Balingen

Zum Tod von Dr. Werner Roth – der selbstlose Dienst am Menschen war sein Lebenswerk

29.04.2021

Von Nicole Leukhardt

Zum Tod von Dr. Werner Roth – der selbstlose Dienst am Menschen war sein Lebenswerk

© Privat

Dr. Werner Roth verstarb am Montag im Alter von 71 Jahren.

Dr. Werner Roth war als Nephrologe weit über Balingens Grenzen hinaus bekannt und geschätzt. Am Montag verstarb er im Alter von 71 Jahren. Um ihn trauern seine Lebensgefährtin Susanne Wahr, seine Tochter Jennifer, sein Team und seine Patienten, die für den Arzt wie eine zweite Familie waren.

Geboren wurde Werner Roth am 3. August 1949 in Oberdigisheim. Dort wuchs er mit seinen Eltern und Bruder Walter auf und besuchte die Volksschule. Der frühe Tod des Vaters im Februar 1964 war für den damals 14-jährigen Buben ein einschneidendes Erlebnis und ein schwerer Schlag. Kurze Zeit später sollte sich sein Leben ein weiteres Mal entscheidend verändern: Einem Lehrer war die außergewöhnliche Begabung von Werner Roth nicht verborgen geblieben. Als sich die Möglichkeit ergab, wechselte der Junge auf ein Internat nach Bad Saulgau. „Er musste vieles aufholen, was er von der Volksschule auf dem Dorf einfach nicht mitbringen konnte“, erzählt Susanne Wahr.

Doch mit derselben Disziplin und Gewissenhaftigkeit, die ihn auch sein gesamtes späteres Leben prägten und auszeichneten, macht Werner Roth 1969 ein Einser-Abitur, sogar ein Jahr vor seinen Mitschülern. Mit dem glänzenden Abschlusszeugnis in der Hand kehrt er nach Hause zurück und hält den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie am Laufen. „Er hat erzählt, dass er dringend bei der Heuernte gebraucht wurde“, erzählt Susanne Wahr.

Ein seltener Moment, der ihn mit Stolz erfüllte

Im Oktober 1969 nimmt er schließlich in Heidelberg sein Medizinstudium auf, besteht ein Jahr später das Vorphysikum und 1971 das Physikum. 1972 wechselt er an die Universität Tübingen. Im Mai 1975 legte er sein Staatsexamen mit der Note 1,0 und einer Auszeichnung ab. Es sei eines der ganz seltenen Ereignisse in seinem Leben gewesen, auf das er stolz war und dies auch so in Worte fassen konnte. „Ansonsten hat er nie Aufhebens um sich gemacht und sich selbst nie wichtig genommen“, sagt sie.

Seine tüchtige und selbstlose Arbeitshaltung schlägt sich in seiner Laufbahn nieder. In Tübingen wird er an der Uniklinik erst Stations-, später Oberarzt, leitet vier Jahre lang die zu jener Zeit neue Komastation und forscht nebenbei. 73-Stunden-Schichten, wie sie heute längst verboten sind, gehören damals zum Arbeitsalltag. „Er hat seine Aufgabe stets im Dienst am Menschen gesehen“, sagt Susanne Wahr. In Tübingen lernt er den Fachbereich der Nierenheilkunde, die Nephrologie, kennen. „Es hat ihn fasziniert, weil man damals mit diesem neuen Wissen vormals todgeweihten Menschen wieder ein lebenswertes Leben ermöglichen konnte“, sagt sie.

Dialyse-Praxis in Balingen

Grund genug für den passionierten Mediziner, die Dialysetechnik nach Balingen zu holen. 1980 baut er auf dem Heimlichen Wasen ein Haus mit nephrologischer Praxis, die am 1. Januar 1984 den Betrieb aufnimmt. Eine Zweigpraxis entsteht in Sigmaringen. „Er hat täglich 16 bis 18 Stunden gearbeitet und war immer für seine Patienten da, auch wenn sie andere Sorgen als die Niere hatten“, beschreibt die Lebensgefährtin den Verstorbenen. Eigene Beschwerden hingegen behandelt er allenfalls selbst. „Er hat bei sich Schulter- und Armbrüche von selbst verheilen lassen, damit er nicht in der Praxis ausfällt“, beschreibt seine Lebensgefährtin die Haltung des Verstorbenen. Seine vorausschauende Art und sein schier unerschöpfliches Wissen wussten seine zahlreichen Patienten zu schätzen.

Die Tochter war sein größtes Glück

Im Oktober 2002 kommt die gemeinsame Tochter Jennifer zur Welt. „Sie war sein größtes Glück“, sagt Susanne Wahr. Doch Zeit für Privates, für Freundschaften und die Familie bleibt bei der Arbeitsbelastung kaum. „Es hat ihn erfüllt, die Arbeit mit den Menschen war sein Leben, er wollte immer nur helfen und für andere da sein, bis zum Schluss.“ Auch als der Arzt spürt, dass sein eigener Körper zu streiken beginnt, macht er in seinem täglichen Tun weiter. „Er hat sich selbst nicht wichtig genommen und sich nie in Behandlung begeben“, sagt die Lebensgefährtin. Allein das Wohl seiner Patienten habe für ihn im Vordergrund gestanden. Am vergangenen Montag verstarb er im Alter von 71 Jahren.

Dr. Werner Roth hinterlässt eine schmerzliche Lücke bei seiner Familie, aber auch bei seinem ihm eng verbundenen Team und seinen Patienten, die über die vielen Jahre hinweg für den Arzt aus Berufung zur Familie und zum Lebensinhalt geworden sind.

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