Sigmaringen

Bella Italia statt Bingen: Kreispolitiker treffen sich in Villa am Comer See zur Klausur

26.04.2023

von Michael Hescheler

Bella Italia statt Bingen: Kreispolitiker treffen sich in Villa am Comer See zur Klausur

© Odehnal/Konrad-Adenauer-Stiftung

Der Sigmaringer Kreistag denkt in der Villa La Collina oberhalb des Comer Sees über die Zukunft nach.

Zu seiner Klausurtagung hat es den Kreistag, das politische Gremium des Nachbarlandkreises Sigmaringen, in die Ferne gezogen. Von Mittwoch bis Freitag vergangener Woche war das Ziel der knapp 40-köpfigen Reisegruppe die Ortschaft Cadenabbia am Westufer des Comer Sees in Italien. Den Verdacht auf eine zweifelhafte Dienstreise haben die Verantwortlichen aber zurückgewiesen.

Der Ort, an dem der Kreistag sich traf, ist unter anderem bekannt, weil der erste deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer dort häufig seine Ferien verbrachte. In der Villa La Collina nächtigte die Sigmaringer Reisegruppe. Das Anwesen gehört der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung und wird als Tagungsresidenz vermietet.

Deshalb ging es nach Italien

Warum die Ortschaft im Norden der Lombardei als Ziel für die Klausurtagung festgelegt wurde, begründet das Landratsamt so: „Die Villa war uns als gute Tagungsstätte bekannt.“

Neben des inhaltlichen Austauschs habe der Kreistag die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen zum Anlass genommen, bei den Kommunalpolitikern für eine künftige Amtszeit zu werben, beschreibt Caroline Messerschmidt, Leiterin der Zentralstelle des Landratsamts, ein zweites Motiv für die Klausurtagung am Comer See.

Freizeit kam nicht zu kurz

Deshalb seien verschiedene Freizeitaktivitäten ins Programm eingeflossen. Wer wollte, habe die Villa del Balbianello besichtigen können. Zum Abschluss sei der Kreistag mit dem Linienschiff von Cadenabbia nach Como gefahren, um von dort die Heimfahrt anzutreten. Bei der Hinfahrt wurde ein Stopp in Bellinzona, der Regionalhauptstadt des Schweizer Tessins, eingelegt. Die Reisegruppe erlebte eine Führung durch die Altstadt und die Festungsanlage.

Kreistagsmitglied lenkte den Bus

Der Zwischenstopp hatte den Vorteil, dass Kreisrat Frank Bühler, der den Bus steuerte, die vorgeschriebene Ruhepause einlegen konnte, so das Landratsamt. Nach eigenen Angaben stellte Bühler „kostenfrei seine Arbeitskraft zur Verfügung“. Die Kosten für den Bus, das Benzin und die Maut würden ihm vom Landkreis erstattet, so Bühler.

„In so einer Klausurtagung richtet man sich strategisch aus“, sagt Bühler, dies sei wertvoll und richtig, weil die Themen ohne Zeitdruck zu Ende diskutiert werden könnten. „In Herbertingen, wo ich herkomme, machen wir das auch“, sagt der Kreisrat. Bei einer Klausurtagung stehe der inhaltliche Austausch im Mittelpunkt, es handle sich um keine Vergnügungsfahrt, so Messerschmidt.

Costa quanta? – Die bekannten Kosten

Zu den Kosten: „Wir gehen davon aus, dass sich die Kosten in der Größenordnung für vergangene Klausurtagungen bewegen“, teilt Pressesprecher Sebastian Korinth mit. Genaue Zahlen nennt er nicht, da noch nicht alle Rechnungen vorlägen. Im Haushalt 2022 war für eine Klausurtagung ein Budget in Höhe von 13.000 Euro vorgesehen. Pro Übernachtung verlangt die Villa je nachdem, ob die Gäste in einem Einzel- oder Doppelzimmer unterkommen, zwischen 100 und 135 Euro pro Person. Knapp 40 Gäste gehörten zur Reisegesellschaft. Zudem macht das Landratsamt deutlich, dass die Kreisräte zur Deckung der Kosten auf die Ausschüttung des ihnen zustehenden Sitzungsgeldes verzichteten.

Letzte Tagung war in Bingen

Rückblick: Um die Schließungspläne für die Krankenhäuser in Bad Saulgau und Pfullendorf zu diskutieren, hatten sich die Kreistagsmitglieder im September 2021 zu einer Klausurtagung in der Sandbühlhalle im zentral gelegenen Bingen versammelt.

Wenn politische Gremien in Klausur gehen, dürfen die Tagungsgäste in der Öffentlichkeit nicht über die besprochenen Themen sprechen. Diese publik zu machen, sei Sache der Landrätin: In ihrem Auftrag gibt Pressesprecher Korinth einen groben Überblick, ohne inhaltlich ins Detail zu gehen.

Bürgernahe Themen

Der Kreistag habe sich unter anderem mit der Seniorenkonzeption befasst, „etwa mit den Fragen, wie wir für die Bürgerinnen und Bürger auch im Alter eine hohe Lebensqualität gewährleisten und die demografische Entwicklung aktiv mitgestalten können“, beantwortet der Pressesprecher die Anfrage unserer Zeitung. Ein weiteres wichtiges Thema sei die Aufstellung des öffentlichen Nahverkehrs für die Zukunft gewesen, auch mit Blick auf die Elektrifizierung der Zollernbahn. Darüber hinaus habe sich der Kreistag mit der Beteiligungsrichtlinie des Landkreises und mit der Hauptsatzung beschäftigt, die beispielsweise die Zuständigkeiten der Gremien und der Landrätin regele.

Spannender Besuch kam hinzu

An einem Abend bekam die Reisegruppe aus dem Kreis Sigmaringen Besuch vom Vorstandsvorsitzenden der EnBW, Andreas Schell. Nach dem Ende der Kernkraft und dem geplanten Ausstieg aus der Kohleverstromung sei es um den zukünftigen Energiemix und die Sicherstellung der Versorgungssicherheit gegangen.

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