Rosenfeld

Besonnene Macherin: Isingens Ortsvorsteherin hört nach zwei Amtsperioden auf

06.02.2024

Von Rosalinde Conzelmann

Besonnene Macherin: Isingens Ortsvorsteherin hört nach zwei Amtsperioden auf

© Rosalinde Conzelmann

Die wöchentlichen Sprechstunden in der Ortschaftsverwaltung zählten zehn Jahre lang zu den Pflichten von Ortsvorsteherin Sigrid Lehmann. Jetzt freut sie sich auf mehr Freizeit.

Im Sommer beginnt für Isingens Ortsvorsteherin Sigrid Lehmann eine neue Zeit. Ein Lebensabschnitt, in dem sie nicht mehr fremdbestimmt ist, ihre Zeit wieder ganz frei einteilen kann und an den Abenden und Wochenenden nicht mehr verplant ist. Dass sie nach zwei Amtsperioden aufhört, stand für die Wahl-Isingerin von Anfang an fest. „Ich habe mir dieses Zeitlimit gesetzt“, sagt sie im Gespräch mit der Redaktion. Weil sie der Meinung ist, dass eine Veränderung, ein Wechsel generell dem Ort gut tut.

Sigrid Lehmanns Start an der Spitze der Isinger Kommunalpolitik war ungewöhnlich: Sie wurde 2014 vom Ortschaftsrat gleich zweimal gewählt, weil das Landratsamt die erste Wahl aufgrund eines Verfahrensfehlers für ungültig erklärt hatte. Diesen „Doppelstart“ kann man im Nachhinein als gutes Omen werten, denn die Kommunalpolitikerin, die seit 1993 mit ihrem Mann Herbert in Isingen lebt, hat in ihrer Amtszeit gemeinsam mit dem Ortschaftsrat viel bewegt.


Die bislang erste Ortsvorsteherin der Stadt

Bevor Sigrid Lehmann 2014 das Chefzimmer in der Ortschaftsverwaltung bezogen hat, waren zuvor nur Männer auf ihrem Stuhl gesessen. Nicht genug, die Isingerin nahm gesamtstädtisch eine Pionierrolle ein, weil sie die bislang einzige Ortsvorsteherin in Rosenfeld ist. Darauf angesprochen, meint sie lachend: „Ich habe keinen Schaden angerichtet.“

Dass sie eine Frau ist, habe in den vergangenen Jahrzehnt nie eine Rolle gespielt. Im Mittelpunkt standen stets Sachfragen und das Wohl des Rosenfelder Stadtteiles und seiner 620 Bewohnerinnen und Bewohner, erklärt Lehmann.

Dass sie ihre Sache gut macht, haben ihr die Isinger 2019 mit Zahlen bestätigt: Lehmann erhielt die zweitmeisten Stimmen: „Das tut gut und ist Ansporn.“

Licht- und Schattenseiten

Der Rückblick der Garten- und Naturliebhaberin, die neben ihrem Ehrenamt in Balingen eine Vollzeitstelle bei der Sparkasse Zollernalb inne hat, ist positiv, was ihrem Naturell entsprich: nicht lamentieren, die Dinge anpacken und nach vorne bringen. Diese konsequente Haltung hat ihr den notwendigen Rückhalt bei allen Entscheidungen gegeben. „Es waren Licht- und Schattenseiten“, meint sie. Für sie persönlich aber stets eine Bereicherung, „weil ich viel dazu gelernt und interessante Einblicke bekommen habe“. Denn es seien vielfach interessante Termine gewesen, die sie kraft ihres Amtes besucht hat.


Schulschließung schmerzt

Zurück zu Licht und zu Schatten. Die Schließung des Isinger Schulstandorts, den die Isinger nicht verhindern konnten, zählt zu jenen Entscheidungen, die ihr weh getan haben. „Wir haben den Blick nach vorne gerichtet und es ist etwas Neues entstanden“, erläutert sie. Heute ist das alte Schulhaus ein Treffpunkt für die Isinger. Zudem haben das Forstbüro Isingen-Heiligenzimmern und die Molkekärkälble dort ihre Heimat.


