ZAK-Weihnachtsaktion: Der Mössinger Krankenpfleger Willi Eissler im Portrait

Von Lea Irion

Wenn die Diagnose „Amyotrophe Lateralsklerose“ lautet, bricht für die Betroffenen eine Welt zusammen. Die degenerative Muskelkrankheit, besser bekannt unter der Abkürzung ALS, gilt als unheilbar. Der 56-jährige Krankenpfleger Willi Eissler vom Verein ALS Neckar-Alb hat im vergangenen Jahr diverse Patienten sowie deren Angehörige mit der seltenen Erkrankung beraten. Im ZAK-Interview erzählt er von seinen Erfahrungen.

ZAK-Weihnachtsaktion: Der Mössinger Krankenpfleger Willi Eissler im Portrait

Der 55-jährige Krankenpfleger Willi Eissler.

Ratlosigkeit ist oft etwas, was auf den Schock der Diagnose von ALS folgt. Die Betroffenen haben meist viele Fragen, die ihnen auf die Schnelle weder der Hausarzt, noch Suchmaschinen im Internet beantworten können.

Willi Eissler sieht sich als eine Art Patientenlotse, wie er selber sagt. „Die Leute fragen, wie lange sie noch selbstständig sind, wie lange sie noch sprechen und Nahrung aufnehmen können oder ob sie Schmerzen haben“, erzählt er.

Soziale Isolation droht manchen Patienten

Die meisten Patienten haben bei der Diagnosestellung bereits spürbare Symptome wie Lähmungserscheinungen an Armen oder Beinen. Bei der sogenannten bulbären Verlaufsform stehen eher Sprech- und Schluckstörungen im Vordergrund.

16 Jahre lang hat Eissler in der Neurologischen Uniklinik Tübingen gearbeitet und über die Zeit Wissen zum Umgang mit ALS-Erkrankten angesammelt. „Die Versorgung gestaltet sich sehr unterschiedlich“ und muss für jeden Patienten individuell angepasst werden, sagt er.

Beratung des Vereins erhält positive Rückmeldung

Darum sei eine themenübergreifende Beratung unabdingbar für eine gute Versorgungsstruktur. Aus diesem Grund wurde er von dem Vorstand des Vereins Hilfe bei Muskelkrankheiten und ALS Neckar-Alb kontaktiert.

„Hausärzte erleben in ihrem Berufsleben vielleicht ein bis zwei Fälle von ALS“, weiß Eissler. Es fehle daher oft die nötige Expertise für eine noch weitestgehend unerforschte Krankheit wie Amyotrophe Lateralsklerose. Da wolle der Verein ansetzen.

Willi Eissler hat für seine Mitarbeit im Verein eine umfangreiche Infothek angefertigt, in der sämtliche Ratschläge zu den verschiedensten Bereichen in Sachen ALS aufrufbar sind. Nebenher wächst das Netzwerk mit spezialisierten Therapeuten, Dienstleistern, Versorgungseinrichtungen, Institutionen, Selbsthilfegruppen stetig an.

Krankenkasse zahlt diese Art von Beratung bislang nicht

Betroffene hätten meist nicht nur Fragen, die ihre Gesundheit betreffen, sondern wissen beispielsweise auch nicht, wie das mit einer Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung geregelt wird. Ebenso die Frage der Schwerbehinderung oder der Beantragung einen Erwerbsunfähigkeitsrente.

Auch die Pflegeversicherung ist meist ein Thema, über das die Patienten und deren Familien kaum Bescheid wissen. Willi Eissler macht die Beratungen in der Regel zuhause beim Patienten zusammen mit Angehörigen und klärt die Menschen umfangreich auf.

Dabei sieht man gleich, in welcher konkreten Situation der Patient lebt und kann gewisse Dinge besser abschätzen, so Eissler. So können Versorgungslücken schnell identifiziert werden.

Hilfsmittel erleichtern den Erkrankten den Alltag

Ein großer Themenbereich ist die Versorgung mit Hilfsmitteln. Diese reichen von einfachen Alltagshilfsmitteln wie einem Haltegriff bis zu medizinischen oder technischen Hilfsmitteln, wie atemunterstützende Geräte.

Zum Krankheitsbild gehören ebenfalls Probleme beim Schlucken mit Gewichtsabnahme sowie Lähmungen am ganzen Körper. Die Patienten verlieren zunehmend ihre Mobilität und können sich irgendwann nicht mehr selbstständig bewegen.

Wichtig ist, so Eissler, dass von Beginn an mit professioneller Therapie im Bereich Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie gearbeitet wird. Das verhindert Komplikationen und verbessert die Situation für den Patienten.

Normale Tagesstruktur ist besonders wichtig

Sehr bedrückend ist es aus Willi Eisslers Sicht, dass Erkrankte oft durch den Mobilitäts- oder Sprachverlust auch den Kontakt zur Außenwelt verlieren. „Freunde und Verwandte wissen oft nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen“, meint der 56-Jährige.

Dabei ist eine ausreichende Tagesstruktur mit sozialen Kontakten und Tätigkeiten und Aktivitäten, die dem Betroffenen Freude bereiten, sehr wichtig.

Sonst wäre die Folge, dass sich die Betroffenen unfreiwillig isolieren. ALS beeinträchtigt die kognitive Leistung des Menschen nicht. Patienten erleben in der Regel also keine psychische Veränderung, sondern verlieren die Fähigkeit, mit ihrem Umfeld zu interagieren.

Großer Informationsbedarf ist vorhanden

„Das ist sehr heimtückisch, da die Erkrankten quasi in ihrem Körper gefangen sind, aber eigentlich den Kontakt zu anderen suchen“, berichtet Eissler. In der letzten Krankheitsphase wird eine adäquate palliative Versorgung angestrebt.

Neben den professionellen Palliativdiensten existieren in den Landkreisen viele ambulante Hospizdienste, die die Menschen in dieser Phase begleitend unterstützen.

Bislang gab es durchweg gute Rückmeldungen der Patienten und Angehörigen zu diesem Angebot des Vereins. Es habe sich gezeigt, dass ein großer Informations- und Unterstützungsbedarf da ist, da es stets viele offene Fragen und Unklarheiten gibt.

Verein finanziert sich rein durch Spendengelder

Daher hat sich die Einrichtung dieses Beratungsangebot bereits nach kurzer Zeit bewährt und etabliert. Bislang wird dieses notwendige Beratungs- und Hilfeangebot in diesem Maß nicht von den Krankenkassen bezahlt.

Für das kommende Jahr steht der Ausbau der Kooperationen mit den Netzwerkpartnern des Vereins im Mittelpunkt.

Im Rahmen der ZAK-Weihnachtsspendenaktion steht ein Spendenkonto für den Verein bereit:

Sparkasse Reutlingen

IBAN DE31 6405 0000 0100 1095 57

BIC SOLADES1REU

Wichtig ist, auf dem Überweisungsformular den Verwendungszweck „ZAK-Weihnachtsaktion“ anzugeben mitsamt Vermerk, ob der Spender mit der Namensnennung im ZAK einverstanden ist.