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Wütende Reaktionen auf Facebook, überraschte Gemeinderäte

Von Klaus Irion

Fahrzeuge ohne grüne Plakette oder Ausnahmegenehmigung sind vom 1. Januar 2017 an aus dem Stadtgebiet verbannt. Das hat das Regierungspräsidium Tübingen entschieden.

An diese Verkehrsschilder müssen sich die Balinger und alle, die durchs Stadtgebiet Balingen fahren, vom 1. Januar 2017 an gewöhnen. Das Regierungspräsidium hat heute eine Umweltzone erlassen. Und im Stadtteil Endingen gilt dann auch tagsüber in der Ortsdurchfahrt Tempo 30.

Allen Abmilderungsversuchen der Balinger Stadtverwaltung zum Trotz: Die Umweltzone kommt – und mit ihr nun ganztägig Tempo 30 in der Endinger Ortsdurchfahrt (B 27). Dies alles verkündete heute das Regierungspräsidium Tübingen, abgezeichnet aber hatte sich das nun bestätigte Szenario bereits vor rund zwei Wochen, als ein Mitarbeiter der Tübinger Behörde im Gespräch mit dem ZAK sagte, dass eine Entscheidung noch im November fallen werde, um den hiesigen Behörden genügend Zeit zu geben, die Umweltzonenschilder aufzustellen.

Womit wir bei der Aufgabenverteilung in Sachen Umweltzone wären. Zwar zeichnet das RP verantwortlich für die Maßnahmen, die nun getroffen werden, weil die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg im Jahr 2013 Stickstoffdioxid-Grenzwertüberschreitungen in der Endinger Ortsdurchfahrt ermittelt hatte. Doch sind es die Stadt Balingen und das Landratsamt des Zollernalbkreises, die sich nun um die praktische Umsetzung der neuen Verkehrsvorgaben kümmern müssen.

Wütende Reaktionen löste die Umweltzonenentscheidung bereits heute Nachmittag auf der der ZAK-Facebookseite aus. Von „Betonköpfen“ in der Tübinger Behörde war dort die Rede. Und davon, „dass nun kleine Handwerker das Nachsehen haben“. Je näher der Tag der Entscheidung kam, desto lauter wurden die Stimmen, die nicht verstanden, warum die Umweltzone über das komplette Stadtgebiet ausgedehnt werden würde.

Das Regierungspräsidium nannte zwei Gründe. Da gab es zum einen die Hochrechnungen (nicht Messungen) zu Stickstoffwerten in der Wilhelmstraße, die ebenfalls Grenzwertüberschreitungen zum Ergebnis hatten. Zum anderen wurde erklärt, dass es im Alltag nicht zu überblicken wäre, wenn Teile des Stadtgebiets als Umweltzone ausgewiesen wären, andere wiederum nicht.

Laut Aussage des Rathaussprechers Jürgen Luppold war die Stadtverwaltung über die RP-Entscheidung bereits informiert. Wer nun aber glaubte, Balingens Oberbürgermeister Helmut Reitemann würde das am gestrigen Nachmittag von den Tübingern per Pressemitteilung auch öffentlich gemachte Vorgehen abends im öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung ansprechen, sah sich getäuscht.

Auch die Stadträte waren offensichtlich noch nicht informiert worden. Wie sonst ist es zu erklären, dass Grünen-Stadträtin Conny Richter noch auf eine Studie aufmerksam machte, die Umweltzonen im allgemeinen als nicht zielführend ansieht. So als ob sie die Verwaltung noch einmal hätte dazu ermuntern wollen, einen letzten Verhinderungsversuch zu starten. Einen solchen wird es laut Luppold nicht geben. „Wir wollen vom RP aber schon noch wissen, warum unsere Argumente bei der Entscheidung nicht zum Tragen kamen.“ Die Ratsmehrheit wie auch die Verwaltung wollte keine Umweltzone. Und die Endinger Tempo-30-Zone sollte nur auf einem Teilstück der Ortsdurchfahrt gelten.

Endingens Ortsvorsteher Thomas Meitza erfuhr vom ZAK von der RP-Entscheidung. Er war nach eigenen Angaben zufrieden, was die Tempo-30-Zone angeht und meinte: „Das RP war gesetzlich gezwungen, zu handeln.“ Mit Blick auf die Umweltzone ergänzte er, dass man in Endingen durchaus auch mit nochmaligen Messungen einverstanden gewesen wäre.

Michael Föst, Vorsitzender der Endinger Bürgerinitiative für die B 27-Ortsumfahrung sieht die Tübinger Entscheidung nicht als Rückschritt auf dem Weg, die Bundesstraße aus dem Ort zu bekommen. Die jetzigen Maßnahmen seien vielmehr dem geschuldet, „dass sich die politisch Verantwortlichen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu wenig für die Umfahrung Endingens eingesetzt haben.“