Knysna/Schömberg

Feuerwalze dreht 50 Meter vor dem Guesthouse der Schömberger

09.06.2017

von Rosalinde Conzelmann, Michael Würz

Ines und Andreas Merz erleben in Südafrika nach angstvollen Stunden ein kleines Wunder. Ihr Hotel blieb von den Flammen verschont.

Knysna brennt. Die halbe Stadt brennt. Wir evakuieren jetzt. Diese drei dramatischen Sätze hat Andreas Merz am Mittwochabend um 20 Uhr auf seinem Facebookprofil gepostet. Wenige Stunden später – für den gebürtigen Schömberger und seine Ehefrau Ines die bislang schlimmsten ihres Lebens – gibt Merz Entwarnung. „Es geht uns gut, wir sind müde und erschöpft, aber wohlauf“, teilt der Gastronom und studierte Betriebswirt der ZAK-Redaktion mit.

Feuerwalze dreht 50 Meter vor dem Guesthouse der Schömberger

Das Feuer hatte in unmittelbarer Nähe des Hotels der Schömberger Auswanderer gewütet. Foto: privat

Was war geschehen? Schon seit Wochen und Monaten ist es in Südafrika viel zu trocken. „Dazu hatten wir Hitze und extrem starken Wind“, berichtet der Hotelier, der vor zwei Jahren mit seiner Ehefrau Ines ausgewandert ist. Ihre neue Heimat ist die 50 000-Einwohner-Stadt Knysna an der Garden-Route. Die Stadt in der Westkap-Provinz von Südafrika liegt an einer rund 20 Quadratkilometer großen Lagune, die nur durch eine schmale felsige Einfahrt, die Knysna Heads, mit dem Indischen Ozean verbunden ist. Dort betreibt das Ehepaar das Guesthouse Candlewood.

Starke Winterstürme, durch die in der Region bereits acht Personen ums Leben gekommen waren, fachten die Brände an. Laut Merz hatte das Feuer auf einer Seite der Lagune begonnen und der starke, drehende Wind hat einen Stadtteil nach dem anderen in Brand gesetzt. Als sich die Flammen immer mehr Candlewood näherten, wurden alle Bewohner am Mittwochabend gegen 20 Uhr evakuiert. „Es war wirklich furchtbar; in zehn Minuten musst du überlegen, was dir am Wichtigsten ist und wie du deine Gäste mitnimmst“, beschreibt Merz die Hilflosigkeit und Angst in diesen Stunden. Er habe die brennenden Wälder hinter seinem Gebäude gesehen.

Als das Feuer noch etwa 50 Meter vom Haus entfernt war, ist ein kleines Wunder passiert. „Der Wind hat gedreht“, berichtet Merz von diesem unglaublichen Moment. Gemeinsam hätten sie bis halb fünf Uhr morgens die Flammen im angrenzenden Wald gelöscht. Und am Donnerstagmorgen habe dann der Regen eingesetzt. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich über Regen so freuen kann“, schreibt er über Facebook. Allen gehe es jetzt soweit wieder gut.

Feuerwalze dreht 50 Meter vor dem Guesthouse der Schömberger

Zum Lachen ist Ines und Andreas Merz (hier ein Foto aus dem Archiv) im Moment nicht zumute. Doch nach sorgenvollen Stunden können sie immerhin wieder aufatmen. Foto: privat

Ines Merz habe schon die zuständige Behörde verständigt, weil Telefon und Strom zusammengebrochen waren. „Wir hatten so viel Glück und sind nur froh, dass es allen gut geht“, bringt Andreas Merz seine Erleichterung zum Ausdruck. Während der Evakuierungsaktion sind wohl bis zu 10 000 Personen in Sicherheit gebracht worden. „Vor Ort spricht man von vier Toten“, berichtet Merz, als er sich am Donnerstagabend noch einmal in der ZAK-Redaktion meldet. Das deckt sich mit den Nachrichten deutscher Medien, die Andreas Merz im Netz verfolgt. Rund 200 Häuser sollen der Feuersbrunst zum Opfer gefallen sein, hört Merz vor Ort.

#KnysnaFire Eden district authorities urging motorists between Knysna CBD and White Bridge to head back to CBD. Evacuations carried out. XK pic.twitter.com/cm2pe5gVhm

Das 500 Kilometer östlich von Kapstadt gelegene Knysna war wohl am stärksten von dem Flächenbrand betroffen, schreibt die Neue Zürcher Zeitung. Der Brand war eines der schlimmsten in den vergangenen drei Jahrzehnten – und für die Auswanderer Ines und Andreas Merz die bislang größte Bedrohung ihrer neuen Existenz auf dem Schwarzen Kontinent. „Das Tolle aber ist, dass sie in Knysna alle zusammenarbeiten“, schreibt Andreas Merz am Donnerstagabend: „Viele Leute aus Knysna haben andere aufgenommen. Freiwillige kämpfen im Busch gegen immer wieder aufflammende Brandherde. In mehreren Restaurants gibt es kostenloses Essen, und in einigen Stationen bieten sie Decken und was man sonst noch braucht.“

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