnasiums

Dieses Tempo hätte man sich nicht unbedingt ausgesucht. Ute Hausch, Rektorin der GMS Kleiner Heuberg

„Dieses Tempo hätte man sich nicht unbedingt ausgesucht“, sieht es Ute Hausch, Rektorin der Gemeinschaftsschule Kleiner Heuberg mit den Standorten Geislingen und Rosenfeld ähnlich. Gemeinsam mit Johannes Orendi, ihrem kommissarischen Stellvertreter, berichtet sie im ZAK-Gespräch über ihren „Galopp“ durch die virtuelle Schulwelt.

Kein Neuland betreten

Für die Gemeinschaftsschüler stand Computerunterricht schon vor Corona auf dem Stundenplan. In beiden Schulhäuser gibt es gut ausgestattete Computerräume und der Medienentwicklungsplan ist schon länger in Bearbeitung. Auch im Lernbüro stehen zwei bis drei Computer für Recherchen vor Ort zur Verfügung. Die knapp 200 Schüler und das über 30-köpfige Lehrerteam inklusive pädagogische Assistenten, Schulsozialarbeiter und Jugendbegleiter hat also kein Neuland betreten.

Dennoch herrschte dann am 16. März 2020 auch in der nunmehr im achten Jahr bestehenden Gemeinschaftsschule erstmals kurz Ratlosigkeit, auf die professionelle Geschäftigkeit folgte. Zwei Kollegen nahmen sich dem Thema an. Dabei ging es laut Hausch vor allem darum, herauszufinden, welche Lernplattform ausgewählt wird. Was ist praktikabel? Was passt für die Schule? In Abstimmung mit der Schulleitung fiel die Wahl auf den Messengerdienst für Schulen, „schul.cloud“. In den Osterferien richteten die beiden Digitalisierungsexperten den Dienst für alle ein, schrieben die notwendigen Anleitungen und informierten alles ausführlich über die Funktion.

Warum „schul.cloud“? „Dieses Kommunikationssystem ist niederschwellig, es funktioniert auf allen Endgeräten, der Datenaustausch ist gewährleistet, eine schnelle Rückmeldung möglich“, zählt Johannes Orendi die Vorteile auf.

Nicht jede Sitzung muss in Präsenz sein

Ebenso wie am Progymnasium hätten sich alle Kollegen reingekniet in die neue Technik und sich gegenseitig unterstützt. „Das hat uns noch mehr zusammengeschweißt“, sagt Ute Hausch. Ebenso wird der Kontakt zu den Eltern in virtueller Form gehalten. „Ich habe im ersten Lockdown meinen ersten Elternabend über Videoschalte durchgeführt“, erinnert sich Orendi. Das sei dann schon eine neue Erfahrung gewesen. Zwischenzeitlich gehörten Videokonferenzen zum Schulalltag. „Und das wird bleiben“, ist sich Ute Hausch sicher. „Denn wir haben festgestellt, dass nicht jede Sitzung in Präsenz stattfinden muss.“ Ein Vorteil, den alles so sehen. Ihr Fazit auf das vergangene Jahr: „Wir sind mit jeder Zeit mitgegangen.“

Dank der Cloud sei die Anbindung zu den Schülern und Eltern immer da gewesen, sagen beide Pädagogen. Dennoch versuche man von Anfang an den persönlichen und emotionalen Kontakt zu den Schülern zu pflegen, selbstverständlich im Rahmen der Corona-Beschränkungen.

Ohne Digitalisierung geht es nicht mehr

Beim Blick in die Zukunft teilt das Rektorenteam die Meinung seines Kollegen Christian Breithaupt: „Die Digitalisierung wäre auch so vorangeschritten, allerdings langsamer.“ Hausch fühlt sich aufgrund der Erfahrungen in den vergangenen Monaten auch bestärkt, „dass der Weg richtig ist, in die Digitalisierung zu investieren“. Im Zuge des Medienentwicklungsplans und des Digitalpakts sei vieles angestoßen und auf den Weg gebracht worden. Ob die „schul.cloud“ die Gemeinschaftsschule auch nach Corona begleiten wird, steht noch nicht fest. „Wir werden im Innern klären, was langfristig das Beste für uns ist“, so Hausch.

Die Rektorin hat zudem festgestellt, dass die veränderte Lernsituation auch für einige Schüler eine neue Perspektive eröffnet hat: „Sie haben entdeckt, dass sie sich daheim gut selbst organisieren und selbstständig arbeiten können.“

Corona wird gehen, die Digitalisierung an den Schulen auf dem Kleinen Heuberg wird bleiben

© Progymnasium Rosenfeld

Rektor Christian Breithaupt vermisst die persönlichen Kontakte an seiner Schule.

Bei allen Vorteilen ist es allen drei Pädagogen wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Schule aber weit mehr als eine Bildungsanstalt und der Präsenzunterricht auf Dauer durch nichts zu ersetzen ist. „Schule ist ein Lebensraum“, resümiert Christian Breithaupt und zitiert das afrikanische Sprichwort: „Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“

Vieles ist nicht ersetzbar

Auch das mache Corona wie durch ein Brennglas deutlich. „Es gibt keine Schüleraustausche, keine Feste und Begegnungen, das alles ist nicht ersetzbar“, sagt Breithaupt, der sich wünscht, dass für „unsere große, familiäre Schulgemeinschaft bald wieder andere Zeiten anbrechen“.

Ute Hausch und Johannes Orendi teilen diesen Wunsch. Derzeit erleben sie (noch), wie sehr die Schüler es genießen, dass sie wieder in den Unterricht kommen dürfen und ihre Klassenkameraden wiedersehen. „Du hörst sie lachen und miteinander reden, das ist schön“, sagt Hausch. Der persönliche Kontakt sei nicht ersetzbar.

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