Winterlingen ist ein friedlicher Ort – Braucht es da einen privaten Sicherheitsdienst?

Von Anne Retter

Im Winterlinger Gemeindegebiet lebt es sich sehr sicher. Das untermauern die Zahlen, die Polizeirat Markus Lehmann dem Gemeinderat in der Sitzung am Dienstagabend präsentiert hat.

Winterlingen ist ein friedlicher Ort – Braucht es da einen privaten Sicherheitsdienst?

Der neue Leiter des Polizeireviers in Albstadt, Polizeirat Markus Lehmann, stellte den Gemeinderäten die Winterlinger Unfall- und Kriminalitätsstatistik für 2018 vor.

Der neue Leiter des Polizeireviers in Albstadt, Polizeirat Markus Lehmann, stellte in der Gemeinderatssitzung die Unfall- und Kriminalitätsstatistik für 2018 vor. Wie schon in den vergangenen Jahren zeigte sich: Im Gemeindegebiet lebt es sich außerordentlich sicher. Braucht es angesichts dieser Zahlen wirklich noch einen privaten Sicherheitsdienst in Winterlingen?

Zuerst ging Lehmann auf die Verkehrssicherheitslage ein. Nicht nur im landesweiten Vergleich schneidet die Gemeinde dabei gut ab: 2018 ereigneten sich in Baden-Württemberg rund 323.000 Verkehrsunfälle. Das sei durchaus hoch, meint Lehmann, aber begründet durch viele Ballungszentren mit entsprechend hoher Verkehrsdichte.

Es gibt keinen Unfallschwerpunkt

Dank der immer sicherer werdenden Technik gebe es weniger Verkehrstote. Die Hauptunfallursachen sind landesweit und im Kreis gleich: Zu hohe Geschwindigkeit, Fehler bei der Vorfahrt und zu geringer Abstand sind die Faktoren, die den Löwenanteil ausmachen. In Winterlingen sind die Unfallzahlen für das vergangenen Jahr vergleichsweise gering: 39 Verkehrsunfälle verzeichnete die Polizei, davon 15 mit Personenschaden und 24 mit Sachschaden. Insgesamt 21 verunglückte Personen weist die Statistik aus, davon sieben Schwerverletzte und 14 Leichtverletzte – Todesfälle gab es keine.

Gesamtlage bleibt relativ gleich

Im Vergleich mit den vergangenen fünf Jahren zeigt sich, dass die Gesamtlage relativ gleichbleibend ist. „Gänzlich vermeiden lassen sich Verkehrsunfälle bedauerlicherweise nicht“, meinte Lehmann. Er ging kurz auf die Problembereiche im Gemeindegebiet ein und erklärte, statistisch betrachtet gebe es keine der offiziellen Definition entsprechenden Unfallschwerpunkte, wohl aber Stellen, an denen es häufiger zu Unfällen kommt.

Auch für die Einordnung der Winterlinger Kriminalitätsstatistik nahm Lehmann auf die Situation im Land und im Zollernalbkreis Bezug. Etwa 572.000 Straftaten wurden 2018 in ganz Baden-Württemberg erfasst; diese Zahl ist gesunken gegenüber dem Vorjahr. Leicht verbessert hat sich auch die Aufklärungsquote; sie lag 2018 bei 62,7 Prozent. Die Kriminalitätsbelastung summiert sich auf die Kennzahl 5.191. Im Kreis gab es mit 6.327 Fällen insgesamt weniger Straftaten, aber mehr Tatverdächtige als noch 2017.

Anzahl der Straftaten sinkt leicht

Mit 65,7 Prozent Aufklärungsquote und einer Kriminalitätsbelastung von 3.416 ist der Zollernalbkreis in Relation zum gesamten Bundesland weniger von Kriminalität betroffen als andere Regionen. In Winterlingen wurden 92 Straftaten registriert, das sind 21 Fälle weniger als im Vorjahr. Die Kriminalitätsbelastung liegt bei 1.445.

2018 wurden insgesamt 88 Tatverdächtige polizeilich erfasst. Davon waren sieben Heranwachsende, zwölf Jugendliche und zwei Kinder. Bei der Geschlechterverteilung ist es nach Lehmanns Auskunft „so wie überall“: Die Männer machen den Hauptanteil aus. Von den 88 Tatverdächtigen waren 17 weiblich und 71 männlich.

