Zollernalbkreis

HzL-Gremien düpieren die hiesigen Kreisräte

24.07.2017

von Klaus Irion

Die am Montag abgesegnete Fusion der Hohenzollerischen Landesbahn mit der Südwestdeutschen Verkehrs-Aktiengesellschaft wirft Fragen auf. Mit Kommentar.

Das Wichtigste für die HzL-Nutzer im Zollernalbkreis vorab: Sie werden von der Verschmelzung der beiden landeseigenen Verkehrsunternehmen Hohenzollerische Landesbahn (HzL) mit der im Ortenaukreis beheimateten, wirtschaftlich und personell wesentlich größeren Südwestdeutschen Verkehrs-Aktiengesellschaft (SWEG) im Alltag eigentlich gar nichts mitbekommen. Die HzL fährt weiterhin auf ihrer Stammstrecke Hechingen – Gammertingen und auf der Zollernbahn zwischen Tübingen und Sigmaringen. Auch bleibt der Name „HzL“ als Marke weiterhin erhalten. Für die Mitarbeiter wiederum wurde ausgehandelt, dass der Verwaltungsstandort Hechingen wie auch die Bahnbetriebswerkstatt in Gammertingen erhalten bleiben, und es auch keine fusionsbedingten Kündigungen gibt.

HzL-Gremien düpieren die hiesigen Kreisräte

© Archiv Volker Bitzer

Für die Hohenzollerische Landesbahn wird das Schienengeschäft immer härter. Im Zollernalbkreis werden deren Züge aber auch in den kommenden Jahren wie gewohnt verkehren.

Dass die Fusion eines Tages kommen könnte, war schon seit mehreren Jahren Gesprächsthema. Schließlich sind die Vorstände der beiden Verkehrsunternehmen personell identisch. Plötzlich aber eilt es. Warum? Ganz einfach: Ohne das Wissen einer möglichen Fusion mit der SWEG und damit großer zusätzlicher Investitionsmittel hätte sich die HzL im vergangenen Jahr aus wirtschaftlichen Gründen wohl nie und nimmer an der Ausschreibung um den Betrieb mehrerer Bahnstrecken rund um Ulm – genannt Ulmer Stern – beteiligen können. Das geht aus den öffentlichen Kreistagsunterlagen eindeutig hervor. Und mehr noch: Nur so war es wohl möglich, tatsächlich das günstigste Angebot für den Betrieb dieser Strecken – Auftragsvolumen rund 240 Millionen Euro – abzugeben und in diesem Frühjahr tatsächlich den Zuschlag zu erhalten.

Bei einem gemeinsamen Pressegespräch im Vorfeld der Sitzung am  Montagabend hatten Landrat Günther Martin Pauli und seine Sigmaringer Amtskollegin Stefanie Bürkle das Zusammengehen der beiden Schienenunternehmen auch noch einmal mit der größeren Schlagkraft begründet. Man habe auf Augenhöhe mit dem Land Baden-Württemberg verhandelt. Am Ende stand fest, dass die beiden Landkreise mit jeweils 2,5 Prozent an der neuen SWEG beteiligt sein werden. „Wir hätten uns die bisherigen HzL-Beteiligungen natürlich auch auszahlen lassen können, doch das wollten wir nicht“, so Pauli.

Und so war es am Montag an den Kreisräten beider Landkreise, über die Fusion abzustimmen. Fast alles rund um die erfolgreiche Bewerbung für den Ulmer Stern hatten die Kreisräte des Zollernalbkreises bei einer Klausurtagung im Frühjahr in Stuttgart von den SWEG/HzL-Verantwortlichen erfahren. Nicht aber, dass die hierfür notwendige die Fusion bereits kurz bevorsteht. „Das wurde bei der Klausurtagung tatsächlich noch nicht verkündet“, bestätigte Landrat Pauli auf ZAK-Nachfrage. Stattdessen erfuhren es die gewählten Kreisvertreter erst jüngst im nichtöffentlichen Teil der Kreistagsausschüsse, die der gestrigen Sitzung vorausgegangen waren.

