Zollernalbkreis

Wie ich zum Corona-Verdachtsfall wurde: ein Erfahrungsbericht

31.03.2020

Von Benjamin Rebstock

Wie ich zum Corona-Verdachtsfall wurde: ein Erfahrungsbericht

© bre

ZAK-Redakteur Benjamin Rebstock mit seiner Untersuchungsbescheinigung. Der 33-Jährige wartet nun auf das Ergebnis seines Coronatests.

ZAK-Redakteur Benjamin Rebstock leidet unter Grippesymptomen. Am Sonntag erfährt der 33-Jährige: Er hatte Kontakt zu einer positiv getesteten Patientin.

Am Sonntag erreichte mich die Whatsapp-Nachricht einer Freundin: „Ich bin positiv auf Corona getestet worden.“ Mein erster Gedanke? „So ein Mist!“ Eine Woche zuvor hatten wir uns auf einen Kaffee getroffen.

Natürlich, wir haben auf die obligatorische Umarmung zur Begrüßung verzichtet, genau wie auf die Abschiedsumarmung. Doch das Coronavirus überträgt sich bekanntermaßen über die Tröpfcheninfektion. Hat der Abstand am Tisch ausgereicht? Vor einigen Tagen habe ich Husten bekommen, am Freitag kam Schnupfen dazu. Und auch der Hals schmerzt, leicht jedenfalls. Fieber? Bislang zum Glück nicht! Am Montagmorgen rufe ich in der Praxis meines Hausarztes an, schildere meine Symptome, berichte, dass ich mit einer positiv getesteten Person Kontakt hatte.

Plötzlich bin ich ein Verdachtsfall

Damit bin ich nun offiziell ein sogenannter Verdachtsfall. Mein Arzt stellt eine Abstrich-Untersuchungsbescheinigung aus. Abholen darf ich die freilich nicht, das wurde mir ausdrücklich verboten. Ein Verwandter bringt sie mir vorbei. Mit der Bescheinigung könnte ich direkt ins Corona-Testzentrum, das das DRK in der Balinger Volksbankmesse aufgebaut hat. Doch in der Aufregung steuere ich aus Versehen die Corona-Schwerpunktambulanz in der Sparkassenarena an.

Um 13.30 Uhr stehe ich mit etwa 15 anderen Autos in der Schlange und warte, bis die Ambulanz öffnet. Eine Helferin weist mit einer Signalkelle Auto für Auto auf den Parkplatz ein. Eine weitere Helferin wacht vor der Halle, fängt Patienten ab, die sie zeitversetzt in die Halle lässt.

Zuerst desinfizieren, dann das Formular ausfüllen

In der Halle geht es direkt die Treppe hinunter, aufs Spielfeld, wo normalerweise der HBW Balingen-Weilstetten auf der Platte steht. Heute hingegen warte nun ich hier mit meiner Versichertenkarte in der Hand, gemeinsam mit zwei anderen Patienten – in gebührendem Sicherheitsabstand. Ich muss meine Hände desinfizieren, dann darf ich zum Kugelschreiber greifen, um ein Formular auszufüllen. Ich trage unter anderem meine Handynummer ein.

Mein Gefühl: etwas mulmig. Helfer mit Mundschutz und Schutzkleidung eilen umher. Auch Patienten greifen zur Schutzmaske. In der Halle ist es ruhig, nur wenige reden miteinander. Eine junge Frau bittet mich, meine Versichertenkarte in ein Lesegerät zu stecken. An der ersten Station in der Corona-Ambulanz werden Puls und Fieber gemessen. Nach einer kurzen Wartezeit darf ich dann in Beratungskabine „Nummer 4.“ Ein Medizinstudent hört sich an, was ich zu sagen habe.

Der Termin im Testzentrum kommt per SMS

Ich schildere meine Krankheitssymptome, die er in den Computer tippt. Als wir auf den Arzt warten, bleibt Zeit für Smalltalk, das lockert die Stimmung. Mein Gegenüber ist durch eine Glasscheibe geschützt. Wir stellen fest: Mit der Corona-Abstrich-Bescheinigung meines Arztes hätte ich eigentlich direkt ins Testzentrum auf dem Messegelände gedurft. Mein Fehler! Ich werde dennoch freundlich behandelt, bekomme zehn Minuten später eine SMS: Sie sind beim Corona-Testzentrum Zollernalb angemeldet. Ihr Termin: 30. 3. 2020, 17 bis 17.30 Uhr. Am späten Nachmittag fahre ich also zum Testzentrum – wie viele andere auch.

