„Wir lernen ständig hinzu“: Verantwortliche reagieren auf Kritik an Corona-Tests in Balingen

Von Michael Würz

Wie sicher ist die Corona-Schwerpunktambulanz in Balingen? In den vergangenen Tagen wurde Kritik am Konzept laut. Ein Ortstermin mit den Verantwortlichen.

„Wir lernen ständig hinzu“: Verantwortliche reagieren auf Kritik an Corona-Tests in Balingen

„Konstruktive Vorschläge nehmen wir ernst“, sagt Stefan Hermann, Chef des Amts für Bevölkerungsschutz. So sorgt diese Trennwand seit Freitagmorgen für mehr Diskretion bei der Anmeldung.

Zu wenig Abstand? Zu wenig Diskretion? Vor allem Reiserückkehrer hatten in den vergangenen Tagen Zweifel an der Sicherheit beim Corona-Test in der Balinger Kreissporthalle geäußert – und sich mit ihrer Kritik an den ZOLLERN-ALB-KURIER gewandt. Der wollte vom Landratsamt wissen: Was ist dran an der Kritik an dem Konzept, das in Fachkreisen als vorbildlich gilt, das sich gar bis heute andere Landkreise abschauen? „Es gab durchaus Kritik, die wir ernstnehmen“, erklärt Stefan Hermann, Leiter des Amts für Bevölkerungsschutz. Er präsentiert dem ZAK am Freitag sogleich eine neue Trennwand an der Anmelde-Station. Sie trennt nun Menschen mit Krankheitssymptomen von jenen ohne Symptomen, in der Regel Reiserückkehrer.

Diskretere Anmeldung

So habe man auch die Diskretion bei der Anmeldung erhöht – eine Reaktion auf den Leserbrief eines ZAK-Lesers in dieser Woche. Eine unbürokratische Lösung, eine Nachbesserung, wie sie die Krise erfordert – und auch weiter erfordern wird: „Wir sind nicht perfekt und lernen ständig hinzu“, betont Dr. Gabriele Wagner vom Gesundheitsamt. Dass es die Verantwortlichen damit durchaus ernst meinen, davon zeugt auch eine neue, weitere Abstrich-Station, die ebenfalls die Diskretion unter den zu Testenden erhöhen soll.

Die Warteschlangen

Eine weitere Frage, die ZAK-Leser in den vergangenen Tagen aufwarfen: Wieso werden Patienten mit Krankheitssymptomen vor der Halle von beschwerdefreien Reiserückkehrern getrennt – aber in der Halle zueinander geführt? Dies bedürfe einer genaueren Betrachtung, sagen die Verantwortlichen, denen wichtig ist, die aufkeimende Kritik mit dem Reporter vor Ort zu erörtern: „Vor der Halle gibt es in der Tat auseinanderliegende Warteschlangen“, erklärt Kreisbrandmeister Stefan Hermann. Dies habe aber einen anderen Grund als die meisten vermuten: „So können wir Menschen mit Krankheitssymptomen vorziehen und schneller in die Halle lassen“, erklärt er. „Manchen geht es wirklich schlecht“, sagt Gesundheitsdezernentin Dr. Gabriele Wagner.

In der Halle dann stehen beide Gruppen aber direkt nebeneinander an. Allerdings: „Es gilt der vorgeschriebene Abstand von zwei Metern“, so Wagner. „Wir halten uns natürlich an die gesetzlichen Vorgaben.“ Zudem würde Sicherheitspersonal darauf achten, dass dieser Abstand und die Maskenpflicht eingehalten werde. Stefan Hermann betont: Die Kreissporthalle verfüge zudem über eine Be- und Entlüftungsanlage. „Die Luft hier in der Halle wird ständig ausgetauscht.“ Dennoch: Dass beim Einzelnen hier ein Gefühl der Unsicherheit entstehen kann – das scheint auch den Verantwortlichen des Landratsamts klar: „Da wollen wir einfach aufklären.“ Und geraderücken, was aus ihrer Sicht geradezurücken ist: Man sei etwas erstaunt, dass dieser Kritikpunkt vor allem seitens Reiserückkehrern laut geworden ist – rein statistisch gab es schließlich in den vergangenen Wochen unter ihnen die meisten positiven Coronafälle.

Aufwendige Datenerfassung

Dass er für einen Coronatest seine Daten gleich mehrfach angeben musste – für ZAK-Leser Oliver Hanussek aus Pfeffingen unverständlich. Er hatte jüngst seinen Familienurlaub in Südholland abgebrochen, als das Robert-Koch-Institut die Region zum Risikogebiet erklärt hatte, ließ sich dann testen. Und findet im Gespräch mit unserer Zeitung: „Es muss heutzutage doch möglich sein, dass man seine Daten nur einmal angeben muss.“ Damit trifft der ZAK-Leser tatsächlich einen wunden Punkt, wie die Verantwortlichen einräumen: „Darüber sind wir auch nicht glücklich.“ Allein: Eine andere Möglichkeit gebe es nicht, jedenfalls nicht für symptomfreie Testpersonen. Denn deren Proben würden – anders als die Proben von bereits Erkrankten, die in Ravensburg ausgewertet werden – ins heimische ZAKlab in Endingen geschickt. Das aber sei schlicht nicht an die entsprechende Software angebunden.

Zwei Labore im Einsatz

Letztlich stünde für die Verantwortlichen hier im Vordergrund, den Getesteten schnellstmöglich ihr Ergebnis zukommen zu lassen – auch wenn das für symptomfreie Testpersonen einen kleinen Datenmarathon bedeutet: Sie müssen zunächst eine Datenschutzerklärung im Sinne der Datenschutzgrundverordnung ausfüllen, ihre Daten dann bei der Anmeldung angeben und kurze Zeit später bei der Anamnese noch einmal. Apropos Testergebnis: Die Übertragung in die Corona-Warn-App klappe nicht immer zuverlässig, kritisieren die Verantwortlichen ihrerseits die von der Bundesregierung beworbene App.

Dreiste Anrufe von Arbeitgebern

So oder so: Höchste Priorität habe der Datenschutz – und dies sei auch bitter nötig. So komme es regelmäßig vor, dass Arbeitgeber aus dem Kreis in der Corona-Schwerpunktambulanz anrufen, um Testergebnisse ihrer Mitarbeiter zu erfragen. „Ein absolutes Unding“, ärgern sich die Verantwortlichen. Dementsprechend streng werde die Herausgabe von Testergebnissen gehandhabt. „Was wiederum bei einigen zu Unverständnis führt.“ Selbst der eigene Partner bekomme nicht „mal einfach so“ eine Bescheinigung über das Testergebnis.

Sorge vor dem Herbst

Mit gemischten Gefühlen blicken die Verantwortlichen derweil auf die kommenden Wochen und Monate: „Wir sind im Gesundheitsamt bereits sehr stark mit der Nachverfolgung von Corona-Fällen beschäftigt“, erklärt Dr. Wagner. „Und das ist zurückhaltend ausgedrückt.“ Das sogenannte Containment gestalte sich nicht nur wegen des Schulbetriebs komplizierter als zu Beginn der Krise: „Als wir im Lockdown waren, hatten die Betroffenen generell weniger Kontakte.“ Sollten die Fallzahlen im Herbst deutlich steigen oder gar die gefürchtete „zweite Welle“ kommen, stieße man sowohl personell als auch logistisch an die Grenzen, warnt Marisa Hahn, Sprecherin des Landratsamts. Dass das Coronavirus zudem demnächst auf die Grippe-Saison trifft, dürfte die Sache zudem erschweren. Stefan Hermann: „Darauf stellen wir uns ein.“