Geislingen

„Wir müssen laut bleiben“: BI Waldhof simuliert Fluglärm in zehn betroffenen Gemeinden

24.04.2024

Von Rosalinde Conzelmann

„Wir müssen laut bleiben“: BI Waldhof simuliert Fluglärm in zehn betroffenen Gemeinden

© Rosalinde Conzelmann

Trotz der Kälte versammeln sich am Abend zahlreiche Menschen auf dem Geislinger Schlossplatz, um gemeinsam gegen das geplante Absetzgelände Flagge zu zeigen.

Am „Tag des Lärms“ ist die Bürgerinitiative Waldhof lauter als sonst. Die BI-Vorstände Tobias Hölle und Tobias Vötsch und Mirijam Wagner fahren mit einem umgebauten Feuerwehrauto durch zehn an den Waldhof angrenzende Orte. Aus den Boxen auf der Ladepritsche dröhnt, scheppert und brummt es. Die BI simuliert, was auf die betroffenen Gemeinden an KSK-Übungstagen zukommen könnte. Das Fazit bei der abschließenden Kundgebung auf dem Schlossplatz: Das Wachrütteln hat funktioniert.

Nachdem es in den vergangenen Monaten ruhiger geworden war um die BI, ist der „Tag des Lärms“ am Mittwoch eine gute Gelegenheit für die Mitglieder, das geplante KSK-Absprunggelände wieder ins Gespräch zu bringen und mit einer Aktion an die Öffentlichkeit zu gehen. Die BI simuliert den zu erwartenden Fluglärm in zehn Ortschaften, zeigt auf, wie laut es werden könnte, wenn die Flugzeuge und Hubschrauber anfliegen, um die KSK- Fallschirmspringer und auch Soldaten der US-Streitkräfte abzusetzen – an den 120 Übungstagen im Jahr.

Start der „Lärmtour“ ist in Erlaheim, wo sich die BI-Vorstände auf dem Parkplatz am Ortsrand sammeln, bevor es losgeht. Tobias Hölle sitzt am Steuer des roten Vehikels. Wie sein Beifahrer und Mit-Vorstand Tobias Vötsch mitteilt, hat BI-Sprecher Ernst Schatz die zu erwartenden Fluggeräusche bei einem Übungsbetrieb auf dem Waldhofgelände aufgenommen. Zu hören sind die Rotorengeräusche eines Transporthubschraubers CH-47, den die Bundeswehr einsetzt, sowie der Lärm, den die militärischen Transportflieger PZL M28 Skytruck und Airbus A400M verursachen – wenn sie Fallschirmspringer absetzen. 80 bis 90 Dezibel laut seien die Flugzeuge, die vom KSK und den US-Streitkräften eingesetzt würden, sagen die BI-Vorstände. Uns so laut dröhnt es dann auch aus der Dauerschleife der Lautsprecherboxen.

Polizeifahrzeug begleitet Tour

Die von der BI angemeldete Demonstration wird auf einem Teil der Strecke von einem Polizeifahrzeug begleitet. Kurz dabei sind auch Vertreter des Geislinger Ordnungsamts und des Landratsamts. Nach Erlaheim und Binsdorf fahren die „Krachmacher“ die Orte Isingen, Rosenfeld, Leidringen, Täbingen, Dautmergen, Dormettingen, Erzingen und Geislingen an, um in langsamem Tempo jeweils durch die dortigen Straßen zu fahren.

In seltenen Fällen öffnen Anlieger ihre Fenster, um zu schauen, woher der Krach kommt. Vereinzelt zücken Anwohner ihre Handys, um das Spektakel aufzunehmen. Es ist ein kalter Nachmittag und auf den Straßen der Ortschaften, die angefahren werden, ist wenig los. Am späteren Nachmittag dann ein anderes Bild: Jetzt winken mehr Anwohner dem roten Fahrzeug zu. Viele zeigen „Daumen hoch“ und drücken damit ihre Solidarität aus.

Im März 2025 soll Entscheidung fallen

Der Bürgerinitiative bleibt nicht mehr viel Zeit, um für ihre Sache zu kämpfen. Das führen sie auch auf den aktuellen Flugblättern zum „Tag des Lärms“ aus. „Bis März 2025 können wir uns noch für Ihre Freizeit und Ihre Erholung stark machen. Dann wird die Entscheidung für oder gegen ein militärisches Absprunggelände am Waldhof fallen. Erst dann ist das Buch zu“, schreiben sie.

