Albstadt-Tailfingen

Albstadts Stadtbrandmeister Michael Adam im Videointerview

07.11.2017

von Michael Würz

Nach dem Brand bei der Textilfirma Carl Meiser in Tailfingen zeichnet sich ab: Die Feuerwehr hat wohl ein kleines Wunder vollbracht. Dass die Produktion fortgesetzt werden kann, scheint denkbar.

Die Scheinwerfer der Feuerwehr tauchen die Brandruine in Tailfingen am Dienstagabend in gespenstisches Licht. Mehr als 24 Stunden ist es her, als hier, aus der Produktionshalle der Firma Carl Meiser, meterhohe Flammen schlugen. Allen hier steckt der stundenlange Einsatz in den Knochen; bis um 4 Uhr waren sie in der Nacht zum Dienstag im Einsatz. Albstadts Stadtbrandmeister Michael Adam ist ein müder Mann an diesem Abend – aber einer, der stolz ist auf seine Leute, die hier alles gegeben hatten. Adam hat die Bilder noch genau vor Augen. Wie sich die Flammen rasend schnell durch die Decke gefressen hatten. Wie sie innerhalb von Minuten entscheiden mussten, wie sie gegen das Feuer vorgehen, das im Dach der Textilfirma wütete.

Erst am Tag danach wird klar: Sie haben richtig entschieden. „In der Produktionshalle kann man fast vom Boden essen“, beschreibt Stadtbrandmeister Adam die Situation im Inneren des Gebäudes, die er – angesichts des Infernos am Abend zuvor – selbst kaum glauben kann. Auch den großen Wasserschaden, den ein solcher Großeinsatz der Feuerwehr üblicherweise hinterlässt, haben sie am Dienstag vergeblich gesucht. „Stellenweise konnten wir gar kein Wasser abpumpen, so trocken war es“, sagt Adam. Das spricht einerseits für die gut durchdachte Bauweise des Firmengebäudes, andererseits zeigt sich aber auch: Die Feuerwehr muss beachtliche Arbeit geleistet haben. Ein großes Chemielager überstand den Brand ebenso unbeschadet wie hochwertige Maschinen, die sie bei Carl Meiser erst angeschafft hatten.

Albstadts Stadtbrandmeister Michael Adam im Videointerview

© Michael Würz

Spektakulärer Einsatz bei Nacht: Die Absturzsicherungsgruppe der Onstmettinger Feuerwehr seilt sich am Dienstagabend bei eisigen Temperaturen von einem Spezialkran aus in die Tailfinger Brandruine ab.

Während der Stadtbrandmeister am Dienstagabend Bilanz zieht, seilt sich die Absturzsicherungsgruppe der Onstmettinger Feuerwehr in die Brandruine ab. „Wir haben vereinzelt noch heiße Stellen im Dach und wollen sichergehen, dass sich keine Glutnester mehr darin verbergen“, erklärt Adam.

Schnell hatte sich am Dienstagnachmittag herausgestellt: Mit dem Bagger, mit dem sie die verbrannten Dachteile abtragen wollten, kommen sie hier nicht weiter. Ein Spezialkran muss her; weil jedoch der in Reutlingen gerade im Kundendienst ist, kommt am Dienstagabend der Kran der Ulmer Feuerwehr nach Tailfingen. Mit einem Drahtseil, das die Spezialisten der Absturzsicherungsgruppe an den Trümmerteilen des Daches anbringen, gelingt es schließlich, die verbrannten Dachteile nach und nach mit dem Bagger auf die Erde zu hieven. Vor Mitternacht wird auch an diesem Abend keiner der Helfer zu Hause sein.

„Unser tief empfundener Dank gilt den Feuerwehrleuten, den Polizeibeamten, den Mitarbeitern des Roten Kreuzes sowie allen ehrenamtlichen Helfern, die sich hier für uns einsetzen“, hatte Jens Meiser, Geschäftsführer der Textilfirma, unserer Zeitung bereits am Nachmittag gesagt. „Ich bedanke mich aber auch bei meinen Mitarbeitern, die sich sehr umsichtig verhalten haben.“ Meiser zeigte sich nach dem Großbrand tief betroffen, zugleich aber auch entschlossen: „Wir wollen so bald wie möglich hier am Standort weiterarbeiten. Unser Ziel ist die Produktion zum frühestmöglichen Zeitpunkt.“ Vor allem aber sei er erleichtert, dass es bei dem Feuer keine Verletzten gegeben hatte. „Das war für mich die wichtigste Nachricht nach dem Brand“, sagte Meiser.

Ein technischer Defekt?

Ermittler der Kripo haben sich am Dienstag in dem Firmengebäude auf Spurensuche begeben. Thomas Kalmbach, Sprecher des Polizeipräsidiums Tuttlingen, gab sich angesichts der noch laufenden Untersuchungen am Dienstag bedeckt, ließ aber durchblicken: Ein technischer Defekt gilt als wahrscheinlichste Brandursache. Die Polizei rechnet heute mit einem Ergebnis ihrer Ermittlungen. Dann könne auch der genaue Schaden besser beziffert werden, so Kalmbach. Fest steht: Zumindest das Verwaltungsgebäude der Firma hat es schlimm erwischt. Doch dass sie bei Carl Meiser in absehbarer Zeit wieder produzieren – diese Hoffnung scheint berechtigt.

Diesen Artikel teilen: