Balingen

Balinger Waagenbauer Bizerba baut konzernweit 450 Stellen ab

30.01.2024

von Pressemitteilung

Balinger Waagenbauer Bizerba baut konzernweit 450 Stellen ab

© Bizerba

Bizerba – hier das Stammgebäude in Balingen – baut zehn Prozent der Stellen ab.

Paukenschlag bei Bizerba: Das Balinger Unternehmen, das international agiert, baut Stellen ab – laut Unternehmensangaben werden konzernweit 10 Prozent gestrichen. Das entspricht 450 Arbeitsplätzen. Das Unternehmen begründet dies mit einer Reaktion „auf eine Vielzahl exogener Schocks, die in den letzten Jahren die Weltwirtschaft erschüttert haben“. Die betroffenen Mitarbeiter sollen in den kommenden Tagen und Wochen informiert werden. Betriebsbedingte Kündigungen können laut Mitteilung des Unternehmens aktuell nicht ausgeschlossen werden.

Das Unternehmen bestätigt am Dienstagvormittag das, was seit einiger Zeit gerüchteweise kursiert: einen großangelegten Stellenabbau – nicht nur im Stammwerk in Balingen, sondern konzernweit. Am Morgen sind alle Mitarbeiter über anstehende Veränderungen in Bezug auf einen Stellenabbau im Unternehmen informiert worden.

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In der dazugehörigen Pressemitteilung heißt es: In einer Zeit, die von Ereignissen wie der Corona-Krise, dem Ukraine-Krieg, Lieferproblemen und dem Nahostkonflikt geprägt ist, sieht sich Lösungsanbieter Bizerba mit zusätzlichen Herausforderungen konfrontiert. Im Jahr 2022 musste das Unternehmen auch einen schwerwiegenden Cyber-Angriff bewältigen, der den regulären Geschäftsbetrieb monatelang beeinträchtigte.

Anpassungen in Organisationsstruktur und Angebot

Andreas W. Kraut, CEO bei Bizerba, wird zitiert: „Wir leben in einer sich ständig wandelnden Welt und wir müssen uns ebenso schnell verändern und anpassen, um auch Krisenzeiten zu überstehen.“ Um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen, hat das Unternehmen verschiedene Maßnahmen eingeleitet. Dazu gehört der Pressemitteilung des Unternehmens zufolge beispielsweise die Weiterentwicklung der Organisationsstruktur sowie die Überprüfung des Produktportfolios in den einzelnen Märkten. Dadurch sollen Synergien innerhalb des Unternehmens besser genutzt und die Profitabilität verbessert werden, teilt Bizerba mit.

Personalplanung muss nach unten korrigiert werden

Mit den eingeleiteten Maßnahmen geht eine Unternehmenstransformation einher, die einen weiteren Schritt erforderlich macht: „Unsere Unternehmensplanung war für die kommenden Jahre auf ein konstantes Wirtschaftswachstum ausgerichtet – so auch die Personalplanung. Leider mussten wir, wie sehr viele andere Unternehmen auch, diese Planungen nach unten korrigieren. Mit großem Bedauern sehen wir uns daher gezwungen, konzernweit etwa 10 Prozent der Stellen abzubauen“, erklärt CEO und Gesellschafter Andreas W. Kraut in der Mitteilung. Das in fünfter Generation geführte Familienunternehmen beschäftigt eigenen Angaben zufolge weltweit rund 4500 Mitarbeiter, es geht demnach um 450 Arbeitsplätze.

Balinger Waagenbauer Bizerba baut konzernweit 450 Stellen ab

© Bizerba

CEO und Gesellschafter von Bizerba: Andreas W. Kraut.

Und weiter: „Wir setzen dabei hauptsächlich auf Vorruhestandsregelungen und Aufhebungsvereinbarungen, können betriebsbedingte Kündigungen zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht ausschließen.“

Betroffene Mitarbeiter werden demnächst informiert

Während die genauen Einzelheiten des Stellenabbaus noch ausgearbeitet werden, unterstreicht Kraut nachdrücklich, dass diese Entscheidungen nicht leichtfertig getroffen werden, jedoch angesichts der aktuellen Lage unausweichlich sind, wie aus der Presseinformation hervorgeht. Er betont, dass die strategisch festgelegten Veränderungen das Unternehmen bestmöglich für die zukünftige Wettbewerbssituation positionieren.

Bizerba plant, den Betroffenen in den kommenden Tagen und Wochen weitere Informationen und klare Details zu diesem Prozess bereitzustellen, um sicherzustellen, dass diese angemessen informiert und unterstützt werden, heißt es abschließend.

Bizerba hat Produktionsstätten in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Spanien, Serbien, China sowie in den USA. Daneben unterhält die Unternehmensgruppe eigenen Angaben zufolge ein weltweites Netz von Vertriebs- und Servicestandorten.

