Balingen

Zwei Balinger NABU-Experten erklären, was die Spitzmaus mit Osteoporose zu tun hat

02.12.2021

von Peter Faber

Zwei Balinger NABU-Experten erklären, was die Spitzmaus mit Osteoporose zu tun hat

© Ingo Ludwichowski

Da hilft nur am Schwänzchen halten: Keine Sekunde hält sonst die Spitzmaus still, um ein anständiges Foto zu machen.

Peter Faber und Klaus Gollmer von der NABU-Gruppe Balingen machen auf Tiere aufmerksam, denen man auch im Winter im Zollernalbkreis begegnen kann. Spitzmäuse, beispielsweise. Das sind hochinteressante Tiere, weltweit gibt es etwa 250 verschiedene Arten in 22 Gattungen.

Manchmal geraten sie bei der Suche nach Nahrung ins Haus und sogar in Mausefallen. Die Hauskatze tötet sie zwar, frisst sie aber nicht wegen ihres moschusartigen Geruchs: Die Rede ist von einem kleinen mäuseähnlichen Tier mit länglicher Schnauze und winzigen Äuglein, der Spitzmaus. Dabei hat die Spitzmaus mit einer Maus so viel zu tun wie eine Maus mit einem Elefanten, nämlich nichts. Spitzmäuse gehören vielmehr wie Igel und Maulwurf zur Ordnung der Insektenfresser (Insektivora).

Tierchen leben am Wasser und an Land

Spitzmäuse sind hochinteressante Tiere, weltweit gibt es etwa 250 verschiedene Arten in 22 Gattungen. Sie leben an Land und am Wasser, Wasserspitzmäuse können gut schwimmen und tauchen. Sie erbeuten Tiere, die so groß sind wie sie selbst, darunter Frösche und Fische.

Die kleinen Tiere sind immer in Bewegung und auf Futtersuche, ihr Stoffwechsel ist so hoch, dass sie ständig fressen müssen, um zu überleben. Das tun sie übrigens seit mindestens 54 Millionen Jahren erfolgreich. Die ältesten Funde versteinerter Exemplare reichen bis ins Eozän zurück.

Der Mensch ist der größte Feind

Nur der Mensch scheint es fertig zu bringen, der erfolgreichen Überlebensstrategie dieser kleinen Säugetiere ein Ende zu bereiten: Viele Arten sind schon selten geworden und bedroht. Ausgeräumte Landschaften, pestizidbelastete Böden und Nahrung, aufgeräumte Gärten, in denen Mähroboter auf kurzgeschorenem Rasen patrouillieren, sind der Tod vieler kleinen Lebewesen.

Als in den 1940er-Jahren deutsche Wissenschaftler den Tieren das Mäuseimage nehmen wollten und beabsichtigten, sie in „Spitzer“ umzubenennen, war es angeblich Adolf Hitler höchstpersönlich, der diese Absicht stoppte. Er drohte den Biologen sogar mit Arbeitslagerhaft, so dass die Tiere heute immer noch Spitzmaus heißen.

Spitzmausmamas lieben unaufgeräumte Gärten

Eine Spitzmausmama braucht einen unaufgeräumten Garten mit Laubschicht und Unterschlupfmöglichkeiten wie Stein- und Asthaufen. In einem verborgenen Nest bringt das Weibchen oft mehrmals jährlich bis zu 10 nackte Junge zur Welt, die nach zirka 3 Wochen schon selbstständig werden.

Die große Vermehrungsrate zeugt von vielen Feinden, die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei nur einem Jahr. Wenn manche Tiere dann älter werden, wird ihnen das abgenutzte Insektenfressergebiss zum Verhängnis. Die Zähne wachsen nämlich nicht nach und das Tier verhungert irgendwann.

Tiere schrumpfen im Winter samt Knochen

Jüngere Forschungen haben ergeben, dass die Spitzmäuse, die keinen Winterschlaf halten können, eine andere Strategie entwickelt haben, damit sie im Winter weniger Nahrung brauchen: Sie schrumpfen im Winter und zwar nicht nur ihr Gewebe, sondern auch die Knochen.

Bis zu 20 Prozent beträgt diese Schrumpfung. Das Besondere daran ist, dass sie umkehrbar ist. Im Frühjahr wächst das Knochengerüst einfach wieder. „Reversibler osteoporotischer Prozess“ nennen das die Wissenschaftler.

Schwant Ihnen schon was? Richtig, man will diese Fähigkeit der Spitzmäuse genauer untersuchen, um vielleicht irgendwann einmal die Osteoporose beim Menschen besser bekämpfen zu können. Das wäre doch Grund genug, dieses kleine Säugetier zu unterstützen.

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