Bisingen

Wie lässt sich im ländlichen Raum bezahlbarer Wohnraum für mehr Menschen schaffen?

04.12.2019

von Stephanie Apelt

Wie lässt sich im ländlichen Raum bezahlbarer Wohnraum für mehr Menschen schaffen?

© Stephanie Apelt

Vertreter aus Politik und Verwaltung, Planer und Architekten tauschten sich am Mittwoch im Rahmen einer Fachtagung in der Hohenzollernhalle in Bisingen aus. Foto: Stephanie Apelt

Über diese schwierige Frage diskutierten Politiker, Planer und Architekten am Mittwoch in Bisingen.

Die Bevölkerung nimmt zu, sie wird älter und liebt es individueller als früher. 2014 gab es in Baden-Württemberg 4 852 961 Haushalte (im Schnitt mit 2,2 Personen), 2018 waren es 5 298 000 Haushalte (mit zwei Personen). Wie lässt sich für all die Menschen ausreichender und vor allem bezahlbarer Wohnraum schaffen? Denn der wird gebraucht, nicht nur im städtischen, sondern genauso im Ländlichen Raum. Zu dem ganz klar der Zollernalbkreis gehört.

Quadratur des Kreises

„Perspektive Wohnen – im Ländlichen Raum“, so lautete der Arbeitstitel einer Fachtagung, zu der die Arbeitsgemeinschaft Ländlicher Raum am Mittwoch in die Hohenzollernhalle eingeladen hatte. Vertreter aus Politik und Verwaltung, Planer und Architekten tauschten sich aus, suchten nach neuen Wegen. Wohl wissend, dass diese Aufgabe so etwas wie die „Quadratur des Kreises“ ist, wie Klaus Tappeser betonte. Er ist Regierungspräsident aus Tübingen und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft.

Am liebsten in kleinen Landgemeinden wohnen

Wo wollen die Menschen denn am liebsten wohnen? „In kleinen Landgemeinden“, wie Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut meint. Sie selbst lebt glücklich mit ihrer Familie in Balingen. Das Wohnen im Grünen ist begehrt, es verheißt Ruhe, Idylle, ein Gefühl von Heimat. Hier ist der Feinstaub noch weit weg. Das Stimmungsbild muss nicht unbedingt der Realität entsprechen. Aber es zeige, welche Chancen der Ländliche Raum hat, so Hoffmeister-Kraut.

Auch der Naturschutz zählt

Doch die Flächen auch in ländlichen Regionen sind nun mal endlich. Gewerbe und Wohnraum konkurrieren, der Naturschutz muss berücksichtigt werden. Es kann daher nicht nur neue Baugebiete am Ortsrand geben, sondern es muss auch in der Ortsmitte gewohnt werden. Dabei gilt es nicht nur, die Ortsmitten als solche zu erhalten, sondern in vielen Fällen überhaupt erst wieder zu reaktivieren.

Innerörtliche Verdichtung

Die Wirtschaftsministerin zählte eine ganze Reihe von, teil neuen, Fördermitteln auf, die neuen Wohnraum möglich machen sollen. Das fängt bei baurechtlichen Verordnungen an, die teils vereinfacht wurden (zum Beispiel bei der Frage, wie viele Fahrradstellplätze zwingend notwendig sind) und führt bis zum neuen Grundstückfonds, der Kommunen bei dem Erwerb von Flächen unterstützen soll.

Wie so eine innerörtliche Verdichtung aussehen kann, probiert ja gerade die Gemeinde Bisingen aus. 1,6 Hektar Industriebrache stehen ihr zur Verfügung und können komplett neu geplant werden.

Beispiel Maute-Areal

Die Gemeinde, so Bisingens Bürgermeister Roman Waizenegger, sei sehr dankbar, mit dem Bereich Maute-Areal (und darum herum) vom Landessanierungsprogramm zu profitieren. Allerdings: Wer im Sanierungsprogramm ist, bekommt keine Mittel aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR). Wenn beides nebeneinander ginge, „wäre uns aus kommunaler Sicht sehr viel geholfen“. Doch rein rechtlich gibt es gegenwärtig eben keine Doppelförderung von Maßnahmen. Für eine verdichtete Bebauung sprach sich klar Markus Müller, Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg aus. Es müssen neue Modelle dafür gefunden werden, im Alter bewohnbar. Weitere Fachvorträge und eine Podiumsdiskussion rundeten die Fachtagung ab.

70 Prozent sind Ländlicher Raum

Die Arbeitsgemeinschaft Ländlicher Raum (AGLR) im Regierungspräsidium Tübingen ist eine Interessengemeinschaft, die sich für die positive Entwicklung des Ländlichen Raums Südwürttemberg als Wirtschafts- und Lebensraum einsetzt.

In Baden-Württemberg zählen rund 70 Prozent der Landesfläche zum Ländlichen Raum. Dort leben 34 Prozent der Bevölkerung, die 30 Prozent der Wirtschaftskraft des Landes erbringen.

Regierungspräsident an der Spitze

Mitglieder der 1973 gegründeten AGLR sind die Landkreise des Regierungsbezirks (darunter eben auch der Zollernalbkreis) , Städtetag und Gemeindetag, die Regionalverbände, Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern, der Landesbauernverband in Baden-Württemberg, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Diözese Rottenburg-Stuttgart sowie die Evangelische Landeskirche in Württemberg. Den Vorsitz hat Regierungspräsident Klaus Tappeser.

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