Das sind die Argumente

Sie weisen wiederholt darauf hin, wofür sie sich stark machen: für eine lebenswerte und ruhige Zukunft im Zollernalbkreis; für den gesundheitlichen Schutz der Bevölkerung; für den Erhalt des Naherholungsgebiets zwischen Waldhof und Kaiserstein; für 90 Hektar bestes Ackerland und gesicherte regionale Lebensmittelversorgung und die Sicherung archäologischer Schätze aus der Zeit von 6500 v.Chr. bis 800 n. Chr.

„Wir müssen laut bleiben“: BI Waldhof simuliert Fluglärm in zehn betroffenen Gemeinden

© Rosalinde Conzelmann

Mit einem umgebauten Van sind die BI-Vorstände Tobias Hölle (am Steuer) und Tobias Vötsch sowie BI-Mitglied Mirijam Wagner durch die vom Fluglärm betroffenen Gemeinden gefahren und haben ordentlich Krach gemacht.

Nach der letzten Lärmdemonstration in Geislingen versammeln sich zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Ort und den betroffenen Nachbargemeinden mit Bannern auf dem Schlossplatz, um gemeinsam ihre Stimmen gegen das geplante Absprunggelände zu erheben.

Die Resonanz ist positiv

Tobias Vötsch tritt als Erster ans Rednerpult. Er sagt, dass die BI am Nachmittag nur positive Resonanz erfahren hat und formuliert nochmals die Forderungen der Waldhof-Gegner. Es sei der BI gelungen, die Menschen wachzurütteln. „Wenn der Lärm von oben kommt, ist es nochmals eine ganz andere Dimension“, stellt er fest. Bei einer eindrucksvollen Demonstration ist zu hören, wie laut beziehungsweise wie leise Vogelgezwitscher mit 45 Dezibel im Vergleich zu Flugzeuglärm mit 78 Dezibel ist. Laut Staatsministerium ist der errechnete Fluglärm beim Waldhof nicht lauter als Vogelgezwitscher. Vötsch kritisiert die Vorgehensweise: „Wir fordern ein realistisches Lärmgutachten und keinen errechneten Jahresdurchschnittswert.“ Denn bislang gibt es von offizieller Seite keine Angaben über die zu erwartende Lautstärke.

„Wir müssen laut bleiben“: BI Waldhof simuliert Fluglärm in zehn betroffenen Gemeinden

© Rosalinde Conzelmann

Die Waldhof-Gegner wollen weiter kämpfen.

Der Appell von Manfred Kränzler, betroffener Landwirt und Mitglied der BI, lautet: „Wir müssen laut werden, um Ruhe zu bewahren.“ Er weist darauf hin, dass Lärm krank macht und Lärm alle berührt. Das aber werde von den Verantwortlichen klein geredet. Er formuliert viele Zweifel, – „wenn das Gelände erst da ist, ist es zu spät“ – bezeichnet die Verhältnismäßigkeit als die große Frage und spricht von einer historischen Entscheidung. Deshalb müsse die BI laut bleiben und sogar noch lauter werden.

Tobias Hölle gibt sich kämpferisch

BI-Vorstand Tobias Hölle gibt sich kämpferisch. Gemeinsam habe man an diesem Nachmittag ein starkes Zeichen gesetzt. „Wir sind uns sicher, dass der eine oder andere den Ernst der Lage erkannt hat“, betont er. Deshalb werde die BI weiterkämpfen. Dabei sei jede helfende Hand willkommen. Er bedankt sich bei der Stadt Geislingen, der Polizei und dem Landratsamt für die gute Zusammenarbeit an diesem Tag.

Der Binsdorfer bekräftigt, dass noch gar nichts entschieden ist: „Das Buch ist noch lange nicht zu.“ Deshalb gelte es weiterzumachen. Seine Forderung an das Land: „Wir erwarten endlich grüne Entscheidungen von unserer Regierung.“

Bei allen drei Rednern brandet immer wieder Zwischenapplaus auf.

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