Geislingen

„Wir haben es endlich geschafft“: Der kleine Tiago hat Zolgensma verabreicht bekommen

07.08.2020

Von Lea Irion

„Wir haben es endlich geschafft“: Der kleine Tiago hat Zolgensma verabreicht bekommen

© Privat

Stephanie de Freitas und Tiago.

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein – und dennoch ist es Realität: Der kleine zweijährige Tiago aus Binsdorf, der mit seinen Eltern monatelang um den Erhalt des lebensverlängernden Medikaments Zolgensma gekämpft hat, hat am Donnerstag die Spritze verabreicht bekommen. Er ist wohlauf, seine Eltern sind überglücklich.

„Am Ende ging alles Schlag auf Schlag“, sagt Stephanie de Freitas, die Mutter von Tiago. Sie und ihr Mann Jens Hafner sind gerade bei ihrem Sohn in einer Freiburger Klinik, wo der Zweijährige schon lange in Behandlung ist. Am Donnerstag hat der kleine Kämpfer nun endlich die lebensverlängernde Spritze mit dem Medikament Zolgensma erhalten.

„Wir haben es endlich geschafft“, sagt de Freitas im telefonischen Gespräch mit dem ZOLLERN-ALB-KURIER. So richtig könne man noch gar nicht glauben, dass es jetzt wirklich passiert sei. Über ein Dreivierteljahr lang kämpfte die kleine Binsdorfer Familie dafür, dass Tiago ein Medikament erhält, das gegen seine Krankheit, Muskelatrophie Typ 2, ankommt.

Fast zehn Monate gekämpft

Zolgensma war das Zauberwort – ein Gentherapeutikum, das mit satten 1,9 Millionen Euro zu Buche schlägt. Damals war Zolgensma in Europa noch nicht zugelassen, Studien sollten erst dessen Wirksamkeit bei an Muskelatrophie erkrankten Kindern bestätigen.

Es begann ein Spendenmarathon, wie ihn der Zollernalbkreis zuvor noch nicht gesehen hatte. Spendenläufe wurden organisiert, auf Weihnachtsmärkten wurde für Tiago gesammelt. Allein an Weihnachten 2019 erhielt der schwerkranke Zweijährige insgesamt 130.000 Euro.

Ungebremste Solidarität

Die Krankenkasse zahlte derweil nicht, weil das Medikament nach wie vor noch keine Zulassung in Europa erhalten hatte. Es war ein ständiges Auf und Ab für die kleine Familie, der letztendlich auch die Zeit davonlief. Zolgensma wirkt laut dessen Hersteller Novartis nämlich nur bis zu einem gewissen Alter des Patienten. Tiago geriet nach und nach an die Grenze des maximalen Alters.

Am 19. Mai kam dann die alles entscheidende Nachricht: Zolgensma wird in Europa zugelassen. Bis dato kamen Spenden über eine Million Euro zusammen – rekordverdächtig. Die ungebremste Solidarität aus der Bevölkerung hielt monatelang an, der Zuspruch half der Familie stets durch die schwere Zeit.

„Jetzt ist alles gut“

Mit der Zulassung von Zolgensma kam auch die Zusage der Krankenkasse, dass die Kosten in Höhe von 1,9 Millionen Euro vollumfänglich übernommen werden. Die bisherigen Spenden werden für medizinische Anschaffungen wie etwa Rollstühle für Tiago verwendet.

Zwei Jahre lang kann die Familie für solche Zwecke über die Spenden verfügen. Das Geld bleibt aber bei der Deutschen Muskelstiftung und wird dort beispielsweise für Forschungszwecke oder andere Familien verwendet.

Hoffnungsschimmer und Niederschläge

„Der Kampf hat sich gelohnt“, sagt Stephanie de Freitas jetzt, nachdem Tiago die Spritze mit Zolgensma erhalten hat. Er wird im Moment streng medizinisch überwacht, bis Anfang der kommenden Woche wird er noch in der Klinik bleiben, sicher kann man es aber noch nicht sagen. „Wir sind überglücklich.“

Mit der Injektion von Zolgensma endet für sie, ihren Mann Jens Hafner und auch Tiago selbst eine Zeit voller Höhen und Tiefen, voller Hoffnungsschimmer und Niederschläge. „Aber jetzt ist alles gut“, sagt de Freitas.

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