Stellenabbau in Meßkirch höher als 10 Prozent

Aber bedeutet der Abbau von konzernweit rund 10 Prozent der Stellen im Umkehrschluss, dass an den beiden Standorten in der Region – am Stammsitz in Balingen und am Produktionswerk in Meßkirch im Nachbarlandkreis Sigmaringen – jeweils dieselbe Prozentzahl der Stellen wegfällt? „In Balingen werden entsprechend rund 10 Prozent betroffen sein“, antwortet Unternehmenssprecherin Corinna Datz auf ZAK-Nachfrage. „Am Standort Meßkirch liegt die Prozentzahl etwas höher“, ergänzt sie in ihren Ausführungen. „Dabei ist jedoch wichtig zu beachten, dass dort in den letzten zwei Jahren ein bedeutender Großauftrag abgewickelt wurde, der die Schaffung zusätzlicher befristeter Stellen erforderlich machte. Diese Stellen laufen nun planmäßig aus.“

Stellenabbau hängt nicht mit neuem Werk in Serbien zusammen

Schwerpunkte in den Konzernsparten lassen sich zudem nicht ausmachen. „Vom Abbau betroffen sind übergreifend alle Bereiche, Standorte und Länder“, so die Auskunft von Bizerba. „Die genauen Zahlen werden derzeit in laufenden Gesprächen mit den weltweiten Gremien verhandelt und können daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht exakt quantifiziert werden“, schreibt Corinna Datz. Und sie räumt mit einer Vermutung auf: „Die Gründe für den weltweiten Stellenabbau sind – wie in der Pressemitteilung beschrieben – vielfältig, stehen aber nicht in Zusammenhang mit dem Werk in Serbien.“ Dieses Werk, mit dem bis zu 300 neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind, wurde im April 2023 in Valjevo eröffnet.

IG Metall war nicht an Gesprächen beteiligt

Der Stellenabbau, vor allem in diesem Umfang, kam unerwartet, meint Michael Föst. Der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Albstadt, die Gewerkschaft ist Interessensvertreter der Bizerba-Mitarbeiter, war eigenen Angaben zufolge in die Gespräche im Vorfeld nicht einbezogen. Der Betriebsrat von Bizerba führe, mit hinzugezogenem Rechtsbeistand, die Verhandlungen mit der Geschäftsführung des Unternehmens, sagt Föst. Er habe deshalb auch keine weitere Kenntnis über Zahlen, Details der sozialverträglichen geplanten Regelungen sowie über weitere Absprachen, als das, was das Unternehmen auch in der Presseinformation an die Öffentlichkeit herausgegeben habe. Klar ist für ihn jedoch, dass die IG Metall den Mitarbeitern bei Bedarf zur Seite stehen wird, wenn beispielsweise Rechtsbeistand benötigt wird.

Betriebsversammlungen am Mittwoch

Diesen Mittwoch finden an den Standorten in der Region Betriebsversammlungen statt. Hier wird Föst in seiner Funktion als IG-Metall-Bevollmächtigter auch das Wort bekommen. Vormittags ist die Versammlung in Balingen, im Anschluss in Meßkirch – im Werk im Nachbarlandkreis Sigmaringen gebe es laut Föst eine Menge befristet Beschäftigte, merkt auch er an und betont aber im gleichen Zuge, nichts Konkretes zu wissen, wie sich dieser Sachverhalt auf den Stellenabbau auswirke. „Man muss genau schauen, was geht und wie der Abbau sozialverträglich gemacht wird“, betont der Gewerkschafter. Etwas Gutes gewinnt er der Tatsache ab, dass er als Vertreter der IG Metall bisher nicht an den Verhandlungsgesprächen beteiligt gewesen ist: Der Stellenabbau stehe daher nicht in Verbindung mit tarifpolitischen Elementen.

Kritik an Unternehmensplanung

Michael Föst äußert auch Kritik, und zwar an der Unternehmenspolitik und die angegebene Ausrichtung der Unternehmensplanung auf konstantes Wirtschaftswachstum. „Wir wissen, es gibt gute und es gibt schlechte Jahre; das geht manchmal Schlag auf Schlag“, sagt Föst dazu.

Und er hält fest, dass hinter jedem, der gegebenenfalls gekündigt wird – wie eingangs erwähnt kann Bizerba derzeit nicht ausschließen, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden – Familien stehen, denen dann ein gesichertes Einkommen wegfalle. Positiv bewertet der IG-Metall-Bevollmächtigte aber die Chancen und Möglichkeiten im Zollernalbkreis: Die Region sei noch relativ stabil, was die Arbeitslosenzahlen und den Arbeitsmarkt angehe – und damit noch aufnahmefähig.

Wirtschaftsministerin äußert sich nicht zum Stellenabbau

„Da es sich um das Familienunternehmen handelt, wird sich Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut dazu nicht äußern“, lautete die Antwort des Leiters Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg. Die Redaktion hatte eine Stellungnahme der Wirtschaftsministerin des Landes angefragt.

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