Familiendrama erschüttert den Ort

Lehmann ging auch auf die Nationalität der Tatverdächtigen ein. Dabei zeigt sich, dass von den betreffenden 88 Personen 70 deutsche Staatsangehörige sind. Die nichtdeutschen Tatverdächtigen machen also insgesamt 15 bis 17 Prozent aus. Die leichte prozentuale Überrepräsentation im Vergleich mit dem Anteil an der Gesamtbevölkerung ist darauf zurückzuführen, dass die Altersstruktur unterschiedlich ist. Während in der deutschen Bevölkerung alle Altersgruppen vertreten sind, sei die Gruppe der Nichtdeutschen durchschnittlich viel jünger, erklärte der Polizeirat.

Teilt man die Straftaten nach Ortsteilen auf, entfallen 60 auf Winterlingen. Benzingen und Harthausen liegen nahezu gleichauf mit zehn und zwölf Taten. Weitere elf sind ohne genaue Zuordnung dem Bereich der Raumschaft Winterlingen zuzurechnen. Für Aufsehen gesorgt hat an Ostern 2018 das tödliche Familiendrama in Kernort. Am Ostersonntag wurde, wie der ZAK ausführlich berichtet hat, eine 41 Jahre alte Frau von ihrem Ehemann erschossen. Die ihrer Mutter zu Hilfe eilenden Tochter wurde verletzt. Der 48-jährige Mann ließ sich nach der Tat von der Polizei widerstandslos festnehmen.

Auf das bundesweit für Aufsehen sorgende Drama ging der Polizeischef nicht näher ein. Die Statistik weist neben diesen beiden Delikten gegen das Leben fünf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aus. Roheitsdelikte und Delikte gegen die persönliche Freiheit listet die Statistik in 17 Fällen auf. Zu einem Diebstahl ohne erschwerende Umstände kam es 14 Mal.

Mehr Drogendelikte erfasst

Diebstähle unter erschwerenden Umständen wurden acht Mal begangen, außerdem verzeichnete die Polizei zwei Wohnungseinbruchdiebstähle. Eine deutliche Steigerung weisen die Zahlen bei den Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetzt aus: 13 Vorfälle wurden erfasst, im Vorjahr waren es nur zwei. Das liegt aber nicht an einem verstärkten Drogenkonsum, meint Lehmann, sondern daran, dass die Polizei hier einen neuen Schwerpunkt in ihrer Ermittlungsarbeit gesetzt hat.

Die Aufklärungsquote im Gemeindegebiet Winterlingen liegt bei 83,7 Prozent. „Für eine so hervorragende Aufklärung ist nicht nur die Polizei verantwortlich. Dazu braucht es auch eine funktionierende Gemeinschaft, und diese ist hier offensichtlich vorhanden“, erklärte Lehmann. Alles in allem kommt der Polizeirat zu dem Schluss, dass „eine sehr geringe Kriminalitätsbelastung“ in der Gemeinde Winterlingen besteht.

Muss die Citystreife sein?

In Ergänzung zum Polizeivollzugsdienst leistet sich die Gemeinde seit 2010 die sogenannte Citystreife: Vom Mai bis in den Oktober ist ein privates Sicherheitsunternehmen im Einsatz. Die Kosten dafür belaufen sich auf jährlich 11.000 Euro. Gemeinderat Roland Heck bat Lehmann um eine Einschätzung zu diesem Thema. Der Albstädter Revierleiter räumte ein, dass die Sicherheitsleute von der Citystreife durch ihre Präsenz Straftaten sicherlich verhindern könnten. „Mit Blick auf die Zahlen würde ich aber sagen: Es gibt hier kein Problem mit Kriminalität.“ Heck erklärte, es gehe auch mehr um Ruhestörung und Vandalismus.

„Die objektive Sicherheitslage dürfte eigentlich kein subjektives Unsicherheitsgefühl zulassen“, verdeutlichte Lehmann. „Wir haben aus meiner Sicht in Albstadt eine vergleichsweise gute Personalstärke, wenn man die Gesamtsituation betrachtet, aber wir müssen zuerst einmal Brennpunkte abdecken. Winterlingen ist keiner“.

Statistik gibt keinen Anlass zu Sorge

Der Ort werde natürlich bestreift, „aber wir können das nicht flächendeckend und es ist auch nicht nötig. Sie dürfen den Sicherheitsdienst selbstverständlich einsetzen. Ob die zusätzliche Sicherheit, die Sie sich damit holen, um Schmierereien oder Lärm zu vermeiden, ihnen das Geld wert ist, entscheiden Sie. Die Statistik gibt meines Erachtens keinen Anlass dazu“, lautete seine klare Meinung.

Bürgermeister Michael Maier sprach den Behörden und Lehmann im Besonderen seinen Dank für die gute Zusammenarbeit aus. Das werde er gerne ausrichten, antwortete der Polizeirat. Er könne das nur erwidern und seinerseits der Gemeinde für das unkomplizierte Miteinander Danke sagen.