Zollernalbkreis

Kommentar zur Klinikdebatte: Das Patientenwohl steht über allem

08.12.2017

von Klaus Irion

Man sollte mit Superlativen immer vorsichtig sein. Dass der Kreistag am Montag aber den Weg für ein Jahrhundertprojekt ebnen soll, ist sicherlich nicht zu hoch gegriffen. 

Eine Investition von – Stand heute wohlgemerkt – um die 200 Millionen Euro wird im Zollernalbkreis nicht alle Tage, nicht alle Jahre, nicht einmal alle Jahrzehnte angestoßen. Aber wie heißt es so schön: keine Regel ohne Ausnahme. Und das Zollernalbklinikum ist genau eine dieser Ausnahmen. Schließlich ist es in einem Zeitraum von rund 15 Jahren ja bereits der zweite Anlauf, ein Zentralkrankenhaus zu realisieren.

Ja, aus heutiger Sicht war es ein großer, aus finanzieller Hinsicht fast unverzeihlicher Fehler, das Jahrhundertprojekt nicht bereits im ersten Anlauf in die Tat umgesetzt zu haben. Und ja, man kann die Menschen verstehen, die nun von Verschwendung öffentlicher Mittel sprechen. Aber was wäre die Alternative? Die Beibehaltung eines in Teilen doppelstrukturellen Zwei-Häuser-Modells, das womöglich schon in wenigen Jahren unter dem immer stärker werdenden Konkurrenzdruck noch höhere Verluste einfahren würde.

Kommentar zur Klinikdebatte: Das Patientenwohl steht über allem

© Michael Würz

Steht im Fokus der Debatte: die Notaufnahme, hier die in Balingen.

Die heutigen Krankenhauspatienten sind doch mündiger denn je. Und deshalb Hand aufs Herz: Die meisten von uns würden bei planbaren Eingriffen zunächst einmal schauen, wo man sich am besten behandelt und gepflegt fühlt. Das kann in Balingen sein, das kann in Albstadt sein, das kann aber auch in Stuttgart oder München sein.

Im wahrsten Sinne des Wortes existenziell für alle Zollernälbler ist hingegen die Frage der Notfallversorgung. Ist sie hervorragend gewährleistet, kann sich dies auch auf den Ruf des Gesamtklinikums positiv auswirken. Wenn also nun die Experten zu dem Schluss kommen, dass diese Notfallversorgung am besten in einem Zentralklinikum mit direktem Hubschrauberlandeplatz gewährleistet wäre, dann müssen die eingangs erwähnten finanziellen Ärgernisse einfach zurückstehen. Das Zentralklinikum muss dann aber genau dort stehen, wo diese Notfallversorgung für möglichst viele Menschen möglichst schnell zu bewerkstelligen ist.

Es darf daher am Montag keine kommunalpolitische, lokalpatriotische Entscheidung geben. Es muss derjenige Standort eine Mehrheit erhalten, der den Patienten am meisten dient. Und dann kann man nur noch hoffen und beten, dass wenigstens Sozialminister Manfred Lucha im Gegensatz zu Innenminister Thomas Strobl ein Herz für die Zollernälbler hat und die Millionen aus Stuttgart fürs Zentralklinikum fließen werden. Der Konkurrenzkampf der Städte und Landkreise um die Fleischtöpfe im Bereich des Krankenhauswesens ist längst im Gange. Und nicht alle werden in den kommenden Jahren bedient.

Kommentar zur Klinikdebatte: Das Patientenwohl steht über allem

ZAK-Redaktionsleiter Klaus Irion

Wie schwer es der Zollernalbkreis im politischen Haifischbecken hat und wie gering der Einfluss der hiesigen regierungsbeteiligten Abgeordneten in Land und Bund zu sein scheint, hat man diese Woche bei der Entscheidung gegen eine Polizeischule in Meßstetten erlebt. Ganz zu schweigen vom schleppenden Fortgang der beiden weiteren Jahrhundertprojekte Ausbau B 27 und Regionalstadtbahn im Bereich des Zollernalbkreises.

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