Bitz

Bitzer wehren sich weiter gegen Windräder

08.03.2019

von Gudrun Stoll

Die Bitzer werden nicht müde, gegen den geplanten Winterlinger Windpark zu Felde zu ziehen. Das Landratsamt prüft derweil und katalogisiert.

Das Thema bewegt Alt und Jung, Mann und Frau. Beim Einkauf wird ebenso diskutiert wie am Stammtisch und im Verein.

Bitzer wehren sich weiter gegen Windräder

© Gudrun Stoll

Der Windpark Hilpensberg bei Pfullendorf. Das Plakat ist übrig geblieben von einer Aktion im vorigen Herbst, bei der Mitglieder zahlreicher Bürgerinitiativen gegen den Bau weiterer Windräder protestiert haben. Die Firma ABO Wind mit Sitz in Wiesbaden projektiert einen weiteren Windpark mir vier Anlagen in Denkingen. Die Stadt Pfullendorf hat im Oktober 2018 dem Genehmigungsantrag das Einvernehmen verweigert. Die Unternehmensleitung zeigt sich darüber zwar verärgert, schreibt aber auf der firmeneigenen Homepage: „Auf das Genehmigungsverfahren hat das keine gravierenden Auswirkungen“.

Die Botschaft, formuliert von den beiden Bürgerinitiativen und in zahlreichen Leserzuschriften in die Region hinausgetragen, lautet unmissverständlich: Sieben 240 Meter hohe Windräder, gebaut auf einem Bergrücken direkt vor der Haustür, wollen die Bitzer schlichtweg nicht haben.

Höher als der Fernsehturm

Das Ausmaß der Anlagen wird deutlich, wenn bekannte Bauwerke zum Vergleich herangezogen werden. Die Nabenhöhe der geplanten Windräder liegt bei 164 Metern, der Rotordurchmesser bei 149 Metern und die Gesamthöhe bei 238,5 Metern. Der Stuttgarter Fernsehturm ist mit knapp 217 Metern etwas kleiner, der ThyssenKrupp-Testturm in Rottweil mit 246 Metern unwesentlich höher.

Für den Bau der sieben Anlagen müssen im Winterlinger Gemeindewald 7,92 Hektar Wald oder elf Fußballfelder gerodet werden. Von dieser Fläche werden 5,35 Hektar (7,5 Fußballfelder) dauerhaft in Anspruch genommen.

Winterlingens Bürgermeister Michael Maier hat am 20. Februar im Gespräch mit unserer Zeitung, an welchem auch die beiden Gemeinderäte Roland Heck und Emil Oswald teilnahmen, darauf hingewiesen, dass kein Baum mehr geschlagen werde als im zehnjährigen Forsteinrichtungsplan vorgesehen sei.

Sind Vortex-Werber unterwegs?

Mit großer Verwunderung wird nun in Winterlingen registriert, dass derzeit offenbar im Auftrag von Vortex Werber unterwegs sind, die Landwirten gutes Geld dafür anbieten, ihre Äcker und Wiesen nicht zu bewirtschaften.

Unsere Nachfrage bei dem Unternehmen, ob Mitarbeiter vor Ort bei Landwirten vorstellig werden, um mit diesen Verträge für Ausgleichsflächen auszuhandeln, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Noch bis zum 4. April können Bürger, Behörden, Vereine oder Initiativen Stellung beziehen zum Projekt und Einwendungen vorbringen. Für den 28. Mai ist dann eine öffentliche Erörterung in der Winterlinger Schule geplant. Und was geschieht in der Zwischenzeit?

Landratsamt kümmert sich um Einwendungen

Das Landratsamt werde die eingegangenen Einwendungen durchsehen und katalogisieren, informiert Patrizia Hirt von der Pressestelle. Weiterhin würden die Stellungnahmen der Behörden eingeholt.

Diese Stellungnahmen werden anschließend durch die Genehmigungsbehörde (untere Immissionsschutzbehörde beim Landratsamt Zollernalbkreis) geprüft. Und wer wird letztendlich entscheiden, ob das Projekt den Stempel der Wirtschaftlichkeit erhält?

Hierzu teilt die Pressesprecherin mit: „Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens sind insbesondere in den Bereichen Naturschutz und Forst verschiedene Abwägungsentscheidungen zu treffen. So sind u.a. die Belange des Ausbaus der Windenergie und Klimaschutz mit den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes abzuwägen“.

Eine solche Abwägung nehmen sowohl (bei einer erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung) die höhere Forstbehörde des Regierungspräsidiums als auch die weiteren Behörden des Landratsamtes vor.

Es wird abgewägt

Im Rahmen der Abwägung seien dabei die Belange des Naturschutzes sowie der Landschaftspflege mit den Belangen gegenüberzustellen, die für das geplante Vorhaben sprechen.

Das Landratsamt verweist auf das Bundesnaturschutzgesetz, § 15 Absatz 5. Dort heißt es: „Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen“. Die Entscheidung, ob das Bauvorhaben genehmigt wird, fällt nicht vor dem Erörterungstermin am 28. Mai. Denn zu diesen Zeitpunkt, so Patrizia Hirt „ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen“.

Bestimmter Wert muss erreicht werden

Wie viel Wind müssen die Räder produzieren, damit sie genehmigt werden? Entscheidende Bemessungsgröße für die Eignung eines Standortes zur Windenergieerzeugung ist der Referenzertragswert, der im Erneuerbare-Energien-Gesetz definiert ist. Dieser liegt bei einer Mindestertragsschwelle von 60 % des EEG-Referenzbetrags.

Bewiesen werden müsse dieser Wert im Genehmigungsverfahrens durch Referenzgutachten, Windgutachten und Windmessungen, betont die Pressesprecherin. Dabei sei der Wert von 60 Prozent keine mathematisch exakte Untergrenze, sondern ein Orientierungswert.

Eine kaufmännische Wirtschaftlichkeitsprüfung hingegen finde in Genehmigungsverfahren (gleich welcher Art) nicht statt.

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