Wurstskandal: Fund in Balingen verbindet tödlichen Listerien-Typ mit der Firma Wilke

Von Pascal Tonnemacher

Bis Mitte August war im Wilke-Lebensmittelskandal unklar, dass das Unternehmen in Verbindung mit dem Erreger-Typ Sigma1 stehen könnte, der für Krankheits- und Todesfälle verantwortlich ist. Erst die am 16. September erneut analysierte Probe aus Balingen bestätigte den Zusammenhang. Baden-Württemberg will nun die Diagnostikzeiten verkürzen.

Wurstskandal: Fund in Balingen verbindet tödlichen Listerien-Typ mit der Firma Wilke

In Balingen wurde bereits im April gesundheitsschädliche Wurst der Firma Wilke entdeckt. Mitte September bestätigte die erneute Analyse dieser Probe den Zusammenhang zwischen Wilke und dem Erreger, der für Todesfälle verantwortlich ist. Diese symbolische Wurstplatte ist vermutlich unbelastet (Symbolfoto).

Während Priska Hinz, Verbraucherschutzministerin in Hessen, nach dem Bekanntwerden des Wilke-Lebensmittelskandals konkrete Änderungen bei der Lebensmittelüberwachung auf Landes- und Bundesebene forderte, kam am Freitag ein interessantes Detail zum Vorschein.

Die Verbindung zwischen Krankheits- und Todesfällen durch Listeriose vom Erreger-Typ Sigma1 und der Firma Wilke in Hessen ist durch den Fund aus dem April in Balingen bestätigt worden.

Zusammenhänge bis August unklar

Zuvor sei unbekannt gewesen, welches Lebensmittel für die Krankheitsfälle ursächlich sein könnte und die Balinger Probe auch nicht auf den Erreger-Typ Sigma1 hin analysiert worden.

Wie Hinz in einer Pressemitteilung ausführt, sei erst Mitte August der Verdacht aufgekommen, dass das Unternehmen in Verbindung mit dem Typ Sigma1 und damit zusammenhängenden Krankheits- und Todesfällen stehen könnte.

Probe aus Balingen bestätigt den Verdacht

Die Probe aus dem Großmarkt in Balingen, die mehrere Monate zuvor Mitte April genommen wurde, sei daraufhin – veranlasst von Hessen – erstmals auf diesen Typ analysiert worden.

Anschließend seien die betroffenen Kunden, nicht alle, unverzüglich über den Befund und die Warenrücknahme in Balingen informiert worden, bestätigt eine Edeka-Sprecherin dem ZOLLERN-ALB-KURIER.

Am 16. September konnte so – in Verbindung mit den epidemiologischen Erhebungen des Robert-Koch-Instituts – dank des Funds bei einer Routineüberpüfung in Balingen der Zusammenhang bestätigt werden, dass eben diese Sigma1-Listerien, die deutschlandweit zu Erkrankungen und Todesfällen geführt haben, von Produkten der Firma Wilke stammen.

Grundreinigung und Hygiene-Schulungen nach Balinger Fund

Nach dem Fund in Balingen, den Behörden zunächst nicht veröffentlicht hatten, musste Wilke laut Pressemitteilung eine Grundreinigung durchführen und Mitarbeiter in Sachen Hygiene nachschulen. Außerdem wurden häufigere Produktproben angeordnet, wie die Ministerin mitteilt.

Erst am 1. und 2. Oktober führten weitere am 30. September beanstandete Hygiene-Proben zu einer Schließung des Unternehmens im hessischen Twistetal.

Seit 2014 gibt es Sigma1-Kranke

Seit 2018 war dem Robert-Koch-Institut eine Häufung von Krankheitsfällen im Zusammenhang mit dem Erreger-Typ Sigma1 bekannt. Die Quelle blieb jedoch bis Mitte September unbekannt.

Listerien bei Wurstwaren von Wilke sind auch im März 2019 in Hamburg schon auf Pizza-Salami nachgewiesen und gemeldet worden.

Erste Fälle von Sigma1-Erkrankungen sind sogar bereits 2014 dokumentiert worden – jedoch ohne Zusammenhang zu einem bestimmten Lebensmittel als Infektionsquelle.

Minister will Diagnostikkompetenz im Land aufbauen

Baden-Württembergs Verbraucherschutzminister Peter Hauk sieht das Hauptproblem in den langen Diagnostikzeiten. Proben müssten demnach erst nach Berlin geschickt werden.

Deshalb will Hauk die Diagnostikkompetenz für ein Verfahren namens „Whole Genome Sequencing“ im Land aufbauen, heißt es in einer Antwort auf eine ZAK-Anfrage.

Dies sei derzeit das Mittel der Wahl, um die Ursache eines Krankheitsgeschehens schnell und effektiv aufzuklären. Das Konzept soll innerhalb von zwei bis drei Jahren eingeführt werden.