Dotternhausen

Rund 400 Jahre Dotternhausener Geschichte: Das Archiv ist Erbe und Fingerabdruck der Gemeinde

28.03.2024

Von Daniel Seeburger

Rund 400 Jahre Dotternhausener Geschichte: Das Archiv ist Erbe und Fingerabdruck der Gemeinde

© Daniel Seeburger

Dotternhausens Bürgermeisterin Marion Maier inmitten von 79 laufenden Metern Archivmaterialien, fein säuberlich einsortiert. Temperatur und Luftfeuchtigkeit werden überwacht.

Den Super-GAU bemerkte man im Dotternhausener Rathaus vor 11 Jahren. Im Keller des erst 1997 eingeweihten neuen Rathauses wurde Schimmel entdeckt. Hauptleidtragender war das Archiv. Jetzt sieht die Sache wieder besser aus. Das Kreisarchiv konnte den ersten Teil eines Findbuchs an die Gemeinde übergeben.

Kreisarchivar Dr. Uwe Folwarczny stellte das Findbuch in der jüngsten Gemeinderatssitzung den Räten vor. Dabei wurde allerhand Interessantes aus der Dotternhausener Geschichte aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Dabei waren die Voraussetzungen alles andere als gut.

Neues Rathaus wurde 1997 eingeweiht

Ein Blick zurück: 1997 wurde das neue Rathaus am Dorfplatz eingeweiht. Aber nicht nur die Verwaltung zog aus dem alten Rathaus um, das gegenüber der Kirche lag, da wo heute die Volksbank Albstadt ihr Domizil hat. Auch das Archiv der Gemeinde fand eine neue Heimat im Keller des neuen Rathauses. Und das war schlecht.

Denn die neue Umgebung war für die alten Bestände ganz offensichtlich Gift. Im Jahr 2012 stellte man fest, dass ein nicht unbedeutender Teil des Gemeindearchivs von Schimmel befallen war. Obwohl nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden konnte, dass der Schimmel aus dem alten ins neue Rathaus mit umgezogen war, gingen Experten davon aus, dass die Kellerräume beim Bezug des neuen Gebäudes noch nicht vollständig ausgetrocknet waren und das ein gewichtiger Grund für die Schimmelbildung gewesen war.

Schimmelbekämpfung kostete 2013 rund 60.000 Euro

Die Gemeindeverwaltung machte Nägel mit Köpfen. Ein Fachbetrieb wurde hinzugezogen, die Restaurierung des gesamten Archivs war dann auch mit hohen Kosten verbunden. Weit über 40.000 Euro musste die Gemeinde bereitstellen. Der Aufwand war hoch, alle Blätter des Archivbestands mussten chemisch behandelt und danach von Hand gesäubert werden. Zudem mussten die Räume, in denen das Archiv untergebracht war, steril gemacht werden. Dafür musste die Gemeinde im Jahr 2013 weitere 20.000 Euro bereitstellen. Im Jahr 2020 schließlich zog das gesamte Archiv ins Magazin des Rathauses. Dort sind die Voraussetzungen nun viel besser.

Schließlich machte sich vor vier Jahren Diplomarchivar Alfons Koch vom Kreisarchiv daran, die Materialen genauer zu sichten, zu ordnen und zu katalogisieren. Den ersten Teil seiner akribischen Arbeit können die Gemeinderäte nun mit dem ersten Teil des Findbuchs in Händen halten. Damit haben die Gemeinde und die Nutzer des Archivs die Möglichkeit, sich einen Überblick über den Bestand zu machen.

Knapp 2300 Archivalien werden verzeichnet

Und der ist in Dotternhausen recht umfangreich. Von 79 laufenden Metern sprach Kreisarchivar Dr. Uwe Folwarczny. Dabei werden die Jahre 1628 bis 1998 umfasst. Das Findbuch hat 291 Seiten und verzeichnet knapp 2300 Archivalien. „Das ist das Erbe und der unverwechselbare Fingerabdruck ihrer Gemeinde“, führte Dr. Uwe Folwarczny aus.

Rund 400 Jahre Dotternhausener Geschichte: Das Archiv ist Erbe und Fingerabdruck der Gemeinde

© Daniel Seeburger

Marion Maier hält eines der Schmuckstücke des Archivs: Das "Urbar" von 1763.

Er stellte zusammen mit Alfons Koch einige der Schmuckstücke des Dotternhausener Gemeindearchivs vor. Beispielsweise den Riedlinger Vertrag von 1605, der die Frondienste mit der Herrschaft von Stotzingen regelt. Allerdings fehlt hier das Original. „Das war vor einigen Jahren noch da“, erklärte Gemeinderat Otto Scherer, der in seiner mehrere Jahrzehnte andauernden Tätigkeit als Hauptamtsleiter der Gemeinde einen guten Überblick auch über das Archiv hat. Weshalb der Vertrag nun fehlt, ob er ausgeliehen und dann nicht mehr zurückgegeben wurde, können im Augenblick weder Scherer noch Alfons Koch nachvollziehen. Der Archivar ist aber optimistisch. „Ich bin dem Original auf der Spur“, verrät er und deutet damit an, dass die Arbeit in einem Archiv durchaus auch kriminalistischen Spürsinn und umfangreiche Recherchearbeit erfordert.

Archivalische Edelsteine

Aber auch andere archivalische Edelsteine konnte Alfons Koch aufspüren. So beispielsweise die Viehtriebsordnung von 1613. Darin ist genau geregelt, in welchen Gewannen die Beweidung gestattet war. Oder aber ein umfangreiches „Urbar“ von 1763, in dem die Besitzverhältnisse und die Steuerlast verzeichnet sind.

Nach dem Umzug vor vier Jahren in das neue Magazin im Rathaus hätten sich die Verhältnisse eindeutig verbessert. „Der Endzustand ist wirklich toll“ erklärte Dr. Uwe Folwarczny. So gut, dass auch noch weitere Überraschungen zu erwarten seien. Einige interessante Funde gibt es heute schon. Beispielsweise die Gemeinderegelung für das Fangen von Mäusen. Pro Mäuseschwanz wurde dem Überbringer ein Obolus bezahlt. Damit hoffte man sich, Mäuseplagen auf den Feldern Herr zu werden.

Baupläne der Friedhofskapelle

Ans Licht kamen auch die Baupläne für die Friedhofskapelle von 1896/1897. Dabei handle es sich offensichtlich um Vorstudien, die nicht umgesetzt worden waren und nicht mehr viel mit dem Bauwerk zu tun hatten, das dann einige Jahre später verwirklicht worden war, so Dr. Uwe Folwarczny.

Fertig gestellt war das Ordnen der Archivarbeiten bereits im September 2020 – mitten in der Coronapandemie. Wie detailliert und wichtig die Arbeiten im Archiv waren, zeigt die Archivierungsökonomie. So belegte der ungeordnete Bestand der Gemeinde das gesamte Rollregalsystem des Magazins. Nach den Ordnungs- und Verzeichnisarbeiten von Alfons Koch seien nur noch lediglich 50 Prozent des Rollregalsystems belegt.

Das Findbuch ist zwischenzeitlich auch im Internet unter Findbuch.net veröffentlicht.

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