Die Warteschlange reicht bis zum nahe gelegenen Möbelhaus. Ein Helfer reicht mir schließlich ein Meldeformular durch die geöffnete Scheibe meines Autos. Ich trage persönliche Daten ein. Wohnort, Handynummer und: Berufstätigkeit. Gut, denke ich, dass wir längst von zuhause arbeiten. In der ZAK-Redaktion war ich schon länger nicht mehr. Meine Kollegen kann ich so, im Ernstfall, nicht infiziert haben. Ich werde nach dem Beginn meiner Krankheit befragt. Und: Ob ich Reiserückkehrer bin (nein) oder Kontakt mit einer positiv getesteten Person hatte (ja).

Die Warteschlange wird immer länger

Dadurch, dass ein Slalomparcours bis zur Messehalle abgesteckt wurde, kann ich gut sehen, wie viele Menschen aus dem Zollernalbkreis zum Coronatest geschickt wurden. Vor und hinter mir zähle ich etwa 60 Fahrzeuge. Den meisten, die hier warten, scheint es ähnlich zu gehen wie mir. Normalerweise bin ich eine fröhliche Person, lache viel, denke positiv. Doch heute bin ich froh darüber, dass mich die Musik im Auto ablenkt. Meter für Meter geht es vorwärts, durch den Slalomparcours, den das Rote Kreuz auf dem Messegelände abgesteckt hat.

In der Mitte, wo sie ein Zelt aufgebaut haben, erkundigen sich außerordentlich nette Helfer nach meinem Wohlbefinden – und dem der anderen Patienten. Fast eine Stunde ist seit meiner Einfahrt ins Balinger Testzentrum vergangen. Die Schlange hinter mir wird immer länger. Ich hingegen stehe nun nur noch wenige Meter von der Messehalle entfernt, beobachte DRK-Einsatzkräfte, die sich vor der Messehalle besprechen.

Respekt für die Helfer

Sie sind es, die ein beispielloses Engagement an den Tag legen – und unseren besonderen Respekt verdient haben. Sie, die in dieser schweren Zeit für uns da sind. Genau wie Ärzte, Pflegekräfte und alle, die im medizinischen Bereich tätig sind. Ich wünsche mir, dass diese Menschen künftig besser für ihre Arbeit gewürdigt und entlohnt werden.

Dann darf ich in die Messehalle einfahren, wo mir der Abstrich entnommen werden soll. Alles hier läuft in geordneten Bahnen. An einer Station muss ich mein Meldeformular abgeben. Dafür bekomme ich ein weiteres Formular und Aufkleber, die ich den Mitarbeitern bei der Abstrichprobe geben muss. Ich lasse mein Fenster herunter. Eine freundliche Dame mit Schutzhaube, Schutzkleidung und Mundschutz begrüßt mich, nimmt mit ihren Handschuhen das Formular entgegen. Mit einem Plastikstäbchen fährt sie in meinem Rachen entlang.

„Und jetzt die Nase“, sagt sie. Und steckt mir das Stäbchen erst in das eine, dann in das andere Nasenloch. Ein unangenehmes Gefühl. Nur mit Mühe gelingt es mir, nicht zu niesen. Doch dann ist die Probe im Kasten. Mit der Hoffnung auf ein negatives Testergebnis fahre ich aus der Halle. Geschafft. Im Rückspiegel blicke ich noch einmal zu den Helfern, die an der Halle stehen. Sie sind die Helden dieser Tage.

Symptome? Hier sind Sie richtig!

Corona-Ambulanz Die Schwerpunktambulanz in der Balinger Sparkassenarena hat seit Montag ihre Tore geöffnet (mehr dazu hier). Unter dem ärztlichen Leiter, dem Balinger Internisten Dr. Daniel Urban, hat das Team aus Medizinern, Medizinstudierenden und medizinischem Fachpersonal bereits mehrere hundert Patienten empfangen. An die Ambulanz kann und sollte sich wenden, wer an Symptomen leidet, die auf das Coronavirus hindeuten: Husten, Fieber und Gliederschmerzen zum Beispiel. Die Corona-Ambulanz soll verhindern, dass das Hausarztsystem im Zollernalbkreis zusammenbricht. Öffnungszeiten: montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr. Weitere Informationen gibt es auf csa-zak.de.

Corona-Testzentrum Nach der Anamnese entscheidet ein Arzt, ob ein Abstrich geboten ist. Die Mediziner richten sich hierbei stets nach den tagesaktuellen Vorgaben des Robert-Koch-Instituts. Ins Testzentrum geschickt wird aber unter Umständen auch, wer sich telefonisch bei seinem Hausarzt meldet – wie im Falle unseres Kollegen Benjamin Rebstock. mwü

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