Handball

Wolfgang und Martin Strobel im Interview: „Jeder Punkt und jedes Tor sind extrem wichtig“

30.08.2019

Von Marcus Arndt

Wolfgang und Martin Strobel im Interview: „Jeder Punkt und jedes Tor sind extrem wichtig“

© Moschkon

Wolfgang Strobel (rechts) weiß, welche Herausforderungen auf den HBW warten. Im Oktober will sein Bruder Martin wieder auf der Platte stehen.

Nach zwei Jahren in Liga zwei sind die Schwaben zurück in der stärksten Spielklasse der Welt. Diese hat sich in den vergangenen 24 Monaten auf und neben der Platte gewandelt. Auf „Sky“ hat der Handball eine prominente Plattform, die TV-Gelder fließen – und auch das Spiel wurde deutlich schneller.

Kurz vor dem Bundesliga-Start haben Sie personell noch einmal nachgelegt und Verstärkung von den Rhein-Neckar Löwen geholt. Was erhoffen Sie sich von Neuzugang Filip Taleski?

Wolfgang Strobel: Nach der Verpflichtung von Vladan Lipovina haben wir entschieden, die Situation im Rückraum in der ersten Phase der Vorbereitung noch einmal zu bewerten. Nach dem Turnier in Altensteig war eigentlich klar, dass wir reagieren müssen. Mit Filip haben wir einen sehr guten Spieler verpflichtet. Der hatte in den vergangenen Monaten allerdings nur wenig Matchpraxis bei den Löwen. Gerne hätten wir den Transfer schon früher realisiert, aber es ging eben nicht. Letztendlich war es die Kombination aus Notwendigkeit und Möglichkeit, welche diese Personalentscheidung charakterisieren.

In Magdeburg hat der HBW klar verloren. Ihre Analyse?

Martin Strobel: Wir hatten einen guten Start und haben in den ersten 20 Minuten sehr mutig gespielt. Leider konnten wir das nicht bis in die Halbzeit aufrechterhalten und Magdeburg hat unsere Fehler gnadenlos bestraft. Ähnlich war es dann auch in der zweiten Halbzeit, als Magdeburg den Vorsprung weiter ausgebaut hat. Daher müssen wir unsere Fehleranzahl im Angriff geringer halten und unsere Chancen besser wählen.

Wo sehen Sie die Stärken der „Gallier“?

Wolfgang Strobel: Unsere Eingespieltheit ist sicherlich ein großes Plus unserer Mannschaft. Das hat man phasenweise in Magdeburg bereits gesehen, wo wir in den ersten 25 Minuten doch das ein oder andere Überraschungsmoment hatten. Durch unsere Verpflichtungen gewinnt auch unser Kreisläuferspiel an Qualität.

Und die Schwächen?

Wolfgang Strobel: Wir sind noch etwas zu grün hinter den Ohren. In Magdeburg werfen wir zu einfach und spielen den Ball dem Gegner in die Hände – und aus zwei Aktionen werden in nur 24 Sekunden minus vier Tore. Das darf uns nicht passieren. Wir müssen den Lernprozess beschleunigen. Manche Dinge haben wir auch etwas halbherzig gespielt. Das sollten wir dann besser weglassen.

Und dann sind da noch 38 Gegentore auf der Börde, 36 waren es im DHB-Pokalerstrundenspiel gegen Wetzlar...

Wolfgang Strobel: In der Abwehr müssen wir mehr in den Kontakt gehen. Manche müssen da schon etwas über ihren Schatten springen und einen Schritt mehr zur Wurfhand machen.

Nach zwei Jahren sind die „Gallier“ zurück in der ersten Liga. Was hat sich verändert?

Wolfgang Strobel: Gefühlt ist das Spiel noch einmal schneller geworden. Fast alle Klubs haben einen sehr großen Kader, dadurch bleibt das Tempo hoch. Noch vor ein paar Jahren wurde mit einer ersten Sieben agiert – die Top-Klubs waren auch in der Breite etwas besser aufgestellt. Das hat sich gewandelt, sodass auch die Qualität der Mannschaften höher ist. Nach dem Engagement von „Sky“ hat der Handball-Sport neue Dimensionen erreicht. Alle Spiele können live angeschaut werden. Natürlich sind die Anwurfzeiten – gerade für die Traditionsmannschaften – nicht optimal. Das wird durch die TV-Gelder kompensiert. Wir könnten uns Verstärkungen in dieser Form ohne diese nicht leisten. So ehrlich muss man sein, wenngleich uns der Samstagabend als Spieltermin natürlich viel lieber wäre . . .

Zwei Klubs steigen ab – wie sind die HBW-Chancen im Kampf um den Klassenerhalt?

Wolfgang Strobel: Durch diese Konstellation wird es noch schwieriger, in der ersten Liga zu bleiben. Die Qualität wächst einfach kontinuierlich – wirklich schwache Mannschaften gibt es schon lange nicht mehr. Für uns wird es wichtig sein, dass wir in der „Hölle Süd“ konstant liefern. Ich denke, dass wir sehr stark von den Auftritten in der SparkassenArena abhängig sind.