Naturkita die richtige Entscheidung

Rückgrat hat es auch bei der Einrichtung der integrierten Naturkita gebraucht. Es waren emotionale Debatten und auch Begegnungen mit den kritischen Eltern, denen die Ortsvorsteherin sachlich und mit Argumenten begegnete. Heute ist sie überzeugt, dass die Stadt das Richtige getan hat: „Wir haben einfach zu wenig Geburten in Isingen.“ Mit der Schaffung der Naturkita, die bestens angenommen wird, sei ein tragbarer Kompromiss gefunden worden.

Isingen ist bekannt

Zu einem ihrer schönsten Momente als Isinger Ortsvorsteherin zählte die Einweihung der Eschwaldhalle im Jahr 2018. Die Turnhalle beim Sportgelände ist fast täglich belegt und ein Ort, an dem die Isinger die Gemeinschaft pflegen.

Doch es sind auch die kleinen Dinge, die die Ortsvorsteherin freuen: sei es die Sanierung der Brunnen, den barrierefreien Umbau des Buswartehäuschen oder das Aufstellen der Hundetoiletten. Dass Isingen deutschlandweit wegen seiner bekannten Tiny-House-Siedlung bekannt ist, macht sie stolz, sei aber natürlich vor allem der Verdienst des Isinger Vordenkers Klemens Jakob.

Das neue Baugebiet Vor Loh steht kurz vor der Vermarktung: Dort sollen 9 Einfamilien- und 2 Mehrfamilienhäuser entstehen. Sobald der Gemeinderat den Bauplatzpreis festgelegt hat, kann die Vermarktung beginnen. Laut Lehmann gibt es eine Warteliste.

Ruhig und besonnen

Ruhig und sachlich geht die 55-Jährige Probleme an. Dank ihrer besonnenen Art habe sie auch selten durchgreifen müssen. „Außerdem bin ich überhaupt nicht nachtragend“, nennt sie eine weiter Charaktereigenschaft, die ihr im Ehrenamt zugute kommt. In ihrem Amt könne man es nicht allen recht machen. „Ich bin da Realistin“, betont die Kommunalpolitikerin, die keine Debatten scheut. „Es ist wichtig, mit den Menschen zu reden, ihnen zu erklären, warum manche Dinge nicht gehen.“

Sie freut sich auf mehr Freizeit

Fair Play, diese Regel kennt die ehemalige Fußballerin aus ihrem Sportlerleben. Nach einem Kreuzbandriss musste sie die Fußballschuhe an den Nagel hängen. Seither läuft sie mit den Sportfreunden Isingen, wandert mit ihrem Mann Herbert oder schwingt sich aufs Fahrrad. Und ebenso wie im Sport spielt für die Isingerin auch in der Ortspolitik der Teamgeist eine große Rolle.

Keine Probleme mit der GU

Genau so lange wie Sigrid Lehmann Ortsvorsteherin ist, gibt es die Gemeinschaftsunterkunft in der Neuen Straße. Auch eines der emotionalen Themen, denen Lehmann mit Sachlichkeit begegnet ist. „Die Unterkunft ist nahezu immer belegt und es gab so gut wie keine Vorkommnisse“, betont sie. Und wenn es Probleme gegeben hat und gibt, sei sie direkt auf die Bewohner zugegangen. Sie ist auch bei den regelmäßigen Treffen des Freundeskreises „Brücke“ dabei, weil sie Isingen als gastfreundliches Dorf präsentieren möchte.

Nie eine Last gewesen

Sigrid Lehmann sieht Isingen auf einem guten Weg. Deshalb hofft sie, dass die Nachfolgersuche bis zu den Kommunalwahlen am 9. Juni erfolgreich sein wird. Ihr hat das Amt mehr Freude als Frust gemacht. „Es war mir nie eine Last“, bekräftigt sie.

Jetzt aber sei die Zeit für eine Veränderung gekommen. Deshalb wird die 55-Jährige der Kommunalpolitik ganz den Rücken kehren und dem oder der Neuen nicht dreinreden. Sie freut sich auf ihren Garten und auf eine unbeschwerte Freizeit mit Freunden und ihrem Mann. Beides ist in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen.

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