Im Stuttgarter Verkehrsministerium und im Landeskabinett sei die Fusion schon seit Anfang Juli durchgewesen. „Dort hat man aber mit einer Veröffentlichung extra gewartet, bis unsere Gremien darüber beraten und abgestimmt hatten“, verriet Landrätin Bürkle. Hatten die Kreisräte also am Montag überhaupt noch eine andere Wahl, als der Fusion zuzustimmen?

Eine schriftliche Anfrage unserer Zeitung zum Zusammenschluss wurde vom Verkehrsministerium ignoriert. Stattdessen gab es am Montagabend aus Stuttgart direkt nach der Abstimmung in den beiden Kreistagen eine längst vorbereitete offizielle Pressemitteilung.

Der derzeitige HzL-Vorstandssprecher Tobias Harms hingegen hatte dem ZAK vorab per E-Mail geantwortet, wenn auch in aller Kürze: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir die Öffentlichkeit erst nach Abschluss der Gremienbeschlüsse über die Fusion informieren werden.“

Am Montagabend ergriff Harms Vorstandskollege Johannes Müller im Kreistag dann aber doch noch das Wort, ehe die Kreisräte die Fusion einstimmig abnickten. Er verwies darauf, dass der Zollernalbkreis ohne Fusion in den kommenden Jahren eine Millionensumme zuschießen müsste. „Sonst würde das Unternehmen weiter vor sich hindümpeln“, so Müller.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Lambert Maute zeigte Verständnis für die verzwickte Situation der HzL und signalisierte Zustimmung seiner Fraktion zur Fusion. Einen Kommentar zur Vorgeschichte der Entscheidung gab er aber nicht ab. Anders SPD-Kreisrat Martin Frohme. „Ich sehe schon wegen der Wettbewerbsfähigkeit keine andere Möglichkeit als die bereits längst Vorgesehene.“

CDU-Kreisrat Helmut Barth wollte vor seinem Votum pro Fusion noch wissen, ob denn das Kartellamt den Zusammenschluss nicht noch überprüfen müsste. Das sei bereits geschehen erklärten HzL-Vorstand Müller und Landrat Pauli. „In Baden-Württemberg sind bereits mehrere Schienenverkehrsunternehmen unterwegs, so dass wir als SWEG/HzL künftig auf diesem Markt zwar eine wahrnehmbare, aber keine marktbeherrschende Position einnehmen werden“, ergänzte Müller.

HzL-Gremien düpieren die hiesigen Kreisräte

ZAK-Redaktionsleiter Klaus Irion.

Kommentar – Überrumpeln geht gar nicht

Keine Frage, es ist für die Region ein Glück, dass die Strukturen und damit die rund 300 Arbeitsplätze der Hohenzollerischen Landesbahn trotz der Fusion mit der Südwestdeutschen Verkehrs-Aktiengesellschaft erhalten bleiben. Auch dass die HzL künftig den Ulmer Stern befährt, kann diesem Erhalt nur förderlich sein.
Was jedoch gar nicht geht, ist das Gebaren der HzL-Verantwortlichen auf allen Ebenen und damit auch der beiden Landräte Günther-Martin Pauli und Stefanie Bürkle, die im Aufsichtsrat sitzen. Mag der HzL-Anteil der beiden Landkreise noch so gering sein: Dass in den trickreichen HzL-SWEG-Deal rund um den Ulmer Stern wohl die Annahme eingebaut wurde, die überrumpelten Kreisräte werden der Fusion nachträglich schon zustimmen, hat ein G'schmäckle. Auch Lokalpolitik lebt von Transparenz. Das gilt um so mehr in gesellschaftlich unsicheren Zeiten. Das Gebot der Stunde heißt Glaubwürdigkeit.

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