Welche Erwartungen haben Sie an das Heimspiel gegen die HSG Nordhorn-Lingen?

Wolfgang Strobel: Wir wollen das zeigen, was uns auch in der zweiten Liga stark gemacht hat. Wichtig wird sein, dass wir die Zuschauer mitnehmen. Wir haben 27 Spiele in Serie gewonnen, das macht uns stark. Wir wissen aber auch, dass es in der ersten Liga so nicht weitergeht.

Und was sagt der Kapitän dazu?

Martin Strobel: Es geht in jedem Spiel für uns um Punkte. Jeder Punkt und jedes Tor sind extrem wichtig für uns, vor allem zu Hause wollen wir die Spiele – wie am Sonntag gegen die HSG – gewinnen.

Sie werden weiter fehlen, trainieren aber bereits wieder in der Halle. Wie schwierig war nach der schweren Verletzung der Weg zurück auf die Platte?

Martin Strobel: Zunächst einmal bin ich noch nicht vollständig zurück auf der Platte. Dies dauert noch ein wenig. Der Weg bis hierhin war nicht immer einfach und ist mit viel Training verbunden. Es ist aber schön, Teile des Trainings bereits wieder in der Halle absolvieren zu können.

In der Vorbereitung haben Sie ein Comeback Ende Oktober anvisiert. Sind Sie nach wie vor im Zeitplan?

Martin Strobel: Ja, wir sind immer noch im Zeitplan. Die Intensität wird in den nächsten Wochen noch einmal gesteigert.

Die ersten beiden Pflichtspiele – in der Liga und im Pokal – liegen bereits hinter Ihrer Mannschaft. Die Zuschauerrolle ist bestimmt unglaublich schwierig...

Martin Strobel: Nach sieben Monaten habe ich mich daran zwar ein wenig gewöhnt, allerdings wird es jetzt umso schwieriger, je näher ich wieder Richtung meiner ersten Einsätze komme.

Werfen wir noch kurz einen Blick in die obere Tabellenhälfte. Wer spielt in dieser Runde um die Meisterschaft und die internationalen Plätze?

Wolfgang Strobel: Vor zwei Wochen hätte ich auf den THW Kiel getippt. Aber der Meister aus Flensburg macht das seit vielen Jahren sehr clever, wechselt im Kader ein wenig durch. So bleibt bei der SG ein markanter Umbruch aus. Auch den Karlsson-Abgang können sie kompensieren. Bei den Rhein-Neckar Löwen sehe ich den Kader im Rückraum nicht breit genug aufgestellt – in Kombination mit dem Trainerwechsel kann das schwierig werden. Die Nordbadener sehe ich auf Augenhöhe mit dem SC Magdeburg. Dahinter folgen die Klubs aus Melsungen und Berlin.

Martin Strobel: Ich denke, dass entweder Kiel, Meister Flensburg-Handewitt oder die Rhein-Neckar Löwen am Ende der Spielzeit ganz oben stehen werden. Allerdings können auch Mannschaften wie Magdeburg, Berlin und Melsungen mit konstanten Leistungen die Top-Klubs verdrängen. Diese Mannschaften sehe ich alle im Kampf um die internationalen Plätze.

Weg von der Platte. Am vergangenen Mittwoch sendete die Politik ein positives Zeichen zur Sonderförderung für eine „Handball-Halle“ in Balingen. Ist der Weg für eine Arena nun frei?

Wolfgang Strobel: Wir sind auf einem guten Weg, möchte ich sagen. Auf Dauer ist eine neue Halle für den HBW Balingen-Weilstetten überlebensnotwendig – auch in der zweiten Liga. In der Vorsaison hatten wir gegenüber den meisten Klubs aus dem oberen Tabellendrittel die kleinste Kapazität im Zuschauerbereich. Um mithalten zu können, brauchen wir einfach diese größere Arena. Bereits im vergangenen Jahr hatten wir erste Gespräche mit den Entscheidern aus der Politik – und die Signale waren positiv. Dass die Entwicklung nun diese Dynamik aufnimmt, überrascht mich ein wenig, aber es ist natürlich sehr positiv für unseren Klub.

Sie haben ein entsprechendes Konzept bereits vorgestellt. Wie wird im direkten Umfeld des Vereins darüber gedacht und in welchem Umfang kann sich der Klub finanziell an der neuen Spielstätte beteiligen?

Wolfgang Strobel: Die Signale sind durchweg positiv – von allen Beteiligten. Wir haben im Bereich der Finanzierung eine Eigenbeteiligung von bis zu maximal einer Million Euro angedacht. Konkrete Gespräche mit Sponsoren gab es allerdings noch nicht. Wir müssen die Entwicklung in Stuttgart abwarten.

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