Balingen

Zwei Richtungen der abstrakten Kunst: Neue Arbeiten von Dietmar Schönherr im Kunsthaus in Balingen

22.11.2022

Von Gert Ungureanu

Zwei Richtungen der abstrakten Kunst: Neue Arbeiten von Dietmar Schönherr im Kunsthaus in Balingen

© Gert Ungureanu

Sein Markenzeichen ist der rosafarbene Hut: Dietmar Schönherr (Mitte) steht mit Birgit Wurster und Walter Meinlschmidt vor dem großflächigen Meisterwerk „Super Bowl“.

Großformatige, farbgewaltige Werke, die mit wilden Pinselstrichen „zum Schlachtfeld mutieren“, und kleine, geometrisch-konstruktive, präzise Arbeiten: Dietmar Schönherr zeigt in der Ausstellung „diametral“ im Kunsthaus von Walter Meinlschmidt zwei Richtungen seiner abstrakten Kunst, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Bei der Vernissage führte Kulturjournalistin Adrienne Braun in die neue Ausstellung ein.

Rund 30 noch nie öffentlich gezeigte Werke, die allesamt in den vergangenen zwei Jahren im Obergeschoss des Hauses in der Hermann-Berg-Straße entstanden sind, laden ab sofort dazu ein, entdeckt zu werden. Davor schon hatte der Hechinger Künstler im Balinger Kunsthaus ausgestellt – Arbeiten, die in Farben und Formen an die Pop-Art erinnerten.

Hausherr Walter Meinlschmidt erinnerte an zehn Jahre Galerie im Hauptwasen und zwei Jahre Kunsthaus – und an die pandemiebedingten Schwierigkeiten für Künstler und Kunstausstellungen. Das Balinger Kunsthaus, sagte er, sei ein „ziemlich einmaliges Konzept“, weil es neben der Galerie auch die „Heimat eines Künstlers“ geworden sei.

Rätsel und Geheimnisse

Adrienne Braun, die für das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung, der Stuttgarter Nachrichten und für das art-Magazin schreibt, führte auf unterhaltsame Weise in die neue Ausstellung ein. Corona, sagte sie, habe manch einen Künstler an der eigenen Arbeit zweifeln lassen, aber sie habe auch wie eine Art Katalysator gewirkt. Bei der abstrakten Kunst, die hier gezeigt werde, gelte es, Rätsel zu dechiffrieren, ein Geheimnis zu ergründen, Neuland zu erobern.

Zwei Richtungen der abstrakten Kunst: Neue Arbeiten von Dietmar Schönherr im Kunsthaus in Balingen

© Gert Ungureanu

„Es gilt, Rätsel zu dechiffrieren“: Adrienne Braun führt auf unterhaltsame Weise in die Ausstellung ein.

Fest steht für die Kunstkritikerin: In eine „Schublade“ lassen sich die konkrete Malerei, „die spielerisch mit mathematischen Gesetzen und deren Störung arbeitet“, und der wilde Farbentanz auf großflächiger Leinwand, bei dem sich der Künstler „jeder Kontrolle entzieht“, unmöglich stecken. „Die Bilder“, sagte Adrienne Braun, „laden dazu ein, visuell erobert zu werden – mitunter plakativ wie die Pop-Art, mitunter in zaghaften Mustern.“

Vom Zwiespalt zur neuen Perspektive

Der Zwiespalt zwischen expressiv und konstruktiv als „Zeichen einer gespaltenen Künstlerpersönlichkeit“? Oder doch nur als zwei Seiten einer Medaille, die einer „Markenbildung entgegenarbeiten“? Dietmar Schönherrs Arbeiten wollten „wie Landschaften durchschritten werden“, forderten den Betrachter auf, „sich dem Vielklang hinzugeben“ mit dem Ziel, „das Gegensätzliche in Harmonie zu bringen“. Diese „Energiespender der besonderen Art“ würden den Betrachter zur Selbsterkenntnis treiben, zu einem Richtungswechsel motivieren, zu einer neuen Perspektive.

„Das schmeichelt der Künstlerseele, wenn man sowas hört“, sagte Dietmar Schönherr am Ende: „Es hat mich berührt.“ Und kündigte gleichzeitig auch an, einen Teil des Verkaufserlöses an die Balinger Tafel zu spenden. Pfarrerin Birgit Wurster hörte es gerne.

Aus dem Nähkästchen eines Künstlers

Am Rand der Ausstellung erzählte der 1960 geborene Künstler, dass er sich schon in der Schulzeit für Grafik interessiert habe. In seinen „Jugendträumen“ habe er versucht, zusammenzufassen, was ihn früher bewegt habe. Und er erzählte von den Schwierigkeiten, das 180 mal 300 Zentimeter große Bild „Super Bowl“, das er als sein „Meisterwerk“ bezeichnet, auf einen Rahmen zu spannen. Und davon, dass er sich in diesen Bildern „diszipliniert“ habe. Teile habe er wiederholt übermalt, bis die Farbharmonie stimmte.

Die Ausstellung ist noch bis 14. Januar 2023 im Kunsthaus in der Hermann-Berg-Straße 1 zu sehen.

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