Zweite Chance für übrig gebliebenes Essen per App: Balinger ist Vorreiter

Von Jasmin Alber

Der Anteil der Lebensmittel aus der Gastronomie, die im Mülleimer landen, ist enorm. Eine Lösung liegt im Foodsharing. Peter Seifert setzt dabei auf App-Unterstützung.

Zweite Chance für übrig gebliebenes Essen per App: Balinger ist Vorreiter

Die Angebote aus der Region werden in der App aufgelistet, hier zum Beispiel vom Café la Gare. Es wird auch direkt die Entfernung vom aktuellen Standort oder Wohnort angezeigt. Vor Ort muss dann nur noch ein digitaler Kaufbeleg vorgezeigt werden.

Seit einigen Jahren betreibt Peter Seifert im Balinger Bahnhof das Café la Gare. Hier gibt es neben Backwaren auch kalte und warme Gerichte. Doch wie viele Gastronomen steht er vor der Herausforderung der richtigen Planung. Und die ist bisweilen schwierig.

Natürlich gibt es Erfahrungswerte. Es sei aber manchmal einfach nicht abzuschätzen, sagt Seifert. Gerade bei den Backwaren zeigten die Kunden ganz unterschiedliches Kaufverhalten. Er veranschaulicht: Sind an einem Abend noch zig Brezeln in der Auslage, werden tags darauf süße Stückchen zum „Ladenhüter“. Auch beim angebotenen Mittagstisch sei die Nachfrage von Tag zu Tag verschieden und manche Gerichte könne man nicht einfach am nächsten Tag noch anbieten. Damit die übrig gebliebenen Lebensmittel nicht im Mülleimer landen, musste eine Lösung her. Wie aber kommt das Angebot, das schließlich erst kurzfristig feststeht, zum (potenziellen) Konsumenten?

Durch Zufall auf die Lösung gestoßen

Mehr durch Zufall ist Seifert auf die App „Too good to go“ gestoßen. Diese wurde in einem Fernsehbeitrag vorgestellt. Das Vorgehen ist dabei eigentlich einfach. Gastronomen und Lebensmittelhändler können einfach aktuelle Angebote einstellen. Konkret: Bleiben also an einem Tag fünf Portionen vom Mittagstisch übrig, können diese via App angeboten werden – zu einem deutlich günstigeren Preis. Außerdem wird der Zeitraum festgelegt, wann das Bestellte abgeholt werden kann. Nutzer können in der Suchfunktion ihren Standort eingeben und im selbst festgelegten Umkreis nach Angeboten suchen. Im Zollernalbkreis ist Peter Seifer übrigens bisher der Einzige, der diese App nutzt. Spricht die Nutzer ein Angebot an, kann es direkt in der Anwendung gekauft werden. Vor Ort zeigen die Kunden einen digitalen Kaufbeleg auf dem Handy vor und bekommen die bestellten Lebensmittel.

Nachhaltigkeit statt Sparfuchsgedanke

Dabei hat die Idee hinter dem Konzept nichts mit der „Geiz ist geil“-Mentalität oder schwäbischer Sparsamkeit zu tun, betont Seifert. Es geht vielmehr darum, zu viel produzierte Lebensmittel sinnvoll und nachhaltig zu nutzen. Das bestätigen auch viele Kunden, die über die App eingekauft haben.

Einer von ihnen ist Dimitri Koslowitsch aus Balingen. Er nutzt die App bereits seit rund zwei Jahren, angefangen in Mannheim und Ludwigshafen, danach in Frankfurt und nun eben in Balingen. Seine Erfahrungen waren überwiegend gut. „Ich habe mich zunächst allgemein mit dem Thema Nachhaltigkeit und Umwelt auseinandergesetzt“, erzählt der 33-Jährige. Dabei sei er unter anderem auf eine Onlineplattform zum Thema Foodsharing gestoßen.

Nutzer sind vom Konzept überzeugt

Die App „Too good to go“ habe er in einer Fernsehsendung entdeckt. Zum einen leistet man einen Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln, zum anderen spart man Zeit und Geld, erläutert Koslowitsch seine Beweggründe, übrig gebliebene Lebensmittel via App zu kaufen. Außerdem habe die Neugierde, neue Produkte sowie die Anbieter kennenzulernen, eine Rolle gespielt. Im Umkehrschluss sieht er für die Anbieter einen weiteren Vorteil – Stichwort Eigenwerbung durch nachhaltiges Wirtschaften.

Überzeugt vom Konzept ist auch Timon Spitzl (24) aus Endingen. Er ist ebenfalls über einen Fernsehbeitrag auf die App aufmerksam geworden. „Ich finde das Modell generell toll – sowohl wirtschaftlich wie ökologisch“, sagt er. „Alle haben etwas davon: die Umwelt, ich und die Restaurantbetreiber.“ ⋌Jasmin Alber